
Diese fünf Fallen sollten ETF- und Fonds-Anleger unbedingt umgehen
Inhalt:
- Diese fünf fallen sollten Anleger unbedingt umgehen
- Grafik: So stark mindern die Fonds-Gebühren Ihr Vermögen
- Billiger geht’s nicht: Die 10 günstigsten ETFs für wichtige Anlageregionen
- Interview mit Vermögensverwalter Anton Vetter: So schützen sich Privatanleger vor Panikverkäufen von ETFs und Fonds
Das Anlagejahr 2022 dürften kaum jemandem in guter Erinnerung bleiben: Aktien und Anleihen brachen wegen der massiven Zinserhöhungen ein und bescherten vielen Investoren ordentliche Verluste. Bei Privatanlegern dürfte das Minus noch höher ausgefallen sein als am breiten Markt. Der Grund: „Nicht-Profis lassen sich bei ihren Investments leichter von Emotionen mitreißen als erfahrene Vermögensexperten“, sagt Anton Vetter von der BV&P Vermögen AG in Kempten. Dadurch geraten Käufer von ETFs und aktiv verwalteten Fonds immer wieder in fünf teure Geld-Fallen, die meist psychologisch bedingt sind. Wer diese Fallen zu umgehen weiß, ist auf einem guten Weg, denn: „Erfolgreich bei der Geldanlage zu sein bedeutet nicht, alles perfekt zu machen. Es heißt vor allem, bestimmte schwere Fehler nicht zu begehen“, so Vermögensverwalter Vetter.
Fehler 1: Mit großem Ego den Markt schlagen wollen
Einer der Klassiker, um als Privatanleger schlechter abzuschneiden als der breite Markt, ist ironischerweise der Versuch, eben diesen Markt zu schlagen. Hier gilt der Grundsatz: „Je tiefer man überzeugt ist, dies ohne langjährige Erfahrung zu schaffen, desto gefährlicher wird es für Geld und Gesundheit“, sagt Christian Steiner von Bayerische Vermögen Management AG in Kempten. Meist verwandelt ein großes Anleger-Ego zunächst überschaubare Verluste, die sich mit geringen Schmerzen hätten begrenzen lassen, in große oder gar gigantische Verluste, die die Moral untergraben. Der Grund: „Nur wenige Anleger können erkennen und zugeben, dass sie sich geirrt haben und frühzeitig Wertpapiere mit geringem Verlust verkaufen“, so Steiner. In die Falle geraten Anleger vor allem mit einzelnen Aktien („der heiße Tipp“), komplizierten Zertifikaten und spekulativen Optionsscheinen, bei denen vor allem die Bank verdient. Aber auch bei einem Übergewicht an Themen-ETFs oder Nischen-Fonds besteht diese Gefahr.
Lösung: Anleger packen maximal 20 Prozent ihrer Aktieninvestments in Themen-ETF oder Themen-Fonds! Bei Einzelaktien sollte dieser Anteil höchstens zehn Prozent betragen.
Fehler 2: Das Thema Gebühren vernachlässigen
Immer mehr Anleger setzen auf Aktien-ETFs. Aus gutem Grund: „ETFs bilden den jeweiligen Index sehr kostengünstig fast eins zu eins ab – und nur sehr wenige aktive Fondsmanager schlagen auf Dauer den Index“, sagt Anton Vetter. Doch die Finanzbranche wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht auch bei den ETFs auf ihren Schnitt achten würde. So gibt es viele spezialisierte ETFs – etwa auf Wasserstoff, Künstliche Intelligenz, Blockchain etc. –, die dem Gedanken eines breiten Investments in den Aktienmarkt zuwiderlaufen, aber den Emittenten durch Gebühren satte Profite bescheren. Nicht selten kassieren sie zwischen 0,5 und 1,0 Prozent jährlich fürs ETF-Management, während ein breites Index-Investment schon ab 0,05 Prozent zu haben ist. Das gilt erst recht für aktiv verwaltete Fonds, die bis zu zwei Prozent pro Jahr einstreichen. Ergebnis: „Wer zwei statt 0,1 Prozentpunkten an Gebühren zahlt, hat bei gleicher Leistung von Fonds und ETF über die Zeit leicht mehrere zehntausend Euro weniger als ein ETF-Anleger“, so Vetter.
Lösung: Wo immer möglich, setzen Anleger auf die günstigsten ETFs, die mindestens 250 Millionen Euro an Vermögen verwalten.

Fehler 3: Mehrere ETFs kaufen, ohne wirklich zu streuen
Wer mehrere ETFs kauft oder bespart, sollte darauf achten, dass es in den ETF-Portfolios keine Überschneidungen bei den Unternehmen gibt. Ein Klassiker, wie man es bei US-Investments nicht machen sollte, ist es, gleichzeitig ETFs auf S&P 500 und Nasdaq 100 zu erwerben. „Beide Indizes enthalten auf den ersten Plätzen Apple (Anteil 7 % vs. 13 %), Microsoft (6 % vs. 13 %) sowie Amazon (3 % vs. 6 %). Dadurch ergibt sich statt einer risikomindernden Streuung letztlich ein größeres Risiko“, erklärt Christian Steiner. Ebenso sinnlos wäre es, neben dem Aktienindex MSCI World oder dem MSCI All Country (ACWI) einen größeren Teil des Geldes in ETFs auf die USA zu stecken. Der Grund: Diese Welt-Indizes enthalten zu 60 bis 70 Prozent Aktien aus den USA.
Lösung: Anleger machen sich vor der Kombination von ETFs im Depot über die enthaltenen Aktien schlau. Alternativ setzen sie nur auf einen ETF für MSCI World oder MSCI ACWI oder auf Indexfonds aus Europa, USA und Schwellenländern (s. Tabelle).
Fehler 4: Angst haben, einen Markttrend zu verpassen
Die Angst, einen wichtigen Trend am Markt zu verpassen, hatte die Anleger zuletzt während des starken Anstiegs 2021 erfasst. Durch den Kursrückgang im Jahr 2022 ist die „Fear of Missing Out (FOMO)“ derzeit kaum präsent. Aber: „Wir können sicher sein, dass FOMO zurückkehren wird. Wie die Angst, im Abschwung Geld zu verlieren, ist die Angst, beim Anstieg nicht genug zu verdienen, ein kollektives psychologisches Phänomen, das durch den Markttrend und die Medien befeuert wird“, sagt Anton Vetter.
Das Problem: Nicht-Profis erkennen nur selten, wann ein Aufwärtstrend wirklich beginnt, sondern setzen erst dann auf höhere Kurse, wenn sie sich sicher fühlen – und das ist meist erst spät im Zyklus. Folglich verkaufen weitblickende professionelle Investoren, die ihre Aktien früh(er) erworben haben, genau dann in größerem Stil an diese hoffnungsvollen Privatinvestoren.
Lösung: Anleger können wie Odysseus die Ohren verschließen gegenüber den Börsen-News und den angeblich unverzichtbaren Trends in den Medien. Am leichtesten gelingt das, wenn sie ihr Vermögen nach einem wohldurchdachten Plan anlegen und diszipliniert dabeibleiben. Hier kann ein unabhängiger Vermögensprofi hilfreich sein.
Fehler 5: In Panik zu Tiefstkursen verkaufen
„Anleger, die in Panik verkaufen, haben zuvor ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Entweder haben sie den Markt oder sich selbst falsch eingeschätzt. Oft ist sogar beides der Fall“, bringt es Christian Steiner auf den Punkt. Getrieben werden Panikverkäufe, wie sie 2022 vor allem in Tech-Aktien zu beobachten waren, wie beim FOMO-Phänomen von der Marktentwicklung und den negativen Einschätzungen, die über die Medien verbreitet werden. Dagegen gilt es, sich zu wappnen – zum einen mit der Erkenntnis, dass die breiten Märkte in großen Baissen wie 2002 und 2008 rund 50 Prozent an Wert verlieren können, in kleineren Abschwüngen wie 2022 immerhin zwischen 20 und 30 Prozent.
Zum anderen sollte sich jeder Anleger Gedanken über den eigenen Schmerzpunkt machen: „Ab welchem prozentualen Verlust aufs Gesamtvermögen werde ich sehr nervös oder sogar panisch – diese Frage muss jeder ernsthafte Investor für sich beantworten“, so Steiner. Wer etwa weiß, dass er bei einem Verlust von 25 Prozent aufs Gesamtvermögen zur Panik tendiert, sollte höchstens 50 Prozent seines Gesamtvermögens in Aktien-ETFs und Aktienfonds stecken.
Lösung: Anleger, die in harten Zeiten dabeibleiben, weil sie gelernt haben, die Börsen-News zu ignorieren, können sicher sein: Irgendwann wird ihr Vermögen neue Höchststände erreichen, weil der breite Markt und damit die entsprechenden ETFs auf neue Hochs geklettert sind. Es ist also wenig sinnvoll, solche ETFs aus dem Depot zu werfen. Für Einzelaktien gilt dies nicht – diese können tatsächlich wertlos werden, wenn das Unternehmen nicht mehr existiert.
Billiger geht’s nicht: Die 10 günstigsten ETFs für wichtige Anlageregionen
ETF | ISIN | Region | Größe | Kosten |
Xtrackers DAX | LU0274211480 | Deutschland | 4,4 Mrd. € | 0,09 % |
Xtrackers Euro Stoxx 50 | LU0380865021 | Eurozone | 3,1 Mrd. € | 0,09 % |
Lyxor Core Stoxx 600 | LU0908500753 | Europa | 5,7 Mrd. € | 0,07 % |
iShares Core S&P 500 | IE00B5BMR087 | USA | 50 Mrd. € | 0,07 % |
Xtrackers Nasdaq 100 | IE00BMFKG444 | USA / Tech | 250 Mill. € | 0,20 % |
Vanguard FTSE Devel. Asia | IE00BK5BQZ41 | Asien o. Japan | 330 Mill. € | 0,15 % |
Amundi MSCI Japan | LU1781541252 | Japan | 2 Mrd. € | 0,12 % |
Lyxor Core MSCI World | LU1781541179 | Industrieländer | 2,6 Mrd. € | 0,12 % |
iShares Core Emerg. Markets | IE00BKM4GZ66 | Schwellenländer | 15,1 Mrd. € | 0,18 % |
Vanguard FTSE All World | IE00BK5BQT80 | Industrie- und Schwellenländer | 6,2 Mrd. € | 0,22 % |
Interview mit Anton Vetter: So schützen sich Privatanleger vor Panikverkäufen von ETFs und Fonds

Herr Vetter, die Erfahrung zeigt immer wieder, dass Privatanleger in Krisenzeiten ihre Aktien-ETFs und Aktienfonds verkaufen, weil sie den psychischen Druck irgendwann nicht mehr aushalten. Ist das ein Naturgesetz oder lässt sich daran etwas ändern?
Anton Vetter: Man kann das ändern, aber es kostet Kraft und erfordert Geschick. Vor allem, weil diese Reaktion der Privatanleger im Grunde vollkommen menschlich ist: Bei Gefahr kämpfen oder flüchten wir – das haben wir einfach in den Genen. Die meisten Anleger kämpfen zunächst, indem sie den Abschwung kleinreden nach dem Motto „Das wird schon wieder“. Am Ende flüchten sie, indem sie kapitulieren und zu viel tieferen Preisen verkaufen. Dann heißt es „Nie wieder Aktien!“
Und wie lässt sich das ändern?
Vetter: Indem man so anlegt, dass dabei der individuelle maximale Stresspegel nicht überschritten wird. Das bedeutet erstens: Anleger sollten ihre Aktienquote so festlegen, dass sie selbst in einer großen Baisse mit einem Minus von 50 Prozent am breiten Markt zeitweise nur so viel von ihrem Gesamtvermögen einbüßen, wie sie gefühlsmäßig noch tolerieren können.
Können Sie das konkreter machen?
Vetter: Ein risikobereiter Anleger, der es aushält, wenn er zeitweise 40 Prozent mit seinem Vermögen „unter Wasser“ ist, kann eine Aktienquote von bis zu 80 Prozent haben. Wer beim Rückgang von 15 Prozent nicht mehr schlafen kann, sollte die Aktienquote auf 30 Prozent des Vermögens begrenzen.

Was ist der zweite Punkt, um unter dem maximalen Stresspegel zu bleiben?
Vetter: Selbst eine tiefe Baisse dauert selten länger als zwei oder maximal drei Jahre. Daher kann es sinnvoll sein, das Geld, das ein Anleger bzw. seine Familie über eine solche Zeitspanne benötigt, in risikolosen Anlagen wie Tagesgeld oder kurz laufenden Staatsanleihen zu halten. Auf diese Weise lassen sich Zwangsverkäufe von Aktien-ETFs etc. vermeiden, etwa weil dringend liquide Mittel benötigt werden. Dann könnte man auch eine höhere Aktienquote vertreten als im ersten Modell.
Sind dies die einzigen Möglichkeiten, um mit dem Risiko am Aktienmarkt zurechtzukommen?
Vetter: Wer weiß, was er tut, kann das Marktrisiko mit dem Modell der Trendfolge begrenzen. Deren unbestreitbarer Vorteil ist: Man macht nur einen überschaubaren Teil einer Baisse mit und verliert vom Hoch eher 20 Prozent statt 50 Prozent. Es ist jedoch strenge Disziplin erforderlich, die nur wenige Privatanleger haben: So müssen die Kriterien für einen Ausstieg aus dem Aktienmarkt klar definiert sein und natürlich auch befolgt werden. Das gilt ebenso für den Wiedereinstieg nach einem Verkauf – selbst wenn es dabei zu Fehlsignalen und folglich kleineren Verlusten kommt.
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