
„Die Immobilienmärkte kennen nicht nur den Weg nach oben“

Herr Lebtig, seit einem Jahrzehnt steigen die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland deutlich stärker als in den Jahren zuvor. Wie lange wird das weitergehen?
Mathias Lebtig: Das kann niemand mit Sicherheit wissen. Jedoch sagt etwa das Research von bekannten Analyseunternehmen der Immobilienbranche, dass angesichts der hohen Nachfrage noch immer dauerhaft zu wenig neue Wohnungen fertiggestellt werden.
Und das bedeutet?
Lebtig: Aus meiner Sicht heißt dies, dass wir es definitiv nicht mit einem Überangebot oder einer Blase zu tun haben. Größere Preisrückgänge sind daher erst einmal nicht zu erwarten – auch weil die Hypothekenzinsen wohl weiter niedrig bleiben und die Nachfrage stützen.
Ist es dann sinnvoll, einen Großteil des Vermögens in einer einzelnen Mietimmobilie anzulegen?
Lebtig: Davon möchte ich abraten. Warum? Die wenigsten Anleger haben einige Millionen auf dem Konto. Bei kleineren Beträgen aber nimmt die Mietimmobilie einen zu großen Anteil am Vermögen ein. Experten sprechen von einem Klumpenrisiko. Das kann den potenziellen Vermietern auf die Füße fallen – etwa, wenn Mieter ausbleiben oder teure Reparaturen notwendig werden.
Etliche Leser könnten mit Hinweis auf die jüngsten Renditen dagegen argumentieren…
Lebtig: Klar, aber sinnvoll wäre das nicht. Der Blick auf den repräsentativen Immobilienpreisindex des Analysehauses bulwiengesa zeigt: Von 1990 bis 2010 sind die Preise für Reihenhäuser und Eigentumswohnungen in 145 deutschen Städten im Schnitt um insgesamt lediglich 20 Prozent gestiegen. Das entspricht einer jährlichen Wertsteigerung von nicht einmal einem Prozent pro Jahr. In den 15 Jahren davor war die Lage in Westdeutschland ähnlich.
Aber seit 2010 ziehen die Preise in sprichwörtlichen Sieben-Meilen-Stiefeln an – und zwar um rund sieben Prozent pro Jahr.
Lebtig: Das ist richtig, bietet aber keine Garantie, dass es in den nächsten zehn Jahren ebenfalls so sein wird. Es können irgendwann auch wieder zwei oder drei Prozent werden. Zudem müssen sich potenzielle Vermieter fragen, welche Nettorendite sie mit Mietimmobilien erzielen können.
Die dürfte nicht allzu hoch liegen, wenn die Kaufpreise für Betongold kräftig nach oben streben…
Lebtig: Richtig. Der Grund dafür ist, dass die Mieten längst nicht im gleichen Maß steigen. Laut bulwiengesa sind die Kaufpreise für Neubauten bei Eigentumswohnungen seit 2010 um 105 Prozent gestiegen, die Kosten für die Mieter in diesen Wohnungen „nur“ um 54 Prozent.
Das bedeutet: Man kauft die Miete deutlich teurer ein!
Lebtig: Angenommen, 2010 waren 250.000 Euro nötig, um eine monatliche Miete von 1.000 Euro zu bekommen. Heute sind es dann gut 510.000 Euro, während die Miete jetzt 1.500 Euro beträgt.
Man braucht also deutlich länger, bis sich die Kaufkosten amortisieren.
Lebtig: Im ersten Fall musste man 20 Jahre lang die Miete einnehmen, um die Kaufkosten zu erwirtschaften. Jetzt sind es 28 Jahre. Das ist im Beispiel eine Steigerung um 40 Prozent!
Gibt es denn Alternativen zur Mietimmobilie?
Lebtig: Wir raten zu einem breit gestreuten Portfolio, das vorrangig aus Aktien und Anleihen besteht. Die Gewichtung der Anlageklassen sollte sich dabei an den Möglichkeiten, dem Risikoprofil und den Zielen der Anleger orientieren.
Und wie bekommen wir die Immobilien ins Depot?
Lebtig: Diese können über die Aktienkomponente durch sogenannte Real Estate Investment Trusts, auch REITs genannt, abgedeckt werden. Indexfonds auf diese Immobilienunternehmen sind ebenfalls gut dafür geeignet. Damit setzen Anleger auf börsennotierte Firmen, die ihr Geld zum allergrößten Teil mit Kauf, Verkauf und Bewirtschaftung von Immobilien verdienen.
REIT-Indexfonds* | WKN | Rendite 3 Jahre | Kosten p.a. |
Amundi FTSE EPRA NAREIT Global** | A2ATZC | 40,53 % | 0,24 % |
HSBC FTSE EPRA NAREIT Developed | A1JCM0 | 41,57 % | 0,40 % |
iShares Developed Markets Property Yield | A0LEW8 | 39,66 % | 0,59 % |
Lyxor FTSE EPRA NAREIT Global Developed | LYX0Y2 | 38,50 % | 0,45 % |
SPDR Dow Jones Global Real Estate | A1J3PB | 41,41 % | 0,40 % |
VanEck Vectors Global Real Estate | A1T6SY | 45,55 % | 0,25 % |
Quelle: Justetf.com / Recherche: Jürgen Lutz / Stand: Mitte Januar 2022
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