Zehn Jahre unabhängige Vermögensverwaltung – ein Boom

Zehn Jahre unabhängige Vermögensverwaltung – ein Boom


Rund zehn Jahre nach dem Aufkommen der unabhängigen Vermögens­verwalter hat sich die Branche nicht nur etabliert, so Hartwig Webersinke. Sondern die Studienergebnisse seines Instituts deuten auch darauf hin, dass die bankenunabhängige Finanzverwaltung auch in Zukunft weiter florieren und sich gegenläufig zur tendenziell eher schrumpfenden Bankenbranche entwickeln werde. Als Erfolgsgeheimnis macht der Autor das Geschäftsmodell aus, das ohne Interessenkonflikte aufseiten der Berater auskomme.

Die bankenunabhängige Vermögens­verwaltung in Deutschland ist im Ver­gleich zu den USA oder der Schweiz eine noch recht junge Branche. So rich­tig ins Rollen kam der Trend zur un­abhängigen Vermögensverwaltung in den Jahren 2000 bis 2010. Nach dem Platzen der Internet­ Blase und schließ­lich mit Ausbruch der Finanzkrise wur­de immer mehr Anlegern klar, dass ihre Banken eine eigene Agenda haben, die sich nicht mit ihren Interessen decken muss. So machten viele Anleger die Erfahrung, dass Fonds, die ihr Berater zuvor wärmstens empfohlen hatte, nun verkauft werden sollten – am besten umgehend: Diese Finanzprodukte, so hieß es, müssten durch risikoärmere Fonds ersetzt werden, um Vermögens­verluste zu vermeiden.

Bei vielen nervösen Anlegern ging der Plan auf – und bei den Geldinstituten klingelte die Kasse: Wenn eine Million Euro bei einem Agio von 4 Prozent um­geschichtet wird, verdienen Banken beziehungsweise Fondsgesellschaften mit wenig Arbeit 40 000 Euro. Kleinere Depots mit fünf­ und sechsstelligen Volumen wurden ebenfalls massen­haft ins Visier genommen, da die Erfolgsquote dieser „Beratung“ dank der allgemeinen Verunsicherung hoch war.

Problematische Anreizsetzung bei Banken

Bald lagen bei den so beratenen Kun­den statt Technologiefonds soge­nannte Wertsicherungsfonds, Risk­-Parity­ Fonds und andere Produkte mit beruhigenden Namen im Depot. Dumm leider, dass oft nahe der Zyklus­tiefs umgeschichtet wurde. Dadurch nahmen diese Anleger am nächsten Aufschwung nur verhalten teil. Dieses provisionsgetriebene Modell führte bei ethisch orientierten Mitar­beitern im Asset Management und im Kundenkontakt zu immer stärkeren Bauchschmerzen. Sie waren es leid, Finanzprodukte verkaufen zu müssen, bei denen nicht klar war, ob sie nicht nur für ihren Arbeitgeber, sondern auch für die Kunden einen Nutzen stifteten. Bereits nach der Jahrtausendwende zogen die ersten erfolgreichen Asset Manager und Top-­Berater daher die Konsequenzen: Sie machten sich als unabhängige Vermögensverwalter mit einer Zulassung nach § 32 Kreditwe­sengesetz (KWG) selbstständig. Ande­re taten diesen Schritt in den folgenden Jahren oder schlossen sich einer be­stehenden, gut beleumundeten Ver­mögensverwaltung an.

Vertrauen ohne Interessenkonflikte

Ihr Motiv lag auf der Hand: Im Kern der Beziehung der unabhängigen Ver­mögensverwalter zu ihren Kunden soll­te und soll das Vertrauen stehen. Ver­trauen aber setzt voraus, dass sich die Interessen von Vermögensverwalter und Kunden decken und sie sich so­ zusagen im selben Boot befinden. Das funktioniert, wenn der Preis dieser Dienstleistung klar benannt und nicht in den Produkten versteckt wird. Nur auf diese Weise werden keine bedenk­lichen Anreize, etwa zum häufigen Um­ schichten des Depots, gesetzt. Zudem werden eventuelle Vergütungen der Anbieter an die Kunden weitergege­ben. Diese Kostenklarheit ist und bleibt für die laut BaFin rund 400 Banken­ unabhängigen Häuser ein tragendes Prinzip der Kundenbeziehung. Sie wis­sen genau: Neben guten Leistungen ist Verlässlichkeit die beste Basis für dauerhaftes Vertrauen!

Mit diesem Rückblick lässt sich leicht überspitzt beschreiben, wie der recht junge, aber überaus erfolgreiche Sektor die Finanzbranche seit Jahren bereichert und umgestaltet. Ich gehe davon aus, dass sich die Banken­ unabhängige Finanzverwaltung nach § 32 KWG in den nächsten Jahren noch stärker etablieren wird. Darauf weisen sehr prägnant die Forschungsarbeiten hin, mit denen das Institut für Vermö­gensverwaltung (InVV) an der Techni­schen Hochschule Aschaffenburg seit 2013 die unabhängige Vermögensver­waltung begleitet. In seiner Forschung wird das InVV von der V­Bank, der Bank für Vermögensverwalter, finan­ziert und vom Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) unterstützt.

Kern der Arbeit an unserem Institut ist die jährliche Umfrage unter allen von der BaFin nach § 32 Kreditwesengesetz registrierten Vermögensverwaltungen. Mit diesem Instrument erheben wir seit nunmehr acht Jahren relevante Daten über die Entwicklung der Branche im jeweiligen Vorjahr. Das reicht von der Struktur und Entwicklung bei den Kun­den und Mitarbeitern über die wirt­schaftliche Lage und den Zeitaufwand für regulatorische Anforderungen bis hin zu den Ergebnissen der Anlagestrategien und zur aktuellen Asset-Alloca­tion. Beleuchtet werden auch neuere Entwicklungen, etwa inwieweit die befragten Häuser bereits eine digitale Vermögensverwaltung oder eine um­ fassende Finanzplanung anbieten.

Institut schafft seit Jahren Markttransparenz

Wir freuen uns sehr, dass sich inzwi­schen regelmäßig etwa 40 Prozent der bankenunabhängigen Vermögensverwaltungen an dieser Umfrage beteili­gen. Das entspricht einem sehr guten Rücklauf. Und unserem Institut erlaubt es repräsentative Aussagen, mit dem wir als unabhängige Instanz ohne spe­zifische Eigeninteressen eine gewisse Transparenz im Markt schaffen kön­nen. Der Öffentlichkeit gibt die empiri­sche Forschung Antworten auf Fragen wie: Wie entwickelt sich die Branche derzeit? Welche Dienstleistungen bie­ten unabhängige Vermögensverwalter genau an? Und wie erfolgreich sind diese Unternehmen in der Vermögens­verwaltung für ihre Kunden? Die teil­ nehmenden Vermögensverwalter wie­derum erhalten wichtige Informationen, wo sie bei wichtigen Parametern wie der Eigenkapitalrendite oder dem Er­ folg ihrer Anlagestrategie im Vergleich zu Mitbewerbern stehen. Auch erfahren sie, welche geschäftlichen Optionen sie eventuell noch tiefer ausloten könnten. Eine Neuheit bei der jüngsten Erhe­bung war die Panel­ Gruppe. Seit dem Start der Studie im Jahr 2014 wurden erstmals eigens die Antworten jener unabhängigen Vermögensverwalter ausgewählt, die an mindestens sieben der bislang acht Umfragen teilgenom­men haben. Dank dieser Panel ­Grup­pe lassen sich nach einem knappen Jahrzehnt der Forschung nun erste wis­senschaftlich begründete Aussagen über längerfristige Entwicklungen und Trends im Markt machen. Diese Grup­pe umfasst im Durchschnitt 43 Unter­ nehmen, was einem guten Viertel der jährlich antwortenden Häuser ent­spricht. Die Assets-under-Management verteilen sich bei diesen Vermögens­verwaltungen recht repräsentativ auf die Kategorien „50 bis 150 Millionen Euro“ (12 Häuser), „150 bis 500 Millio­ nen Euro“ (17) und „über 500 Millionen Euro“ (11). Drei Firmen hatten dazu keine Angaben gemacht.

Branche verdoppelt das verwaltete Vermögen

Was sind die wesentlichen Erkenntnisse aus unserer Längsschnitt­ Panel-­Studie? Besonders ins Auge sticht der starke Anstieg des verwalteten Vermögens in der Panel­ Gruppe. Deren Mitglieder begannen 2014 im Median mit einem Vermögen von je 110 Millionen Euro. Sieben Jahre später erreichten sie im Mittel die Marke von 232 Millionen Euro, was einem Zuwachs von 111 Pro­zent entspricht. Im Vergleich dazu wuchs das Geldvermögen in Deutsch­land in diesem Zeitraum lediglich um 36 Prozent. Für das hohe Wachstum bei den Ver­mögensverwaltern gibt es mehrere Gründe:

– Zum einen wussten die unabhän­gigen Finanzprofis den Anstieg der Aktienmärkte klug zu nutzen.

– Zum anderen legen immer mehr Kunden ihr Geld bei einem Vermögens­verwalter an und Altkunden stockten ihre Bestände auf.

Krisen als Wachstumsmotor

Interessant ist, dass die Assets-under-Management (AuM) mit Ausnahme eines Jahres stets zulegten. Von einem zyklischen Auf und Ab kann somit nicht die Rede sein – im Gegenteil. Zunächst in der Finanzkrise, dann in der Euro­ Krise und schließlich in der Corona­ Krise zeigte sich, dass Krisen für diese Branche ein Wachstumsmotor sind.

Der Grund: In solchen Phasen suchen die Menschen einen kompetenten Ge­sprächspartner für Geldthemen – und den finden sie bei einer unabhängigen Vermögensverwaltung offenbar eher als im Retail -Geschäft. Zudem wirken im Hintergrund Themen wie Altersvor­sorge oder Strafzinsen auf Guthaben bei den Banken. Und nicht zu verges­sen: In einer vermögenden Gesellschaft wie der unseren benötigen immer mehr Menschen kompetente und unpartei­ische Beratung.

Auch die Kundenzahlen stiegen spür­ bar an. So betreuten die Vermögens­verwaltungen der Panel-­Gruppe zu Beginn im Durchschnitt 321 und im Median 215 Kunden. In unserer jüngs­ten Studie waren es durchschnittlich 500 und im Median 360 Kunden. Somit wuchs die durchschnittliche Zahl der Kunden pro Vermögensverwaltung seit 2014 um beachtliche 56 Prozent. Da­ bei zeigte sich, dass persönliche Weiterempfehlungen über all die Jahre der wesentlichste Faktor für die Ge­winnung von Neukunden waren. Zu­ dem schätzen neben Privatkunden auch Unternehmen und Stiftungen die Kompetenz der unabhängigen Ver­mögensverwalter. Gleichwohl mach­ten Privatkunden mit einer Quote von 82 bis 87 Prozent stets den Löwenanteil der Mandanten aus. Wir gehen davon aus, dass sich dies in den kommenden Jahren nicht maßgeblich ändern wird.

Von 2013 bis 2018 haben die Vermö­gensverwaltungen der Panel­-Gruppe über alle Strategien hinweg durch­schnittliche Renditen zwischen 4,5 und 7,8 Prozent vor Kosten erzielt. Im An­lagejahr 2018 wurde die Rendite mit minus vier Prozent negativ, bevor sie 2019 gut 13,5 Prozent erreichte. Im Corona­ Crashjahr 2020 verbuchte die Panel-­Gruppe ein durchschnittliches Plus von gut 4,7 Prozent. Die entspre­chenden Renditen nach Kosten liegen etwa 0,8 bis 0,9 Prozentpunkte unter­ halb dieser Werte.

Damit erzielten die Kunden der Pa­nel-­Gruppe von 2013 bis 2020 eine ku­mulierte Rendite von 52,6 Prozent vor Kosten. Das entspricht über die acht Jahre einer annualisierten Rendite von 5,34 Prozent.

Man könnte geneigt sein, diese Werte mit einem Mix aus defensiven, aus­ gewogenen und chancenreichen Port­folios zu vergleichen. Realistischer ist es aber, sie an der tatsächlichen Alternative unerfahrener Anleger zu messen: Wenn diese keine größeren Verluste er­ leiden wollen, bleibt ihnen im Grund nur die Anlage in Fest­ oder Tagesgeld. Dort gibt es null Prozent. Und bereits ab 50 000 Euro drohen vielerorts Ge­bühren für die Verwahrung des Geldes. Bezieht man noch die Inflation von der­ zeit drei bis vier Prozent ein, wird deut­lich, dass die Kaufkraft des Vermögens schon in einem Jahr über vier Prozent abschmelzen kann. Spätestens hier leuchtet ein, dass ein erfahrener Ver­mögensexperte sein Geld wert ist.

Mit einem Anteil von zuletzt 41 Prozent verwenden die unabhängigen Vermö­gensverwalter so viel Zeit am Tag wie kaum zuvor für den direkten Kunden­ kontakt. In den ersten fünf Jahren der Panel­-Studie hatte sich dieser Anteil noch zwischen 33 und 36 Prozent be­wegt. Für die Stabilisierung bei klar über 40 Prozent dürften zwei Gründe ausschlaggebend sein:

Zum einen können die unabhängigen Vermögensprofis damit in Zeiten, in denen immer mehr Bankfilialen schlie­ßen, bei bestehenden und potenziellen Kunden punkten, sofern letztere über Weiterempfehlung davon erfahren. Zum anderen war der Anstieg erst möglich, nachdem die Firmen die regu­latorischen Anforderungen von MiFID II in den Alltag integriert hatten. Wie die Panel­-Studie zeigt, bewegt sich der Anteil der täglichen Arbeitszeit für re­gulatorische Aufgaben seit 2018 zwi­schen 23 und 25 Prozent. Wir sprechen deshalb von einem 25­Prozent­Turm, in dem die Branche wohl dauerhaft gefangen ist.

Eigenkapitalrenditen über 30 Prozent dominieren

Die positiven Entwicklungen bei Ver­mögen, Kundenakquise und Perfor­mance schlagen sich natürlich in den Unternehmenszahlen nieder. Beson­ders beachtenswert ist die Entwicklung der Eigenkapitalrendite vor Steuern, wie die Studienergebnisse zeigen: 2014 wies noch keine einzige Vermögensver­waltung eine Eigenkapitalrendite von über 30 Prozent aus. Seit 2018 gelingt dies Jahr für Jahr mindestens einem Drittel der 43 Panel-­Unternehmen. In der jüngsten Studie überwanden sogar 45 Prozent der Panel­-Unternehmen diese Schwelle. Weitere 14 Prozent erwirtschafteten zuletzt eine Rendite zwischen 20 und 30 Prozent. 18 Prozent der Unternehmen kamen auf 10 bis 20 Prozent. Damit erzielen insgesamt fast acht von zehn Vermögensver­waltungen zweistellige Eigenkapital­ Renditen.

Als Fazit lässt sich festhalten: Die un­abhängige Vermögensverwaltung in Deutschland ist seit Jahren eine flo­rierende Branche. Seit 2013 sind das verwaltete Vermögen, die Zahl der Kunden sowie die Eigenkapitalrenditen in der Branche stark angestiegen. Damit entwickelt sich die Branche klar im Gegensatz zur klassischen Finanz­branche, die eher schrumpft.

Bei dem Artikel handelt es sich um einen Nachdruck aus dem Fachmagazin “bank und markt“, Ausgabe 11/2021

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