
Zwischen Inflation und Rezession: Wie Anleger ihr Vermögen (nicht nur) 2023 schützen
Eine zweistellige Inflationsrate – das wirkt auf viele Menschen sehr beängstigend. Gleichwohl dürfte sie wohl schon bald ein Stück von diesem Niveau herunterkommen. Dafür sorgen zwei Faktoren: Zum einen bezieht sich die Inflationsrate auf die Vorjahreswerte, sodass sich der Zuwachs bald abschwächen wird. „Dann steigen die Verbraucherpreise zwar weiterhin an, aber nicht mehr so stark wie bisher“, erklärt Stephan Albrech von der Vermögensverwaltung Albrech & Cie. in Köln. Zum anderen bekämpfe vor allem die US-Notenbank mit höheren Zinsen und dem Entzug von Liquidität den Preisanstieg. „Inzwischen stehen die Zeichen beinahe weltweit auf Rezession“, so der Vermögensprofi. Davor warnte jüngst auch der Internationale Währungsfonds.
Inflation geht trotz Rezession nicht komplett zurück
Kann man das Thema Inflation also in Kürze ad acta legen? Das wohl nicht, denn Auswertungen früherer Inflationsphasen zeigen: Nach einer Rezession sank die Teuerungsrate zunächst zwar deutlich, kehrte danach aber bald zurück, bevor sie endgültig besiegt wurde. In diesen Phasen schwankte das Plus bei den Verbraucherpreisen mehrmals mit einer jährlichen Rate zwischen null und zehn Prozent hin und her. „Wir gehen davon aus, dass das Thema Inflation die Verbraucher und Anleger nach der Rezession weiterhin beschäftigen wird“, glaubt Mirko Kohlbrecher von der Vermögensverwaltung Spiekermann & CO mit Hauptsitz in Osnabrück. Seiner Ansicht nach dürfte sich die Teuerung daher für einige Zeit auf mittlerem einstelligen Niveau bewegen (siehe unten „Drei Tipps…“).
Die höchste langfristige Rendite schützt am besten
Für Anleger stellt sich damit die Frage: Mit welchen Anlageklassen können sie einer jährlichen Geldentwertung von vier oder fünf Prozent dauerhaft und effektiv Paroli bieten? Langfristig sollte dies die Anlageklasse sein, die über lange Sicht die höchste nominale Rendite erzielt hat und dies sehr wahrscheinlich weiterhin tun wird. In den USA, die über die längsten Datenreihen für den Kapitalmarkt verfügen, waren dies eindeutig Aktien. Sie erbringen seit 50 Jahren nominal beinahe acht Prozent per anno. Zieht man davon die jährlichen Inflationsraten ab, wuchs die Kaufkraft des Vermögens real um vier Prozent im Jahr. „Diese stärkere Performance der Aktien zeigt sich aber auch weltweit“, sagt Vermögensverwalter Stephan Albrech.
Kurzfristig bringen höhere Zinsen Aktien unter Druck
Wie passt es zu dieser guten Performance, dass die Aktienmärkte seit Anfang des Jahres auf einer endlos scheinenden Schlitterpartie nach unten sind? „Verantwortlich für den deutlichen Rückgang war vor allem die nicht erwartete und dann sehr entschlossen vollzogene Kehrtwende der tonangebenden US-Notenbank hin zu höheren Zinsen“, erklärt Vermögensprofi Kohlbrecher. Dieser Wechsel zwischen einer erst zu laxen und nun womöglich zu harten Geldpolitik habe die Aktien- und Anleihemärkte auf dem falschen Fuß erwischt. Die Folge: heftige Verluste. „Doch der Ausverkauf schafft auch Gelegenheiten – vor allem dann, wenn die Inflation weniger stark zunimmt als erwartet. Ist dies der Fall, könnten Aktien bald durchstarten“, so Kohlbrecher.
Längerfristig bietet sich bei Aktien jetzt eine gute Gelegenheit
Somit könnten Anleger vom aktuellen Aktien-Ausverkauf profitieren. Diese Auffassung wird durch die Börsenhistorie gestützt. Demnach waren Aktienkäufe in den Folgejahren mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr rentabel, wenn die Aktienindizes um 20 Prozent eingebrochen waren. So konnten Anleger, die sich in solchen Phasen nicht von der negativen Nachrichtenlage beirren ließen und jeweils bei einem Rückgang in dieser Größenordnung kauften, ihr Kapital in nur fünf Jahren im Durchschnitt verdoppeln. „Das entspricht einem jährlichen Zuwachs von 15 Prozent und liegt klar über dem Langfrist-Potenzial von Aktien“, erklärt Albrech. Aber: „Es kommt darauf an, bei der Auswahl der Papiere auf hochwertige Qualität zu achten und selektiv vorzugehen.“
Was hilft kurzfristig gegen Inflation?
Während ein weltweit gestreutes Aktienportfolio auf lange Sicht also der beste Schutz gegen Inflation sein dürfte, stellen sich manche Anleger die Frage: Gibt es auch Anlageklassen, die kurzfristig gegen die Geldentwertung helfen können? Neben Gold und Rohstoffen werden dabei immer wieder Immobilien und inflationsgeschützte Anleihen angeführt. Ob diese Anlageklassen die in sie gesetzten Hoffnungen tatsächlich erfüllt haben, wird im Interview erläutert.

Interview: Gegen Inflation ist kurzfristig kaum ein Kraut gewachsen

Herr Albrech, Sie sagen: Aktien sind auf Dauer die ertragreichste Anlageklasse und damit der beste langfristige Schutz gegen Inflation. Was macht Sie zuversichtlich, dass dies so bleiben wird?
Stephan Albrech: Die Börsengeschichte! Durch alle Hochs und Tiefs der vergangenen 100 Jahre haben sich Aktien teils unter hohen Schwankungen als die rentabelste Anlageklasse erwiesen – und damit als der beste Schutz gegen Geldentwertung. Ich sehe keinen Grund, warum sich dies ändern sollte. Der inzwischen fast 100-jährige Charlie Munger, wichtigster Partner des Starinvestors Warren Buffett, brachte es so auf den Punkt: „Ich erinnere mich an den Hamburger für fünf Cents und den Mindestlohn von 40 Cents pro Stunde. Ich habe also in meinem Leben eine enorme Inflation erlebt. Hat sie das Investitionsklima ruiniert? Ich glaube nicht.“

Man konnte zuletzt in Finanzmedien des Öfteren lesen, wie man als Anleger der Inflation kurzfristig Paroli bieten kann. Die Tipps reichten von Gold über inflationsgeschützte Anleihen bis hin zu Rohstoffen und Immobilien. Helfen diese Anlageklassen tatsächlich gegen Inflation?
Albrech: Wir haben da unsere Zweifel. Natürlich können all diese Assets ihren berechtigten Platz in einem Portfolio haben. Aber als kurzfristige Inflations-Bekämpfer taugen die meisten dieser Assets nicht.
Warum?
Albrech: Nehmen wir Gold. Es ist unstrittig, dass das Edelmetall wegen seiner Knappheit auf lange Sicht die Kaufkraft erhält. Mit unerwarteter hoher Inflation kommt es aber schlechter zurecht. Das liegt an den Zinsen, die angehoben werden, wenn die Inflation zu sehr gestiegen ist. Dadurch wird Gold unattraktiver, denn dafür gibt es gar keine Verzinsung. So auch diesmal: Seit Anfang 2022 hat das Edelmetall in Dollar zehn Prozent verloren, Aktien von Goldminen sogar 20 bis 30 Prozent.
Inflationsgeschützte Anleihen versprechen, den Kaufkraftverlust auszugleichen…
Albrech: Diese Untergruppe der Staatsanleihen, auch TIPs genannt, wurde sogar eigens erfunden, um gegen Inflation zu schützen. Dazu steigen die Zins- und Tilgungszahlungen analog zur Inflationsrate, sodass sie tatsächlich vor Geldentwertung schützen. Aber das heißt nicht, dass Anleger mit ihnen kein Geld verlieren können! Verantwortlich dafür ist auch hier der Zinsanstieg. Denn TIPs sind Anleihen mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Damit sinkt ihr Kurs spürbar, wenn die Anleiherenditen wegen des Zinsanstiegs klettern.
Aber Rohstoffe sind doch bestimmt ein sicherer Hafen gegen die Inflation?
Albrech: Das kommt auf die Rohstoffe an. In diesem Jahr zogen die Agrarrohstoffe kaum nach oben, die Industriemetalle verbuchen in Dollar bislang sogar ein Minus von 18 Prozent. Klar vorne liegen nur die Energierohstoffe mit knapp 40 Prozent, wobei es zwischenzeitlich größere Schwankungen als bei Aktien geben kann. Insofern schützten Energieaktien dieses Mal kurzfristig gut vor der Inflation. Mitte der 1970er-Jahre aber kamen Titel wie Chevron ebenfalls unter Druck.
Und wie sieht es mit Immobilien aus?
Albrech: Betongold gilt als inflationsresistent, und Untersuchungen über längere Zeiträume bestätigen das. Doch ebenso wie bei Aktien hängt der Preis einer Immobilie davon ab, was andere dafür zahlen wollen. Steigen die Zinsen und damit die Finanzierungskosten abrupt an, kann dies die Nachfrage abschwächen, was man in den Banken bereits beobachtet. Von daher können Immobilien auf kurze Frist Verluste verbuchen, auch wenn Anleger mit eigener Mietimmobilie noch nichts davon spüren. ETFs auf globale Immobilien aber haben in diesem Jahr um die 20 Prozent eingebüßt.
Gibt es denn keine Bereiche, die kurzfristig vor unerwarteter Inflation schützen?
Albrech: Doch! Interessanterweise sind dies Segmente des Aktienmarkts, die auch in Zeiten ohne starke Inflation manierlich laufen. Die Sektoren Gesundheit, Basiskonsumgüter und Energieversorger verbuchen in diesem Jahr bislang Zuwächse zwischen 10 und 15 Prozent. Vermutlich liegt dies daran, dass sie höhere Kosten gut auf die Verbraucher überwälzen können.
Drei Tipps für Sparer und Anleger bei Inflation
- Parken Sie nicht mehr als nötig auf dem Girokonto!
Viele Menschen parken Geld, das sie nicht benötigen, noch immer wie selbstverständlich auf dem Girokonto. Bei einer hohen Inflationsrate ist das alles andere als eine gute Idee, denn das Geld verliert bei einem Zins von null Prozent rasch und deutlich an Kaufkraft. Auf Giro- oder Tagesgeldkonto sollte daher nicht mehr als der Notgroschen (rund drei Nettogehälter) liegen bzw. der Betrag, den man schon in Kürze für größere Anschaffungen wie ein Auto benötigt.
- Setzen Sie auf Produktivkapital und denken Sie langfristig!
Die Angst, mit einer Investition in Aktien Geld zu verlieren, ist oft größer als die Angst vor der Inflation. Das ist nicht gerechtfertigt. Denn die Börsengeschichte zeigt, dass die langfristige Investition in Unternehmen nicht nur vor Inflation schützt, sondern darüber hinaus ansehnliche Renditen abwirft. Wichtig ist, dass Anleger Aktien-ETFs oder Aktienfonds mit einem Zeithorizont von mindestens fünf bis zehn Jahren kaufen. Über solche Zeiträume erbringen Aktien fast immer attraktive Renditen – vor allem wenn es, wie derzeit, zuvor zu einem Kurseinbruch gekommen ist.
- Informieren Sie sich unabhängig über Geldanlage!
In Inflationszeiten gibt es viele „heiße Tipps“ fürs Investieren. Das reicht von Windparks über Immobilien bis hin zu Goldminen und Rohstoffen. Dahinter können handfeste Interessen stecken, weil die Empfehler an der Vermittlung verdienen und den Anlegern deshalb keinen reinen Wein einschenken. Fakt ist: Viele angebliche Top-Gelegenheiten schützen nicht im erwarteten Umfang vor Inflation, bergen aber Risiken anderer Art. Informieren Sie sich daher möglichst objektiv über die verschiedenen Anlagemöglichkeiten, etwa über das Anlage-Glossar von V-CHECK.

Fazit
Aktien haben über lange Sicht die höchsten Renditen erzielt und sind somit über solche Zeiträume hinweg der beste Schutz gegen Inflation. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, sind zwischenzeitlich kräftige Kursschwankungen.
Webinar: So schützen Sie Ihr Vermögen und Ihre Altersvorsorge vor Inflation
Wenn das Vermögen nicht inflationssicher investiert wird, sinkt die Kaufkraft stetig. Bei einer Inflationsrate von 8 Prozent pro Jahr schrumpft das Vermögen nach zehn Jahren real um mehr als die Hälfte. Das heißt: In zehn Jahren können sich Sparer von ihrem Geld nur noch etwa ein halbes Auto leisten. Doch mit welchen Geldanlagen können Anleger ihre Kaufkraft langfristig am besten erhalten oder sogar vermehren, damit sie später ihren wohlverdienten Ruhestand auch genießen können? In diesem Webinar erfahren Sie, wie Sie der Inflation trotzen können, um sich finanziell sicher für den Ruhestand aufzustellen und welche Anlageformen dafür in Frage kommen.
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