
Dividenden? Jetzt erst recht.
Für Dividendenfans dürfte die Mitteilung des Ölkonzerns Royal Dutch Shell Ende März ein Schock gewesen sein. Zum ersten Mal seit 75 Jahren, so hieß es, werde das Unternehmen die Ausschüttung im ersten Quartal kürzen. Um ganze 66 Prozent. Das Energieunternehmen ist aber nicht der einzige prominente Fall. Laut der DZ Bank haben 24 Prozent der europäischen Unternehmen die Dividende gestrichen, darunter die Dax-Mitglieder Adidas, die Commerzbank oder die Lufthansa.
„Sie müssen aber bedenken, dass wir mit der Corona-Pandemie und dem Lockdown derzeit eine außergewöhnliche Situation haben“, sagt Dyrk Vieten von dem Düsseldorfer Vermögensverwalter Ficon. So sorgen die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns für Gewinneinbrüche bei den meisten Firmen. Die DZ Bank erwartet für die Dax-Unternehmen deshalb bei den Dividendenzahlungen einen Rückgang um 40 Prozent.
Zu den wirtschaftlichen Problemen kommen regulatorische Ursachen für die Streichung von Ausschüttungen. „Unternehmen, die aktuell Staatshilfen in Anspruch nehmen, dürfen gar keine Dividendenzahlungen vornehmen“, informiert Vieten. Allerdings gilt das zumindest in der laufenden Ausschüttungssaison nicht für alle Unternehmen. Von den etwa 160 Unternehmen aus der Dax-Familie werden zwar rund 40 in diesem Jahr keine Ausschüttungen vornehmen. Die überwiegende Mehrheit, rund 120, wird dies aber tun.
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So hat der Dax-Konzern Bayer bereits 2,80 Euro je Anteilsschein gezahlt. Und auch Daimler, die Deutsche Börse oder BASF wollen an der geplanten Dividende für 2019 festzuhalten. Dennoch haben insbesondere Dividendenindizes im aktuellen Umfeld stark verloren, wie sich am Beispiel des Index S&P 500 Dividend Aristocrats zeigt. Er enthält jene Unternehmen aus dem US-Leitindex S&P 500, die seit 25 Jahren ihre Dividende stets erhöht haben.
Eigentlich ein Qualitätsmerkmal. „Tatsächlich aber hat der Dividendenindex seit Jahresbeginn rund 21 Prozent eingebüßt, während es beim S&P 500 nur etwa elf Prozent waren“, erklärt Michael Thaler von der Top Vermögen AG in München. Ebenfalls eingebüßt, wenn auch nicht ganz so stark, hat der DWS Top Dividende. Laut dem Fondsanalysehaus Morningstar liegt er seit Jahresbeginn rund zwölf Prozent im Minus.
„Damit sollte jedem klar geworden sein, dass Dividenden nicht der neue Zins sind, wie es vielfach in den vergangenen Jahren propagiert wurde“, so der Finanzexperte weiter. „Schließlich müssen Sie bedenken, dass Aktionäre ein höheres Kursrisiko eingehen und die Dividende selbst, da diese von der Geschäftsentwicklung abhängig ist, auch gekürzt werden oder ausfallen kann.“
Anleger, die in Dividendenfonds investiert sind, müssen also vorerst mit geringeren Renditen rechnen. Jedoch ist es einigen Fonds wie dem BL-Equities Dividend gelungen, die Verluste im laufenden Jahr stark zu begrenzen (vgl. Tabelle). Außerdem liegt die Dividendenrendite trotz der jüngsten Ausschüttungskürzungen und -streichungen laut der DZ Bank für den Dax und den Euro Stoxx 50 noch immer bei 3,7 und 4,2 Prozent.
Die Analysten gehen zwar davon aus, dass die Renditen in nächster Zeit noch sinken werden. Dennoch gibt es auch weiterhin Unternehmen, die Dividenden zahlen. Zudem scheinen manche typische Dividendentitel aktuell günstig bewertet. „Sie müssen bedenken“, macht Vieten klar, „dass zuletzt alle Unternehmen, die die Dividende kürzten, von der Börse abgestraft wurden“, erklärt Vieten. „Auch solche, die über ein stabiles und nachhaltiges Geschäftsmodell und solide Fundamentaldaten verfügen.“ Diese, so seine Prognose, dürften ihre Ausschüttungen aber bald wieder aufnehmen. „Da sind durchaus positive Überraschungen möglich“, folgert der Experte.
Ausgewählte Dividendenfonds
Fonds | ISIN | Wertentw. lfd. Jahr in % | Wertentw. 3 Jahre in % |
BL-Equities Dividend BI EUR Acc | LU0309191491 | -4,32 | 4,85 |
Flossbach von Storch Dividend R | LU0831568729 | -4,42 | 4,08 |
Investec Glb. Quality Equity Income | LU1228905037 | -4,30 | 4,93 |
Fidelity Glb. Dividend Fund | LU0605515963 | -7,93 | 4,56 |
Acatis Value und Dividende A | AT0000A146T3 | -8,25 | 3,34 |
DWS Top Dividende | DE0009848119 | -12,09 | -0,93 |
Recherche: Gerd Hübner
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