
Vorsicht Greenwashing: Worauf Sie bei ETF-Kauf achten müssen
Frage: Wie nachhaltig sind ETFs wirklich: Kann der Inhalt immer halten, was die Verpackung verspricht?
Andreas Görler: Von den vorhandenen Nachhaltigkeitsansätzen Ausschlusskriterien, „Best-in-Class“ (Einschlusskriterien), Themenfonds, ESG-Integration, Engagement, Stimmrechtsausübung, impact-Investing und normbasiertem Screening werden hier meist nur die erstgenannten Selektionskriterien eingesetzt.
Nach meiner Auffassung sind das die „leichtesten Kriterien“. Meist wird ein vorhandener Index, um Unternehmen reduziert, die beispielsweise mit den Bereichen Waffenproduktion, Alkohol- und Tabakherstellung oder Glückspiel in Verbindung gebracht werden. Echte Nachhaltigkeit bieten die meisten ETFs daher noch nicht.
Frage: Wie können Privatanleger erkennen, ob es sich nur um eine Marketingmasche, sogenanntes Greenwashing handelt, oder wirklich Nachhaltigkeit im ETF drin steckt?
Görler: Ein Indiz kann darin bestehen, dass sehr große ETF-Emittenten „plötzlich“ die gesamte Produktpalette mit Begriffen wie „nachhaltig“, „responsible“ oder „sustainabel“ beschreiben. Anleger sollten sich das Datenblatt/Factsheet ansehen. Hier sind zumindest schon mal die größten zehn Positionen erkennbar außerdem muss der grundsätzliche Investitionsansatz erläutert werden. Weiterhin sollte es sich um ETFs mit physischer Replikation handeln, da bei synthetischen ETFs nur eine Nachbildung eines indices erfolgt bei dem die entsprechenden Wertpapiere gar nicht erworben werden.

Frage: Können Sie anhand von einem konkreten Beispiel Greenwashing bei einem ETF aufzeigen?
Görler: Nach meiner Auffassung muss man bei allen großen ETF-Anbietern etwas kritischer herangehen, da hier in der Regel mit „Best-in-Class“ – Ansätzen oder einfachen Ausschlüssen gearbeitet wird.
Bei dem, iShares ETF Dow Jones Global Sutainability Screened sollen Unternehmen enthalten sein, die im Bereich Nachhaltigkeit weltweit führend sind. In dem Index finden sich aber mehrere Mineralölkonzerne, Atomkonzerne, Automobilkonzerne oder Goldminenbetreiber. Es genügt dann eben, dass diese Firmen beispielsweise weniger CO2 verursachen als andere Firmen aus der jeweiligen Branche.
Ein weiteres Beispiel ist der iShares Refinitiv Inclusion and Diversity, der auch in den australischen Bergbaukonzern BHP, den italienischen Energiekonzern Enel und den Luxusgüterkonzern LVMH, der auch Alkohol und Pelzwaren herstellt, investiert.
Frage: Sind aktive Fonds ETFs bei nachhaltigen Geldanlagen überlegen? Wenn ja, warum?
Görler: Ich ziehe stets aktive Investments vor, weil mir insbesondere die Selektionskriterien Engagement, Impact-Investing und Stimmrechtsausübung wichtig sind. Außerdem kann ich hier direkten Kontakt zum Fondsmanagement erhalten und mich über den Investitionsansatz oder Portfolioveränderungen informieren.
Außerdem ziehe ich Fondsgesellschaften vor, die auch über einen Nachhaltigkeitsbeirat verfügen, der noch eine zusätzliche Überprüfung des Anlageuniversums vornimmt bzw. das vorhandene Portfolio überprüft.
Mir ist es auch wichtig, dass Unternehmen jederzeit aus dem Portfolio entfernt werden können, die gegen Nachhaltigkeitskriterien verstoßen und nicht erst zu einem festgelegten Anpassungszeitraum ausdifferenziert werden.
Bei ETF-Lösungen hätte ich grundsätzlich viel zu viele Werte im Depot in die ich, auch ohne Nachhaltigkeitskriterien, gar nicht investieren möchte. Die klare Ausdifferenzierung nicht nachhaltiger Unternehmen stellt für mich auch eine klare Risikominimierung dar, da hier Firmen die hohe Umweltbelastungen oder Reputationsrisiken bergen, gar nicht erst im Depot auftauchen.
Themen wie Dieselgate, Wirecard oder Bayer-Monsanto sind Anlegern von aktiven Nachhaltigkeitsfonds so erspart geblieben.
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