
Das ABC von Nachhaltigkeit ist ESG
Was bedeutet der Begriff Nachhaltigkeit überhaupt für Investoren? Wer definiert was nachhaltig ist und was nicht? Tatsächlich beruht der Begriff auf dem Urvater des Nachhaltigkeitsgedanken Carl von Carlowitz bereits im frühen 18. Jahrhundert. Er wurde in der Forstwirtschaft für den Grundsatz verwendet, dass so viel Holz geschlagen werden soll, wie durch planmäßiges Aufforsten, Säen und Pflanzen verwendet werden kann. Von der Forstwirtschaft sind wir nun bei heutigen Investments in der Regel weit entfernt. Wie kann ein Anleger also nachvollziehen, ob er nachhaltig investiert oder nicht?
Wie beurteilt man Nachhaltigkeit?
Zunächst sollte betont werden, dass Nachhaltigkeit in weit mehr Bereichen zu finden ist als in der Natur. Selbstverständlich ist der Schutz der Erde ein elementares Ziel. Hier wurden beispielsweise 2015 Ziele durch das Pariser Klimaabkommen von 195 Ländern festgelegt, leider fehlt es allerdings an Verbindlichkeit. Im gleichen Jahr wurden von den Vereinten Nationen aber auch 17 Nachhaltigkeitsziele definiert, die weit über den Bereich Umwelt hinausgehen und neben dem Schutz der Erde auch vier weitere Punkte umfasst. People, Planet, Prosperity, Peace und Partnership zählen dort als die 5 Säulen für nachhaltige Entwicklung. Auf Deutsch bedeutet dies ausführlich, der Mensch steht im Mittelpunkt, der Planet soll geschützt, Wohlstand und Frieden gefördert und Partnerschaften aufgebaut werden.
Da diese Ziele weit über Klimawandel hinausgehen und sich in so vielen Ausprägungen gestalten lässt, hat sich ein Beurteilungsschema vor allem im Bereich der Kapitalanlage durchgesetzt und lässt sich mit den Buchstaben ESG abkürzen:
- Das E steht hier für Environment also Umweltthemen,
- das S für Social also Soziale Gerechtigkeit
- und das G für Governance, also Unternehmensführung.
Für jeden Bereich gibt es zahllose Beispiele. Vermutlich ist Umweltschutz für jeden schnell nachvollziehbar. Soziale Themen wie das Verbot von Kinderarbeit oder der allgemeinen Einhaltung zentraler Arbeitsrechte sowie Governance Themen wie Verhinderung von Korruption sind zwar nicht so sehr im täglichen Fokus, doch sicher ebenfalls schnell verständlich und einleuchtend.
Für einen nicht professionellen Anleger ist es trotzdem schwer einen Überblick über die unterschiedlichen Anlageangebote zu bekommen. Hilfestellung geben die Kapitalanlagegesellschaften zum Beispiel über Positiv- und Negativlisten, also woran soll und worin darf nicht investiert werden. Es gibt Investmentfonds, die nur in Unternehmen investieren die mit dem Thema sauberes Wasser zu tun haben oder Unternehmen der Waffenindustrie komplett ausschließen.
V-CHECK Video: Nachhaltigkeit & ESG bei der Geldanlage – Warum blickt da keiner mehr durch, Dr. Dirk Rathjen?
Nachhaltigkeit ist für viele Investoren zu einem wichtigen Anlage-Kriterium geworden. Jedoch scheint hierbei nahezu jeder Fonds und jede Bank etwas anderes zu machen. Keiner blickt mehr durch. Woran liegt das? Und können Portfolios unabhängig und neutral in diesem Bereich zertifiziert werden? Fragen dazu von Börsenmoderator Andreas Franik an Dr. Dirk Rathjen, Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau (IVA) AG.
Knifflig wird es bei Themen wie Atomkraft
Die EU hat in ihrer Taxonomie-Verordnung, die seit 2022 in Kraft getreten ist verbindlich festgelegt, dass Atomkraft als nachhaltig gilt. Für den Anleger ist es also wichtig genau hinzuschauen, wie der Anbieter damit umgeht. Natürlich steht ihm frei Atomkraft trotzdem nicht ins Portfolio aufzunehmen, andersherum kann Atomkraft weiterhin in einem nachhaltigen Anlageprodukt enthalten sein. Ebenfalls über die Taxonomieverordnung hat die EU auch eine Klassifizierung von Fonds festgelegt. Muss ein Artikel 6 Fonds nur Risiken für die Umwelt evaluieren aber keine Nachhaltigkeitsstrategie haben, sind Artikel acht Fonds schon echte ESG konforme Anlagen und sind verpflichet eine Nachhaltigkeitsstrategie zu veröffentlichen zu berücksichtigen. Eine Stufe weiter gehen noch Artikel neun Fonds. Diese benötigen für Ihre Klassifizierung ein konkretes nachhaltiges Anlageziel, das über rein wirtschaftliche Ziele hinaus geht. Wer noch mehr Nachhaltigkeit möchte, kann in einen Impactfonds investieren, der durch seine Investitionen einen positiven Beitrag für ein Problemfeld des ESG-Universums liefert, beispielsweise die Finanzierung von Photovoltaikanlagen zur Vermeidung fossiler Brennstoffe in der Stromerzeugung.
Im V-CHECK Podcast: Klimaneutral ist nicht alles
Wenn es nach Vermögensverwalter Andreas Enke, Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG, geht, gehören vermeintlich „klimaneutrale“ Unternehmen wie Microsoft, Amazon oder Alphabet nicht ein wirklich nachhaltiges Portfolio. Warum das so ist, erklärt er in der 16. Folge unseres Podcasts
Sofern Anleger mit einem Anlageberater zusammenarbeiten, ist dieser übrigens verpflichtet Präferenzen in Bezug auf Nachhaltigkeitskriterien abzufragen und kann so zum Beispiel einen Mindestanteil nachhaltiger Investitionen im Gesamtportfolio definieren oder wie oben bereits erwähnt gewünschte Ausschlüsse bestimmter Branchen berücksichtigen.
Fazit
Durch die Vielzahl an ESG-Möglichkeiten ist es definitiv möglich nicht nur das Gewissen zu beruhigen, sondern auch in Brachen zu investieren die weit höhere Wachstumsraten als der Durchschnitt haben und damit auch das Potential auf höhere Gewinne. So kann also tatsächlich beides erreicht werden, ein Stück weit in eine bessere Welt zu investieren und damit auch noch eigene finanzielle Erfolge realisieren.
Eines ist jedoch elementar für jeden Kapitalanleger. Auch nachhaltige Investments bleiben Investments. Die Grundlagen einer Anlageentscheidung bleiben unverändert bestehen. Die Qualität des Anbieters und des Konzepts, bisherige Wertentwicklungen, ein diversifiziertes Portfolio und alle weiteren Punkte die sonst auch geprüft werden, müssen auch hier erfüllt sein. Vor allem muss die Anlage zum Risikoprofil und dem angepeilten Anlagezeitraum passen, denn sonst bringt auch das beste ESG-Konzept keinen Mehrwert.
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