Ackerland geerbt: behalten, verkaufen oder Strom ernten?
Inhalt:
- Ist Ackerland in Deutschland das neue Gold für Anleger?
- Interview mit Hans Heinrich Meller: „Solar auf dem Dach, aber Acker bleibt frei!”
- Grafik: Pachteinnahmen gestiegen, aber trotzdem geringer als Solargewinne
Es ist des einen Freud und des anderen Leid: Acker und Co. sind hierzulande immer begehrter. Von 2003 bis 2023 kletterte der durchschnittliche Preis für einen deutschen Hektar landwirtschaftlicher Fläche auf 33.430 Euro um rund 260 Prozent. In manchen Landkreisen in Nordrhein-Westfalen oder Bayern kann das auch deutlich über 100.000 Euro kosten. Landwirte ächzen unter den steigenden Preisen und die Konkurrenz auf dem Markt ist groß, denn internationale Investoren haben das Geschäft mit dem Boden für sich entdeckt. Zuletzt machte der Kauf von 20.000 Hektar Agrarland durch einen australischen Investor Schlagzeilen und der dabei wohl erzielte Gewinn verblüfft: 2016 sollen die Flächen im Osten der Bundesrepublik für 5 Millionen Euro aus einer Konkursmasse gekauft und jetzt für 300 Millionen Euro weiterverkauft worden sein. Solche Preissteigerungen sind sicher nicht die Regel, aber auch Finanzexperten schätzen die Qualität von Nutzflächen.
Boden besser als Gold
„Echte Substanzwerte sind für einen generationsübergreifenden Vermögensaufbau die entscheidenden Faktoren, in diese Kategorie gehören auch landwirtschaftliche Flächen“, erklärt Hans Heinrich Meller. Und der Mann weiß, wovon er spricht, denn er ist nicht nur Vorstand beim Berliner Vermögensverwalter FiNUM.Private Finance AG, sondern hat auch eine familieneigene Landwirtschaft im Großraum Köln (s. Interview). Da es für Privatpersonen nur schwer möglich ist, in so etwas wie einen Acker zu investieren, sollte es besonders geschätzt werden, wenn Land Teil eines Erbes ist. „Als jemand, der sich beruflich auf langfristige Anlageplanung spezialisiert hat, würde ich Nutzflächen sogar lieber als Gold und viel, viel lieber als so etwas wie Bitcoin erben,“ sagt FiNUM-Fachmann Meller. Auch sein Kollege Mathias Lebtig, Geschäftsführer bei der GFA FP Vermögensverwaltung GmbH aus Freiburg, sieht das ähnlich: „Landwirtschaftliche Flächen haben sich als attraktive Anlageklasse erwiesen“, erklärt der Finanzexperte, „denn mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 1 bis 3 Prozent durch Verpachtung sowie kontinuierlicher Wertsteigerung bieten sie einen guten Inflationsschutz.“ Bei günstig gelegenen Flächen kann man sogar noch deutlich mehr verdienen.
Lukrative Stromernte
Denn die Pachtpreise, die Bauern zahlen, sind zwar in den letzten Jahrzehnten überall in der Bundesrepublik gestiegen (s. Grafik). Aber während im Durchschnitt 2023 in NRW ein Hektar mehrere Hundert Euro pro Jahr einbrachte, war das im Saarland mit 99 Euro deutlich weniger. Mehr lässt sich dagegen inzwischen oft mit der Verpachtung von Flächen an Stromerzeuger verdienen, versprechen zumindest viele Internetanzeigen: „Die beworbenen Erträge von 5.000 Euro pro Hektar sind durchaus realistisch – die Pachtpreise bewegen sich zwischen 3.000 und 5.000 Euro jährlich“, weiß Mathias Lebtig aus dem sonnenverwöhnten Breisgau. So attraktiv das finanziell auch klingt, sollten solche Angebote ganz genau geprüft werden, bevor die meist über viele Jahre laufenden Verträge geschlossen werden. Ob es generell eine wirklich nachhaltige Idee ist, Top-Ackerflächen für die Energieerzeugung zu nutzen, ist noch einmal eine ganz andere Frage. Aber unabhängig von den Nutzungsoptionen, bevor jemand ein geerbtes Stück Land verkauft, sollte lieber zweimal überlegt werden. An so etwas wieder dranzukommen ist schwer, denn landwirtschaftliche Flächen sind keine Anlageklasse für jedermann. „Der Direktkauf erfordert erhebliches Kapital – ein Hektar kostet deutschlandweit durchschnittlich ca. 33.000 Euro“, sagt Investmentfachmann Lebtig. Eine Alternative zu festverzinslichen Anlageformen oder einem Wertpapierdepot ist der Erwerb von Acker und Co. für Privatleute sicher nicht. Als Teil eines Erbes kann Landbesitz aber ein wertvoller Baustein eines Vermögensaufbaus sein, der nicht vorschnell verkauft werden sollte.
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Interview mit Hans Heinrich Meller: „Solar auf dem Dach, aber Acker bleibt frei!”
Mit Windparks, Biogas und Photovoltaikanlagen kann auf landwirtschaftlichen Flächen ordentlicher Ertrag generiert werden. Trotzdem ist das nicht unbedingt die beste Lösung, erklärt Hans Heinrich Meller im Interview. Er ist nicht nur Vorstand beim Berliner Vermögensverwalter FiNUM.Private Finance AG, sondern hat auch eine familieneigene Landwirtschaft im Großraum Köln.
Hans Heinrich Meller: Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, aber der wichtigste Faktor ist der alte Spruch: Land ist nicht vermehrbar. In der Realität werden immer noch landwirtschaftliche Nutzflächen in Bauland und Gewerbegebiete umgewandelt. Statt sich zu vermehren, schrumpfen diese kostbaren Flächen also unter dem Strich sogar. Hinzu kommt die Konkurrenz durch Wind- und Solarparks, die finanziell interessante Renditealternativen zur landwirtschaftlichen Nutzung bieten.
Meller: So sehr ich ein Fan von landwirtschaftlichen Nutzflächen bin – eine Alternative zum klassischen Sparbuch ist das sicher nicht. Der Wert kann schwanken, die Pachtzinsen sind nicht garantiert und wie schnell sich ein Verkauf abwickeln lässt, um wieder an das investierte Geld zu kommen, steht in den Sternen. Außerdem werden kaum Flächen angeboten, Landwirte neigen dazu, erst alles andere zu probieren, bevor der eigene Grund und Boden verscherbelt wird. Passiert das dann doch mal, geht so etwas oft schnell unter der Hand weg. Da werden die Geschäfte gerne lokal beim Bäcker, Metzger oder am Stammtisch abgewickelt, bevor Auswärtige das überhaupt mitbekommen. Hinzu kommen professionelle Aufkäufer, die Flächen für Großinvestoren, Family Offices oder Fonds suchen. Für Privatanleger bleibt da praktisch nichts übrig.
Meller: Grundsätzlich hat man da immer die Wahl zwischen Verkaufen, Betreiben und Verpachten. Wenn es irgendwie möglich ist, sollte der Verkauf vermieden werden, denn an so etwas wieder dranzukommen, ist schwer. Grundsätzlich lohnt es sich momentan mehr, eher auf erneuerbare Energien wie Windkraft, Biogas oder Photovoltaik-Strom zu setzen, statt Flächen an Landwirte zu verpachten. Das soll nicht heißen, dass ich das persönlich für eine gesamtgesellschaftlich positive Entwicklung halte, aber das ist die Realität.
Meller: Das hängt natürlich von individuellen Gegebenheiten ab und nicht jeder Anbieter ist seriös, aber das sind durchaus die Preise, die gezahlt werden. Da kommt selbst eine Sonderkultur wie Erdbeeren, die auch im vierstelligen Bereich Pacht bringen kann, in der Regel nicht mit. Ehrlich gesagt finde ich es schrecklich, dass es diese Konkurrenz zu heimischen Lebensmitteln gibt. Meiner Ansicht nach – und diese Meinung hat eine lange Tradition in meiner Familie – sollte ein Staat immer seine Bevölkerung mit Nahrungsmitteln von heimischen Böden versorgen können, um nicht erpressbar zu sein. Klar, das gilt grundsätzlich auch für Energie, aber ich denke, dass es genügend Flächen gibt, die sich nicht für den landwirtschaftlichen Anbau eignen, die hier erstmal genutzt werden sollten.
Meller: Auch wenn sich mit erneuerbaren Energien mehr verdienen lässt, kann mit einer Verpachtung an Bauern schon noch eine Rendite von zwei bis drei Prozent pro Jahr erzielt werden. Wenn hier eine Wertsteigerungen des Bodens hinzukommt, die in den letzten Jahren im Bereich von vier Prozent jährlich lag, gibt es sicher schlechtere Investments. Eine traditionelle Verpachtung macht also durchaus noch Sinn, rentiert sich und ist letztendlich sehr wahrscheinlich ein nachhaltiger Inflationsschutz für Vermögen.
Meller: Wir hatten tatsächlich auch schon finanziell sehr interessante Angebote, Flächen für Solarstromproduktion zu nutzen. Da kommt man schon ins Grübeln ob es nicht sinnvoller sein könnte, zum Beispiel der nächsten Generation einen Solarpark statt einer Landwirtschaft zu hinterlassen. Aber letztlich haben wir das nicht übers Herz gebracht. Bei uns sind überall auf den Dächern Photovoltaikanlagen, aber die Äcker bleiben frei.
Grafik: Pachteinnahmen gestiegen, aber trotzdem geringer als Solargewinne
Tatsächlich sind die jährlichen Pachtpreise für landwirtschaftlich genutzte Flächen in Deutschland von 2010 bis 2023 deutlich gestiegen, allerdings gibt es starke regionale Unterschiede: Während ein Betrieb im Saarland gerade einmal 99 Euro pro Hektar zahlte, musste einer in NRW stolze 560 Euro berappen. Das sind Durchschnittswerte und die Pacht kann je nach Bodenqualität und damit möglichem Anbau von Sonderkulturen wie etwa Erdbeeren oder Spargel deutlich höher liegen. Allerdings ist das immer alles noch kein Vergleich zu den erzielbaren Erträgen einer Photovoltaikanlage. Hier liegt die potenzielle Pacht, die so mancher Projektierer bietet, eher im Bereich von 3.000 bis 5.000 Euro.
