Offene Immobilienfonds vor Gericht

Offene Immobilienfonds vor Gericht


Der UniImmo: Wohnen ZBI Fonds wurde im Juni 2024 um 16,7 Prozent abgewertet. Im Fokus steht nun die Frage, ob die Banken gerade sicherheitsorientierte Anleger in offene Immobilienfonds beraten hätten sollen.

Gerade die Zeiten der Niedrigzinsphase waren für die Bankberater keine einfache Zeit. Von oben gab es Direktiven den Anlegern für die Spargelder „Strafzinsen“ aufzubürden oder noch besser – die Gelder aus der Bankbilanz zu bekommen und in Fonds zu investieren – gerne auch die hauseigenen.

Angesichts einer meist konservativen Klientel vieler Hausbanken fielen Aktien– oder Mischfonds meistens als Anlageform nicht in Betracht. Bei Anleihefonds gab es angesichts hoher Fondsgebühren und niedriger Zinsen auch keinen Blumentopf zu gewinnen. So blieben Immobilienfonds das Mittel der Wahl. Immobilie hört sich solide an – sollte passen, dachte wohl so mancher Bankberater und manche Klientel wohl auch. Jedenfalls boomte der Absatz offener Immobilienfonds.

Dabei zeigte sich nicht erst mit der Lockdown-Politik, dass Büro und Einzelhandel, zwei beliebte Fondsinvestmentkategorien, vor strukturellen Herausforderungen stehen. Mit dem Zinsanstieg haben die Preise dann sogar für Wohnimmobilien kräftig korrigiert. Es zeigt sich also, dass Immobilien durchaus konjunkturellen und strukturellen Risiken ausgesetzt sind. Haben die klagenden Anwaltskanzleien damit gute Erfolgsaussichten zu sagen, offene Immobilienfonds sind nichts für konservative Anleger?

Fremdkapital und langfristige Anlagestrategien: Chancen und Risiken

Pauschal dürfte dieses Argument wahrscheinlich zu kurz greifen. Gerade die Historie, zum Beispiel anhand des UniImmo Deutschland zeigt, dass seit den 70er Jahren der Fonds nahezu ohne Rückschläge kontinuierlich leicht aufgewertet hat. Der Fondsbepreisung mittels eines Gutachters sei Dank. Statt volatiler Börsenkurse konnten mit den Gutachterbewertungen Schwankungen des Immobilienwertes ausgeglichen werden.

 Zu Gute halten muss man den Fondsgesellschaften auch, dass die Fremdkapitalquoten innerhalb der Fonds im Vergleich zum Beispiel zu den Immobiliengesellschaften Vonovia oder Aroundtown relativ konservativ gehalten wurden. Ein geringeres Fremdkapital reduziert die Risiken von Verlusten, begrenzt aber womöglich auch die Renditechancen.

Zins-Schock: Immobilienaktien im freien Fall, Fonds unter Druck

Massive Diskrepanz

Nach der Zinswende durch die Europäische Zentralbank kletterte der Zins für ein zehnjähriges Baudarlehen von einem auf vier Prozent. Dadurch kam es an den Immobilienmärkten zu einer deutlichen Neubewertung, die sich bei den Aktien von Immobiliengesellschaften wie Vonovia und LEG Immobilien in raschen heftigen Kursrückgängen bemerkbar machte. Im Oktober 2022 lag das Minus gegenüber dem Juli 2021 bei den beiden Aktien bei 64 und 58 Prozent. Der Börsenkurs des UniImmo: Wohnen ZBI wies nur ein Minus von rund 15 Prozent auf, der Nettoinventarwert für den gleichen Zeitraum sogar ein leichtes Plus (Quelle: www.union-investment.de/fonds/uniimmo_wohnen_zbi-DE000A2DMVS1-fonds-A2DMVS/?portrait=2) Zuletzt, nach der Abwertung und dem deutlichen Rückgang des Börsenkurses des offenen Immobilienfonds, kam es aber zu einer Annährung an die Aktienkurse. Das gilt noch nicht für den Nettoinventarwert. Es könnte also noch weitere Abwertungen notwendig sein.

Herausforderungen bei der Beratung offener Immobilienfonds

Es sind eher andere Punkte, die bei der Beratung von Immobilienfonds problematisch werden könnten. Zum einen müssen Anleger mit den relative langen Rückgabefristen einen durchaus mittleren Anlagehorizont von mindestens ein paar Jahren haben, d.h. auch finanzielle Reserven, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Erfahrungsgemäß – zum Beispiel durch Depotüberträge nach Erbschaften – sehen wir als Vermögensverwalter häufig, dass Depots älterer Menschen fast ausschließlich in „offene“ Immobilienfonds investiert sind. Das Wort „offen“ steht hierbei ausdrücklich in Klammern, denn genau dies sind die Fonds ja eben nicht mehr.

Die Anwälte der Banken mögen hier argumentieren, dass es im Regelfall auch die Rückgabe über die Börse möglich ist. Hier stellt man allerdings schon länger fest, dass die Börsenkurse systematisch unterhalb der Rücknahmekurse der Kapitalgesellschaften liegen. Abschläge von 10% sind durchaus möglich. Bei Jahresrenditen offener Immobilienfonds zwischen 2 und 4% durchaus ein sehr beträchtliches Liquidierungsrisiko.

Im V-CHECK Podcast: Wie risikoreich sind Investments in offene Immobilienfonds wirklich?

Offene Immobilienfonds gelten oft als sichere Anlage, doch wie sicher sind sie wirklich? Prof. Dr. Hartwig Webersinke und Wolfgang Juds, Geschäftsführer der CREDO Vermögensmanagement GmbH diskutieren im Gespräch mit Peter Heinrich vom Börsenradio die Risiken und die Schwankungen von Immobilienanlagen. Erfahren Sie, warum bei Immobilienfonds nur quartalsweise stattfinden, was die jüngste 17%-Abwertung des UniImmo Wohnen ZBI bedeutet und wie gesetzliche Fristen Panikverkäufe verhindern sollen.

Interessenkonflikte und das Anreizsystem der Bankberater

Die Frage, die sich Bankberater aber in diesem Zusammenhang besonders stellen lassen müssen, ist wieso diese den Kauf der Immobilienfonds über die Kapitalanlagegesellschaft tätigen und nicht über die Börse, wenn dort der Fonds mit deutlichen Abschlägen erworben werden kann?

Die Antwort liegt im Anreizsystem. Bankberater leben von Ausgabeaufschlägen. Diese gibt es nur bei einem Erwerb über die Kapitalanlagegesellschaft, jedoch nicht beim Kauf über die Börse.

Gerade Anleger, die erst kürzlich offene Immobilienfonds erworben haben, wo die Abschläge von Börsenkurs und Kurs der Kapitalanlagegesellschaft schon massiv auseinander gelaufen ist, sollten prüfen lassen, wieso der Bankberater nicht im Sinne des Kunden den offenen Immobilienfonds über den günstigsten Bezugsweg erworben hat.

Insgesamt wird es interessant sein zu sehen, wie die Kategorie offene Immobilienfonds mit dieser Krise umzugehen weiß. Es spricht leider einiges dafür, dass die Abwertung des UniImmo ZBI Fonds nicht die letzte Wertanpassung gewesen ist. Dazu war die Abwärtsbewegung am Immobilienmarkt, resultierend aus strukturellen Themen, konjunkturellen Herausforderungen und einem vergleichsweise hohen Zinsanstieg, zu ausgeprägt.

Für Anleger gibt es dabei durchaus attraktive Alternativen zu offenen Immobilienfonds. Aktien-REITS oder Wohnungsbaugesellschaften können perspektivisch für Aktienanleger eine transparente Alternative sein. Für konservative Anleger bieten festverzinsliche Wertpapiere guter Bonität ein ähnliches Rendite-Risikoprofil wie Immobilienfonds – jedoch ohne komplizierte Fondskonstruktionen.

V-CHECK Video: Immobilienfonds unter Druck: Lohnt sich die Anlageklasse im konservativen Portfolio-Mix jetzt noch?

Bei der Geldanlage sollte man sich breit streuen, um das Risiko zu minimieren. Dazu gehören für viele auch konservative Elemente, wie zum Beispiel Immobilienfonds. Doch seit den Negativ-Schlagzeilen um den „Uni Immo Wohnen ZBI“ gibt es Zweifel an dieser Strategie. Pro & Contra erläutert Prof. Hartwig Webersinke, Leiter des Instituts für Vermögensverwaltung an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, im Gespräch mit Börsenmoderator Andreas Franik.

Sie sind auf der Suche nach hilfreichem Expertenwissen rund um die erfolgreiche Geldanlage?

V-CHECK bietet Ihnen regelmäßig unabhängige Tipps direkt in Ihr Postfach.

Jetzt anmelden

Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | YouTube | Instagram | Pinterest