
"Offene Immobilienfonds sind keineswegs eine konservative Anlage"
Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen in Starnberg im Interview.
Alexander Heintze: Offene Immobilienfonds konnten zuletzt nicht wirklich überzeugen. Dabei galten sie doch lange Zeit als sicheres Investment?
Michael Thaler: Anleger müssen sich bewusst sein, dass es sich bei offenen Immobilienfonds keineswegs um eine konservative Anlage handelt, wie ihnen oft suggeriert wird. Vielmehr tragen sie ein beträchtliches unternehmerisches Risiko. Das wird in der aktuellen Marktphase deutlich. Aus meiner Sicht wird dieses Risiko in anderen Anlageklassen wie Aktien deutlich besser entlohnt.
Heintze: Wo liegen denn die Risiken?
Thaler: Die Fonds haben nicht bewiesen, dass sie in Krisenzeiten wirklich stabile Erträge liefern können. Doch genau mit dem Argument wurden sie jahrelang verkauft. Sollte es in den kommenden Monaten vor allem im Einzelhandel, aber auch bei Unternehmen zu Insolvenzen kommen, könnten auf die Fonds weitere Abwertungen zukommen. Hinzu kommen weitere Unsicherheiten. Niemand weiß, wie viel Bürofläche durch die Nutzung von Homeoffice künftig gebraucht wird. Die Mieten im Einzelhandel sinken und werden mit dem zunehmenden Onlinehandel weiter zurückgehen. Außerdem sind die Fonds gesetzlich gezwungen, sehr hohe Liquidität vorzuhalten. Dieses Geld wird entweder gar nicht verzinst oder ist mit Negativzinsen belegt. Das drückt die Rendite der Fonds weiter.
Heintze: Aber ist eine Investition in offene Immobilienfonds nicht immer noch besser, als das Geld bei der Bank liegen zu lassen und dafür Strafzinsen zu bezahlen?
Thaler: Mag sein. Zu bedenken ist aber, dass die Fonds vergleichsweise hohe Kosten für den Kauf und die laufenden Gebühren haben. Die Renditen sind derzeit ebenfalls nicht überzeugend. Unter dem Strich ist die Rendite negativ. Auch kommen Anleger nicht sofort aus den Fonds heraus, sondern müssen Kündigungsfristen einhalten. Damit sind sie nicht sehr flexibel, wenn das Geld kurzfristig benötigt wird.
Heintze: Gibt es Alternativen?
Thaler: Wer in Immobilien investieren möchte und nicht das Geld für eine Direktinvestition hat, für den mögen offene Immobilienfonds eine Möglichkeit sein. Wir raten eher zu Immobilen-ETFs. Das sind kostengünstige börsennotierte Fonds, die in Immobilienaktien investieren. Auch eine direkte Anlage in Immobilienaktien ist möglich. Damit unterliegen Anleger zwar den gleichen Risiken wie bei jeder anderen Aktienanlage, dafür bleiben sie aber flexibel.
Die beliebtesten offenen Immobilienfonds in Deutschland im Überblick:
Fonds | ISIN | Fondsvermögen | Struktur | Wertentwicklung 1 Jahr |
HausInvest | DE0009807016 | 16,76 Mrd. Euro | ca. 40% Büro, 27% Handel, 6% Wohnen | +1,8% |
Deka-Immobilien Europa | DE0009809566 | 17,40 Mrd. Euro | ca. 70% Büro, 14% Handel | +2,24 % |
UniImmo: Deutschland | DE0009805507 | 14,1 Mrd. Euro | ca. 50% Büro, 30% Handel | +1,81% |
UniImmo: Europa | DE0009805515 | 14,0 Mrd. Euro | ca. 60% Büro, 26% Handel | +1,33 % |
Grundbesitz Europa | DE0009807008 | 8,9 Mrd. Euro | ca. 50% Büro, 27% Handel, 10% Wohnen | +1,97% |
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