"Markt für Wohn- und Ferienimmobilien ist eingefroren"

"Markt für Wohn- und Ferienimmobilien ist eingefroren"


Vermögensverwalter Andreas Görler erklärt im Interview, warum trotz Corona-Krise keine Schnäppchen bei Ferienhäusern zu erwarten sind. Außerdem gibt er Tipps, worauf es beim Kauf im In- und Ausland zu achten gilt.

Herr Görler, macht es unter Anlagegesichtspunkten Sinn, jetzt in ein Urlaubsobjekt im Ausland zu investieren?

Andreas Görler: Grundsätzlich würde ich den Markt bei Wohnimmobilien als auch bei Ferienimmobilien eher als eingefroren betrachten. Käufer und Verkäufer finden nur schwer zueinander. Insbesondere bei ausländischen Objekten ist die Besichtigung praktisch unmöglich geworden. Fotos oder eine Videopräsentation sind da kein adäquater Ersatz. Nur größere Investoren können es sich erlauben, ohne Besichtigung über einen sachkundigen Vermittler, Immobilien im Ausland zu erwerben. Privatpersonen muss ich davon abraten. Sofern nicht eine Notsituation besteht, weil der Verkäufer aufgrund wirtschaftlicher Probleme einen „Verkaufsdruck“ hat, dürften die Schnäppchen eher gering ausfallen. einen Preissturz sehe ich eher bei Büro- und Hotelimmobilien.

Wie sieht es in Deutschland konkret aus?

Görler: Besichtigungen sind inzwischen wieder möglich. Die Reisetätigkeit ist wieder in Gang gekommen. Ich gehe hier weiter von eher stabilen Preisen aus. Es könnte sogar sein, dass zukünftig kleinere Ferienimmobilien als „sicherer“ hinsichtlich einer solchen Krise empfunden werden als große Hotelanlagen.

Worauf sollten Käufer beim Immobilienkauf in Deutschland achten? Welche Fehler gilt es unbedingt zu vermeiden?

Görler: Eine solche Immobilie lohnt sich grundsätzlich, wenn man sie eher wenig selbst nutzt. Die Priorität sollte klar auf die Vermietung gerichtet sein. Man sollte die ortsüblichen Mieten kennen. Optimal ist es, wenn man die steuerlichen Anfangsverluste mit anderen Einkünften verrechnen kann. Man sollte mit dem Blick eines Vermieters an die Sache ran gehen und keine zu starke emotionale Bindung aufbauen. Die Selbstnutzung kommt also eher nur in der Neben- und Nachsaison in Frage. Es muss sich um eine Lage und ein Objekt handeln, dass sich gut vermieten lässt. Der gewählte Ort sollte zumindest eine Vermietung von vier bis fünf Monaten im Jahr erlauben.

Derzeit gibt es einen Trend zu etwas größeren Ferienhäusern mit Wohnflächen von etwa 100 Quadratmetern. Wichtig ist eine gute Ausstattung der Immobilie. Damit erreicht man auch in der Nebensaison einen ordentlichen Vermietungsstand.

Eine zielgruppengenaue Ansprache ist ebenfalls hilfreich, um eine bestmögliche Auslastung zu erreichen. Eine Ferienimmobilie sollte mindestens 17 bis 18 Wochen im Jahr vermietet werden können, damit sie sich trägt.

Keinesfalls sollte man sich aus einer Ferienlaune heraus eine Immobilie anschaffen, sondern sich vor Ort informieren und auch das Gespräch mit anderen Vermietern suchen. Die Vermietung an Gäste stellt grundsätzlich einen erhöhten Aufwand dar. Man muss die Zusatzkosten für häufiger anfallende Renovierungsmaßnahmen, Reparaturen, Vermarktung und Wartung vernünftig einkalkulieren.  Es ist empfehlenswert, die Vermietung und die Präsentation des Objektes einer ortsansässigen Firma zu überlassen. Dafür sind zwar Provisionen fällig. Das ist aber allemal besser, als bei jeder Kleinigkeit selbst tätig zu werden.

Und wie sieht es mit Ferienimmobilien im Ausland aus?

Görler: Bei Immobilien im Ausland ist zu berücksichtigen, dass Grunderwerbsteuern und die jährlich zu zahlenden Grundsteuern deutlich über den deutschen Sätzen liegen können. Sie können je nach Region im jeweiligen Land auch stark abweichen. Weiterhin kann der Steuersatz zwischen gebrauchten und neu erstellten Objekten variieren. Außerdem fällt in einigen Ländern noch eine Spekulationssteuer an, wenn man das Objekt mit Wertzuwachs verkauft.

In Ländern wie Österreich und der Schweiz bestehen zudem Quotenregelungen und Genehmigungsverfahren. Diese können es sogar gut situierten Käufern unmöglich machen können, eine Immobilie zu erwerben.

Bei Objekten in exponierter Lage können zudem Kosten für Strom- und Wasserversorgung sowie Müllbeseitigung deutlicher teurer sein, als man es in Deutschland gewohnt ist. Während in Deutschland ein Kaufvertrag für eine Immobilie schriftlich abgefasst und notariell beurkundet werden muss, ist beispielsweise in Spanien ein Immobilienkaufvertrag formlos gültig. Die Eintragung ins Grundbuch dient in Spanien lediglich als Beweissicherung und nicht als Eigentumsübergang. Trotzdem sollte ein deutscher Käufer unbedingt Einsicht ins Grundbuch nehmen, ob der Verkäufer tatsächlich als Eigentümer eingetragen ist. Darüber hinaus bilden Grundbuch- und Katasteramt keine einheitliche Behörde, sodass im Kataster die Fläche einer Immobilie häufig nicht mit der im Grundbuch übereinstimmt. Das Rechtssystem des jeweiligen Landes sollte daher in Grundzügen bekannt sein. Eine spezialisierte deutschsprachige Anwaltskanzlei vor Ort sollte mit der Abwicklung beauftragt werden.

Sie wollen mehr Hintergrundwissen?

V-CHECK liefert Ihnen dauerhaft und nicht nur in Krisenzeiten relevante News rund um Ihre Geldanlage.

Jetzt zum Newsletter anmelden

Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | Twitter | YouTube