
Bürokratie: Vermögensverwalter gefangen im 25-Prozent-Turm
Das Institut für Vermögensverwaltung hat erstmals seit Start seiner jährlichen Studie im Jahr 2014 eigens die Antworten jener unabhängigen Vermögensverwalter ausgewählt, die an mindestens sieben der inzwischen acht Umfragen teilgenommen haben. „Mit dieser Panel-Gruppe wollen wir wissenschaftlich begründete Aussagen über längerfristige Entwicklungen und Trends im Markt ermöglichen“, sagt Prof. Dr. Hartwig Webersinke, Leiter des InVV. Der Panel-Gruppe gehörten pro Jahr durchschnittlich 43 Unternehmen an. Davon verwalteten 17 ein Vermögen von 150 bis 500 Millionen Euro und zwölf zwischen 50 und 150 Millionen Euro. Die verbleibenden 11 Unternehmen verwalteten über 500 Millionen (6) bzw. unter 50 Mio. Euro (5). Drei Firmen hatten dazu keine Angaben gemacht.
Trend 1: Stetig 25 Prozent der Zeit für regulatorische Aufgaben
„In Sachen Regulierung scheint die Branche in einem 25-Prozent-Turm gefangen zu sein“, bilanziert der Wissenschaftler die langjährigen Studienergebnisse. In der Tat bewegt sich der Anteil der täglichen Arbeitszeit für regulatorische Aufgaben nach zwei kurzzeitigen Ausreißern seit 2018 stabil zwischen 23 und 25 Prozent. Dies ist nach seinen Worten kein Wunder: „Immer wenn die Branche die Einführung neuer Verordnungen gemeistert hat, landen schon die nächsten Vorgaben auf dem Tisch“, sagt Webersinke, der auch Dekan für Wirtschaft und Recht an der TH Aschaffenburg ist. Aktuell folgen auf MiFID II die neuen ESG-Anforderungen.
Trend 2: Immer größeres Zeitbudget für direkten Kundenkontakt
Wer jetzt meint, der Regulierungstrend gehe zu Lasten der Kunden, irrt. Vielmehr haben die unabhängigen Vermögensverwalter in Zeiten, in denen immer mehr Bankfilialen schließen, ihr Zeitbudget für die Kunden deutlich erhöht. „Nach Werten von 33 Prozent in den Jahren 2014 und 2015 stabilisiert sich die tägliche Arbeitszeit im Kundenkontakt klar bei über 40 Prozent“, erklärt Webersinke. Für Andreas Grünewald vom Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV) zeigt diese Entwicklung, dass seine Kolleginnen und Kollegen „trotz der überbordenden Bürokratie ihre Kunden nie aus dem Blick verloren haben“. Zugleich appelliert er eindringlich an den Gesetzgeber und die Aufsicht, die überbordende Regulierung auch im Sinne der Anleger einzudämmen: „Für den Anlegerschutz sind Zeit für den Kunden und das Portfoliomanagement klar wichtiger als das 15. Formular, das ohnehin kaum jemand liest“, so Grünewald.
InVV – Studie: So viel Prozent ihrer Arbeitszeit verwenden Vermögensverwalter für ihre Kunden

Trend 3: Die Branche wächst personell – auch um ihre Aufgaben zu bewältigen
Das zeitliche Mehr im Kundenkontakt sowie in Sachen Bürokratie bewältigt die Branche nicht zuletzt durch personelles Wachstum. So ist die Mitarbeiterzahl in den 43 Vermögensverwaltungen der Panel-Gruppe von 2014 bis 2021 von durchschnittlich sieben auf zehn gestiegen, was einem Plus von 43 Prozent entspricht. Heute stehen im Schnitt sieben Mitarbeiter im direkten Kontakt mit den Kunden, während dies 2014 durchschnittlich noch 4,6 waren. „Das entspricht einem Zuwachs von 52 Prozent und zeigt klar, was bei unabhängigen Vermögensverwalter die allerhöchste Priorität hat: der Kunde“, bilanziert Studienleiter Webersinke.
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