
Allzeithochs überall: Wie Anleger die Lage jetzt richtig einschätzen
Inhalt:
- Wie Anleger die Lage jetzt richtig einschätzen
- So schneidet der S&P 500-Aktienindex nach markanten neuen Allzeithochs ab
- Service: Sehr günstige Aktien-ETF für wichtige Weltregionen
- Interview mit Vermögensverwalter Sven Langenhan: Der beste Zeitpunkt zum Investieren ist so gut wie immer jetzt
Unter erfahrenen Vermögensprofis gibt es ein etwas bissiges Bonmot: Entweder ist die Stimmung bei Privatanlegern schlecht, weil sie nicht glauben, dass die Aktienmärkte steigen werden – oder sie befürchten nach neuen Höchstständen, dass Aktien bereits zu gut gelaufen seien. Doch wer das Börsen-Drama immer in diesen Zwei-Akter pressen möchte, verpasst den Hauptteil: „Das Schönste ist ein Aufwärtstrend, der sich – allerdings naturgemäß mit teils kräftigen Schwankungen – über Monate und Jahre entwickelt und in dem das Vermögen der Anleger teils sehr deutlich wachsen kann“, sagt Sven Langenhan von der Vermögensverwaltung HRK LUNIS mit Standorten u.a. in Hamburg, Frankfurt und München. Im Vergleich zu den kurzfristigen Über- und Untertreibungen an der Börse nähmen diese Trendphasen oft deutlich mehr Zeit in Anspruch, so der unabhängige Vermögensverwalter.
Neue Höchststände sorgen oft für Nervosität
Gleichwohl sorgen neue Höchststände regelmäßig für Nervosität unter Privatanlegern. Zumindest den Älteren steckt wohl die Erinnerung an den Dot-com-Crash (2000-2002) sowie die Finanzkrise (2008/09) noch in den Knochen. Damals sausten die Aktienindizes nach neuen Höchstständen zwischen 50 bis 70 Prozent in die Tiefe und verleideten manchem Anleger dauerhaft die Lust auf Aktien. Allerdings ist auch Fakt: „Solche hohen Kursverluste nach neuen Allzeithochs sind eine Ausnahme. Meist kommt es nach Allzeithochs auf Sicht von Monaten zu weiteren Kursanstiegen“, sagt der unabhängige Vermögensverwalter Anton Vetter von BV&P Vermögen aus Kempten.
Deutliche Zugewinne nach bisherigen Allzeithochs
In der Tat zeigen Recherchen des Autors, dass die Aktienmärkte nach neuen Höchstständen in den folgenden drei, fünf oder zehn Jahren sehr oft zulegen konnten – und das teils sehr deutlich. So hat der weltweit tonangebende US-Aktienmarkt, abgebildet durch den S&P 500, seit dem Jahr 1994 nach markanten Höchstständen innerhalb von drei Jahren zwischen 11 und 114 Prozent zugelegt. Fünf Jahre nach diesen Hochpunkten betrugen die Zugewinne zwischen 68 und 180 Prozent, zehn Jahre später waren es jeweils rund 150 Prozent. Nach keinem der insgesamt elf Zeiträume saßen Anleger auf Verlusten. Das einzige Mal, in der mit dieser Methode zeitweilig rote Zahlen entstanden, war während der Corona-Krise: So fiel der S&P 500 im März 2021 wegen des globalen wirtschaftlichen Shutdowns rund ein Viertel unter das Allzeithoch, das acht Monate zuvor entstanden war. Doch schon im Juli 2021 war diese Scharte ausgebügelt und der Index notierte über dem Einstiegsniveau.
So schneidet der S&P 500-Aktienindex nach markanten neuen Allzeithochs ab*
Allzeithoch | nach 3 Jahren | nach 5 Jahren | nach 10 Jahren |
---|---|---|---|
Februar 1995 | 114 % | 180 % | 147 % |
März 2013 | 31 % | 68 % | 152 % |
Juli 2016 | 37 % | 90 % | — |
Juli 2019 | 39 % | 80 % (10.6.2024) | — |
Juli 2020 | 11 % | — | — |
Januar 2024 | — | — | — |
gemessen am ältesten ETF auf den S&P 500 in US-Dollar (SPY) inkl. Dividenden
Allzeithoch = Monatsschluss mit Höchststand nach vorheriger Korrektur bzw. Bärenmarkt (> -20%)
Prozentzahlen jeweils zum Monatsschluss berechnet und kaufmännisch gerundet
Daten: finance.yahoo.com / Recherche: Jürgen Lutz
Aufwärtstrends können mehrere Jahre dauern
„Die Tatsache, dass die Aktienmärkte nach neuen Höchstständen weitere ordentliche Zugewinne verbuchen können, ist für viele Anleger kontraintuitiv“, sagt Sven Langenhan. Privatanleger glaubten oft, dass es am Aktienmarkt nur darum gehe, möglichst billig zu kaufen und schreckten daher vor Käufen an markanten Allzeithochs zurück, so der Vermögensprofi. Dabei sind neue Höchststände nach Meinung etlicher Börsenexperten ein Ausdruck von Stärke, die auch als Momentum bezeichnet wird. Dieses Momentum wird anfänglich genährt von großen Adressen, etwa Fondsmanagern, die beobachten, wie die Gewinne bestimmter Unternehmen und Branchen anziehen und daher bei diesen Aktien zuschlagen. Mit der Zeit springen immer mehr Anleger auf den anfahrenden Zug auf und treiben den neuen Trend weiter voran. „Unterm Strich geht das so lange weiter, wie die Erwartungen der Großanleger zumindest erfüllt oder am besten übertroffen werden. Bis sich ein solcher Trend umkehrt, kann es mehrere Jahre dauern“, sagt Langenhan.
Im Podcast: Andre Koppers – Wie geht es weiter mit dem DAX?
Das deutsche Börsenbarometer DAX eilt von einem Rekordhoch zum nächsten. Dabei steckt Deutschland in einer Rezession. Die Stimmung im Land ist schlecht. Dennoch sind viele Börsenexperten für das Jahr positiv gestimmt, was die Börsenentwicklung angeht. Andre Koppers, Geschäftsführer der bankenunabhängigen Vermögensverwaltung Oberbanscheidt & Cie. mit Sitz in Kleve, blickt in der neuen Podcastfolge auf den deutschen Leitindex.
Der neue Aufwärtstrend ist noch jung
Wie ist die aktuelle Situation vor diesem Hintergrund zu interpretieren? Anders als in den Jahren 1999/2000 haben die Indizes keinen mehrjährigen Aufwärtstrend mit deutlichen Übertreibungen hinter sich. Im Gegenteil: „Die massiven Zinserhöhungen im Jahr 2022 haben einen Bärenmarkt bei Aktien und damit eine herbe Bewertungskorrektur bei vielen Papieren ausgelöst, was nun als Sprungbrett für einen wohl dauerhaften Kursanstieg dienen kann“, sagt Anton Vetter. In der Tat markierte der S&P 500 erst im Januar 2024 ein neues Allzeithoch, sodass der neue Aufwärtstrend noch recht frisch ist. Schaut man auf die Phasen seit dem Jahr 1950, in denen es zu einem solchen neuen Ausbruch kam, zeigt sich klar: In den folgenden Jahren war an den Aktienmärkten stets gutes Geld zu verdienen.
Service: Sehr günstige Aktien-ETF für wichtige Weltregionen
ETF | ISIN | Kosten | Aktien | Größe |
---|---|---|---|---|
Xtrackers DAX | LU0274211480 | 0,09 % | 40 | 4,5 Mrd. |
Amundi Stoxx Europe 600 | LU0908500753 | 0,07 % | 601 | 8,0 Mrd. |
iShares Core S&P 500 | IE00B5BMR087 | 0,07 % | 504 | 80 Mrd. |
Xtrackers Nasdaq 100 | IE00BMFKG444 | 0,20 % | 101 | 0,7 Mrd. |
Xtrackers MSCI Japan | LU0274209740 | 0,12 % | 217 | 2,3 Mrd. |
Vanguard FTSE Dev. World* | IE00BK5BQV03 | 0,12 % | 2.091 | 2,1 Mrd. |
iShares Core MSCI World* | IE00B4L5Y983 | 0,20 % | 1.467 | 69 Mrd. |
SPDR MSCI All Country** | IE00B3YLTY66 | 0,17 % | 3.536 | 1,4 Mrd. |
Auswahl: ETFs mit sehr geringer Total Expense Ratio (TER/Kosten) / alle ETFs physisch replizierend, thesaurierend und mit mindestens 500 Millionen Euro Volumen / * Industrieländer weltweit /
** Industrie- und Schwellenländer weltweit
Stand: 11.06.2024 / Quelle: justetf.com / Recherche: Jürgen Lutz
Börsenwissen 2024: Woran erkennt man eine GUTE Aktie?
Das Aktien-Universum ist riesig Rund um den Globus gibt es in den unterschiedlichsten Sektoren zehntausende Wertpapiere. Doch woran erkennt man denn nun eine wirklich GUTE Aktie? Fragen dazu von Börsenmoderator Andreas Franik an Vermögensverwalter Wolfgang Juds, Geschäftsführer bei der CREDO Vermögensmanagement GmbH, im Interview.
Interview mit Vermögensverwalter Sven Langenhan: Der beste Zeitpunkt zum Investieren ist so gut wie immer jetzt
Herr Langenhan, viele Privatanleger scheuen sich, Aktien zu kaufen, wenn deren Kurse neue Höchststände erreicht haben. Ist das sinnvoll?
Sven Langenhan: Die meisten Anleger glauben, dass es am besten sei, Aktien an ihrem Tiefpunkt zu kaufen, weil sich dann maximale Kursgewinne erzielen lassen. Doch das basiert auf zwei Irrtümern. Erstens weiß niemand im Voraus, wann eine Aktie genau ihren Tiefpunkt erreichen wird. Dadurch besteht die Gefahr, dass man gleichsam in ein fallendes Messer greift und bald auf Verlusten sitzen wird.
Zweitens ist es positiv zu werten, wenn eine Aktie oder gar ein Aktienindex ein neues Allzeithoch erreicht. Das zeigt, dass große Investoren für die Zukunft optimistisch gestimmt sind. Zudem gibt es unter den langfristig orientierten Anlegern dann niemanden mehr, der auf Verlusten sitzen würde. Das mindert den Verkaufsdruck bei einer Aktie oder einem Index deutlich.
Sie sprechen sich also dafür aus, zu kaufen, wenn neue Höchststände erreicht werden?
Langenhan: Ich würde aus diesem Grund zumindest niemanden vom Kaufen abhalten wollen oder gar raten zu verkaufen. Statistisch gesehen gibt es erstens schlichtweg mehr Allzeithochs als Allzeittiefs. Und zweitens sollte man einfach mal in die Entwicklungen der letzten Wochen schauen, wie kurzlebig Allzeithochs waren, weil es relativ schnell ein neues, noch höheres Niveau gab. Wer an den Erfolg der freien Marktwirtschaft und an die Sinnhaftigkeit von Aktieninvestments glaubt, vertraut automatisch auch darauf, dass es noch viele Allzeithochs geben wird.
Heißt es nicht oft, es gebe keinen idealen Zeitpunkt zum Investieren?
Langenhan: Das stimmt. Für langfristige oder – besser gesagt – geduldige Anleger ist der richtige Zeitpunkt für Investitionen schlichtweg immer. Denn der wichtigste Erfolgsgarant bei der Kapitalanlage ist der sogenannte Zinseszinseffekt – und dieser funktioniert nur, wenn man ihn nicht ständig unterbricht!
Aktien-Rally, Gold & Zinsen: Analyse und Ausblick zur Börsen-Halbzeit 2024
Das erste Börsen-Halbjahr 2024 ist schon wieder rum. Zeit, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Antworten von Vermögensverwalter Andreas Glogger, Geschäftsführer bei GLOGGER & PARTNER, im Interview mit Andreas Franik – aufgezeichnet auf dem Parkett der Börse Frankfurt.
Wie kann man angesichts der täglichen Unsicherheiten am Markt konsequent dabeibleiben?
Langenhan: Langfristig legen die internationalen Aktienmärkte jährlich mit sieben bis neun Prozent zu, wobei es in der Tat zu erheblichen Schwankungen kommen kann. Von daher haben Aktien einigen Rückenwind von der Statistik – das sollte schon einmal beruhigen. Wenn man dann noch auf Unternehmen mit soliden Geschäftsmodellen fokussiert und sein Portfolio so aufstellt, dass es am Ende egal ist, ob es zwischendurch einmal konjunkturelle Rücksetzer gibt, ist schon die halbe Miete eingefahren. Wichtig ist, dass man so viel Vertrauen in die eigenen Unternehmen im Portfolio hat, dass man sich nicht vom täglichen Börsenlärm ablenken lässt.
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