Interview: "Unabhängige Vermögensverwalter sind so nah am Kunden wie sonst niemand"
Herr Professor Dr. Webersinke, Sie forschen viel über die unabhängigen Vermögensverwalter hierzulande. Kann man messen, wie kundenfreundlich die Branche ist?
Prof. Dr. Hartwig Webersinke: Ja, das ist möglich. Die aktuelle Studie unseres Instituts für Vermögensverwaltung an der Technischen Hochschule Aschaffenburg zeigt: Unabhängige Vermögensverwalter haben zuletzt nahezu die Hälfte ihrer Arbeitszeit im direkten Kontakt mit den Kunden verbracht. Das ist nicht nur der höchste Wert seit dem Start unserer Studienreihe. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass sie mit diesem hohen Zeitanteil so nah am Kunden sind wie sonst kaum jemand in der Finanzbranche.
In Zeiten der Krise, wie wir sie etwa im Frühjahr 2020 wegen des Corona-Crashs erlebt haben, dürfte der Bedarf nach kompetenten und vertrauenswürdigen Ansprechpartnern noch wachsen.
Webersinke: Ja, das sehe ich auch so. Und ich glaube, die Branche hat diese Zeichen der Zeit klar erkannt. Während die Banken landauf, landab viele Filialen schließen, punkten die unabhängigen Vermögensverwalter mit ihrer Expertise und der Nähe zu ihren Kunden in Krisenzeiten erst recht. Damit stärken sie das Kundenvertrauen in ihre Kompetenz und Verlässlichkeit weiter. Durchaus zum Nutzen der Branche: Die verwalteten Gelder pro Vermögensverwaltung sind laut unserer jüngsten Studie gestiegen.
Wie sieht es bei der Rendite aus: Sind Häuser, die sehr viel Geld verwalten, zwangsläufig besser als kleinere Vermögensverwaltungen?
Webersinke: Das lässt sich durch unsere Forschung so nicht bestätigen. In der jüngsten Studie haben Häuser mit weniger als 50 Millionen Euro gut abgeschnitten. Aber auch große Häuser zeigten sich sehr stark. Generell haben die unabhängigen Vermögensverwalter nicht nur 2019, sondern auch in den Vorjahren respektable Renditen erzielt. Diese Qualität spricht sich herum: Unabhängige Vermögensverwalter gewinnen 90 Prozent ihrer Neukunden durch Weiterempfehlungen von zufriedenen Bestandskunden.
Wie lautet ihr Fazit als Wissenschaftler?
Webersinke: Meines Erachtens haben Anleger, die sich einem unabhängigen Vermögensverwalter anvertrauen, bei gleichem Risiko eine realistische Chance auf höhere Renditen als Privatanleger und als Kunden, die sich an eine vertriebsgetriebene Institution wenden.
Das Institut für Vermögensverwaltung untersucht seit 2014 die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter und führt in jährlichem Turnus eine Umfrage durch. Befragt werden unabhängige Vermögensverwalter mit einer Zulassung nach §32 Kreditwesengesetz (KWG). Das Institut unter Leitung von Prof. Dr. Hartwig Webersinke ist an der Technischen Hochschule Aschaffenburg angesiedelt und wird finanziert durch die V-BANK als Drittmittelgeber und vom Verband unabhängiger Vermögensverwalter unterstützt.
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