
Telefonaktion: Die 12 wichtigsten Fragen an Vermögensexperten und ihre Antworten
Das antworteten ihnen Rainer Laborenz von der azemos Vermögensmanagement GmbH aus Offenburg, Udo Winterhalder von der GFA Vermögensverwaltung GmbH aus Herbolzheim, Claus Walter von der Freiburger Vermögensmanagement GmbH und Jürgen Schwab von der Financial Planning GmbH ebenfalls aus Freiburg:

Ich habe 2010 eine Wohnung als Kapitalanlage gekauft und überlege jetzt, ob ich sie nach dem steilen Preisanstieg der letzten Jahre nicht verkaufen sollte. Was denken Sie, steigen die Preise noch weiter?
Rainer Laborenz: Die KfW und auch die Bundesbank sprechen inzwischen von überhöhten Preisen bei Wohnimmobilien und warnen vor einem Platzen der Spekulationsblase. Das muss man ernst nehmen, denn vielerorts sind die Immobilienpreise in der Tat der Entwicklung der Mieten und vor allem der Einkommensentwicklung weit vorausgeeilt. Vieles spricht dafür, dass nach Corona die Begehrlichkeit des Staates steigen und das Wohlstandsniveau erst mal sinken wird. Dann sind immer weniger Menschen bereit und in der Lage, neue Rekordmieten und Preise für Immobilien zu zahlen. Auch andere Aspekte wie zum Beispiel die demografische Entwicklung, stetig steigende energetische Auflagen und die sinkende Mietmoral dürften sich belastend auf die Preisentwicklung bei Immobilien auswirken. Insofern ist es durchaus legitim, über einen Verkauf der Wohnung nachzudenken. Besonders vorteilhaft: Nach 10-jähriger Haltedauer ist der Gewinn aus dem Verkauf steuerfrei.
Sollte man in Bitcoin investieren?
Laborenz: Bitcoin und Kryptowährungen sollten generell – aufgrund der hohen Risiken und großen Preisschwankungen – wenn überhaupt nur ganz niedrig dosiert in einer diversifizierten Vermögensstruktur berücksichtigt werden. Gerade im Zuge der massiven Geldmengenausweitung durch Corona-Hilfspakete treibt die Angst vor Inflation und der Zweifel am langfristigen Bestand des beliebig vermehrbaren Papiergeldes immer mehr Anleger in Kryptowährungen. Wenn sich das fortsetzt, kann sich Bitcoin problemlos auch nochmals verdoppeln.
Soll ich mir eine Wohnung als Kapitalanlage kaufen? Ich habe Angst vor Hyperinflation und Währungsreform, wenn ich sehe, wie immer mehr Geld für Corona-Hilfspakete gedruckt wird.
Laborenz: Wenn Immobilien in Ihrer Vermögensstruktur nicht stark untergewichtet sind, rate ich aktuell nicht zum Kauf einer Wohnung. Einerseits sind die Preise inzwischen sehr hoch und etliche Experten sprechen schon von einer Immobilienblase. Andererseits war der Inflationsschutz bei den beiden Währungsreformen des letzten Jahrhunderts faktisch nicht gegeben: Der Staat hat mittels Hauszinssteuer 1924-1943 und Lastenausgleichsabgabe beziehungsweise Hypothekengewinnabgabe 1952-1979 das Vermögen der Immobilieneigentümer stark in Mitleidenschaft gezogen. Einen soliden Inflationsschutz kann man – zumal mit geringeren Beträgen – auch mit diversifizierten Aktien solider Unternehmen mit Preissetzungsmacht und mit einer Investition in physische Edelmetalle erreichen.

Ich habe einen Notgroschen von 10.000 Euro. Gibt es wirklich keine Tagesgeld-Alternativen mit Zins?
Claus Walter: Nein, tägliche Verfügbarkeit ohne mögliche Schwankungen gibt es derzeit nirgendwo mit realem Ertrag. Sie sollten sogar eher hellhörig werden, wenn so etwas angeboten, denken Sie etwa an die gerade laufenden Pleite der Greensill Bank. Höherer Zins bedeutet derzeit eigentlich immer auch höheres Risiko.
Wie soll ich ein Erbe von über 100.000 Euro anlegen?
Walter: Zunächst ist es wichtig, auf eine ausreichende Liquiditätsreserve zu achten, damit eine kaputte Waschmaschine oder eine teure Autoreparatur ohne Probleme bezahlt werden können. Was darüber hinaus geht, kann mit einem langfristigen Anlagehorizont und mit besseren Ertragschancen investiert werden. Empfehlenswert ist es hier, möglichst breit gestreut vorzugehen, um zwar Chancen zu nutzen, aber Risiken möglichst gut zu verteilen.
Bisher habe ich als Anlage für 30.000 Euro nur so etwas wie Sparkonten. Ich würde gerne aktienorientierter anlegen, kann mich aber aufgrund des großen Alternativangebots nicht entscheiden. Wie soll ich das angehen und kann ich das über das Internet machen?
Walter: Ein guter Einstieg sind global anlegende Aktienfonds oder ETFs und Sie müssen ja auch nicht alles auf einmal investieren. Es kann durchaus Sinn machen, einen Teil sukzessive über Sparpläne anzulegen. Das heißt, Sie investieren zum Beispiel monatlich automatisch einen festgelegten Betrag. Das hat den Vorteil, dass der Einstiegszeitpunkt für Ihren Erfolg immer weniger Bedeutung hat und Schwankungen ein Stück weit ausgeglichen werden. Viele Direktbanken bieten im Internet hier umfangreiche Angebote und günstige Konditionen.

Kann man aktuell noch in die Aktienmärkte einsteigen?
Jürgen Schwab: Ja, wir sehen die Aktienmärkte mittel- bis langfristig noch als interessante Anlagemöglichkeit an. Man sollte für sich oder mit dem Berater die richtige Mischung finden und festlegen, wie hoch die Aktienquote sein soll. Wir würden zudem bei einer Einmalanlage die Einstiegssumme aktuell aufgrund der gestiegenen Kurse in Tranchen vornehmen.
Wie lege ich 100.000 Euro defensiv an, wenn ich Sorge wegen der Negativzinsen habe?
Schwab: Wir empfehlen eine breite Streuung über verschiedene Vermögensklassen. Neben Liquiditätsanlagen sollte eine breite internationale Diversifizierung eingehalten werden. Eine gewisse Beimischung im Aktienbereich sollte stattfinden, um einen Inflationsausgleich zu erreichen. Eine Beimischung von Edelmetallen und Sachwerten erscheint, neben defensiven Anlagen und Inflationsanleihen, sinnvoll.
Mein Sohn hat aus einer Erbschaft eine Summe in Höhe von 200.000 Euro erhalten. Wie soll ich das Geld anlegen?
Schwab: Wir empfehlen in einem ersten Schritt eine „Anamnese“ der bestehenden Anlagen. Im zweiten Schritt sollte geklärt werden, welche Ziele, Wünsche und Motive Ihr Sohn hat. Welche beruflichen Perspektiven bestehen? Ist der Immobilienerwerb in Zukunft ein Thema? Welche Präferenzen gibt es? Sind weitere Zu- oder Abflüsse zu erwarten. Wird eine monatliche Auszahlung benötigt… Auf dieser Basis macht es Sinn, ein persönliches und individuelles Konzept zu erstellen. Wichtig ist es auch, dieses Konzept nach Umsetzung in den nächsten Jahren zu begleiten und immer an die Lebens- und Kapitalmarktsituation anzupassen.

Ich möchte für meinen Sohn monatlich 200 Euro anlegen, damit er in 20 bis 30 Jahren einen guten Start für einen Immobilienkauf hat. Was würden Sie mir empfehlen?
Udo Winterhalder: Auf Grund des langen Anlagehorizontes empfehle ich Ihnen, das Kapital renditeorientiert in verschiedene Investmentfonds anzulegen, welche in interessante Wachstumsbranche investieren, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit, Medizintechnik oder Künstliche Intelligenz. Mögliche Schwankungen können bei einem Sparplan zum einen durch den Durchschnittskosteneffekt und zum anderen auf Grund der langen Laufzeit sogar gut genutzt werden.
Von meiner Bank habe ich einen Fonds mit einem Wertsicherungskonzept von 90 Prozent empfohlen bekommen. Im Corona-Crash brach dieser dann ein, so dass beim Fonds die Wertsicherung griff und der Fonds immer noch mit 10 Prozent im Minus liegt. Wie bewerten Sie das?
Winterhalder: Diese Art von Produkten haben seit Jahren große Probleme, überhaupt eine positive Wertentwicklung zu generieren. Der Grund liegt darin, dass die Märkte in den letzten Jahren deutlich schwankungsreicher geworden sind. Wird in einem Jahr der Sicherheitspuffer von 10 Prozent unterschritten, so müssen diese Produkte die restliche Laufzeit das Kapital in Geldmarktinstrumente investieren und können so nicht mehr an der darauffolgenden Erholung der Märkte partizipieren.
Ein Großteil meines Vermögens ist in offenen Immobilienfonds investiert. Soll ich den Bereich noch weiter ausbauen?
Winterhalder: In den letzten Jahren ist in diese Anlageklasse sehr viel Kapital geflossen. Aus diesem Grund verfügen die offenen Immobilienfonds über hohe Liquidität. Zudem erhöhen sich die Leerstände bei Gewerbeimmobilien durch die Coronakrise, etwa durch Homeoffice, Kurzarbeit und dem Trend zu Videokonferenzen. Somit sollte bei dieser Anlageklasse in den nächsten Jahren mit niedrigeren Renditen gerechnet werden.
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