
Von der Nische zum Mainstream: 25 Jahre ETFs in Deutschland
Der stille Start der ETF-Revolution
Als am 11. April 2000 die ersten Exchange Traded Funds, kurz ETFs genannt, hierzulande an der deutschen Börse gelistet wurden, dürften davon nicht viele Anleger Notiz genommen haben. Heute, 25 Jahre später, sieht die Sache anders aus. Insgesamt verwalteten ETFs hierzulande Ende 2024 laut dem Fondsverband BVI ein Volumen von rund 300 Milliarden Euro. Fast fünf Millionen Sparpläne werden nach Angaben des Research von ExtraETF auf diese Produkte ausgeführt, womit im vergangenen Jahr allein dadurch rund 9,3 Milliarden Euro dort angelegt wurden.
Doch auch international sind ETFs eine Erfolgsgeschichte, die mit dem iShares Toronto 35 Index, der 1990 an der Börse Toronto aufgelegt wurde, schon zehn Jahre früher begann. Inzwischen liegt das weltweit in ETFs investierte Vermögen laut dem Researchhaus ETFGI bei rund 15,5 Billionen Euro, die in rund 13.630 verschiedenen Exchange Traded Products investiert sind. In den USA hat das ETF-Volumen im vergangenen Jahr das Vermögen der aktiv gemanagten Fonds sogar übertroffen.
Geringe Kosten und hohe Transparenz als Erfolgsfaktoren
Dieser Erfolg kommt – rückblickend betrachtet – wenig überraschend. „ETFs sind, weil sie passiv einen Index nachbilden, sehr transparent und kostengünstig“, erklärt Stephan Witt von der FiNUM.Private Finance AG in Berlin. Dabei spielen vor allem die niedrigen Gebühren eine wichtige Rolle „Während die Gesamtkostenquote bei aktiv gemanagten Fonds oft bei 1,5 Prozent oder mehr liegt, beträgt sie bei ETFs gerade Mal zwischen 0,1 bis 0,5 Prozent“, so der Experte weiter. „Das kann langfristig bei der Rendite, unter sonst gleichen Bedingungen, einige tausend Euro ausmachen.“
Dazu kommen weitere Vorteile. „Inzwischen können Anleger damit so gut wie in alle Märkte investieren und dadurch, dass sie jederzeit handelbar und ETFs auf die großen Aktienindizes sehr liquide sind, bieten sie ein hohes Maß an Flexibilität“, erklärt Stefan Eberhardt von der e/r/w Vermögensmanagement GmbH in Stuttgart, und folgert: „Insgesamt sind ETFs damit ideal für Aktieninvestments und eigenen sich bestens, um langfristig ein Vermögen aufzubauen.“
Langfristige Erfolge mit regelmäßigem Sparen
Dieser langfristige Beitrag zum Vermögensaufbau lässt sich am eindrucksvollsten an einem der ETFs, die im April vor 25 Jahren aufgelegt wurden, zeigen. „Der Anbieter iShares brachte damals den Core Dax UCITS ETF auf den Markt“, sagt Witt und rechnet vor: „Wer seit dem monatlich 50 Euro investiert hat, hätte bis heute insgesamt 15.000 Euro eingezahlt, aber ein Endkapital von rund 40.000 Euro.“
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ETFs sind kein Selbstläufer – Risiken und Fallstricke
Ohne Frage zählen ETFs auf breite Standardindizes wie den MSCI World, den FTSE All World, den S&P 500 oder den Dax zu den Erfolgsanlagen der vergangenen Jahre. Dennoch ist diese Produktart keine Allzweckwaffe. „Es gibt immer wieder Situationen wie die Finanzkrise oder die Pandemie, in der solche Indizes deutlich an Wert verlieren“, warnt Eberhardt. „Dass solche Verlustphasen auftreten können, müssen Anleger wissen und aushalten können.“
Auch gab es Entwicklungen im ETF-Bereich, die nicht gut gelaufen sind. „Dazu zählen vor allem spezielle Nischenthemen, also ETFs auf sehr enge Bereiche wie Wasserstoff oder Solar, oder ETFs auf recht exotische Länder, von denen viele langfristig eher enttäuscht haben“, sagt Witt.
Dazu kam jüngst das Problem der Klumpenrisiken. „Der massive Kursanstieg der Magnificient 7, der führenden US-Technologiekonzerne, hat dazu geführt, dass diese Aktien selbst in sehr breit gestreuten Indizes plötzlich ein sehr hohes Gewicht bekamen“, sagt Eberhardt. So hatten diese sieben Titel im S&P 500 zeitweise einen Anteil von über 30 Prozent. Am MSCI World, der knapp 1.400 Aktien enthält, machen die zehn größten Werte derzeit fast ein Viertel des Index aus. „Verlieren die großen Technologiekonzerne gleichzeitig deutlich an Wert, wie es zuletzt der Fall war, dann birgt das ein erhebliches Abwärtsrisiko bei den entsprechenden ETFs“, warnt der Experte.
Genau hinschauen müssen Anleger also auch bei ETFs. Und noch etwas ist wichtig: Sie sind zwar für den langfristigen Vermögensaufbau insbesondere mittels Sparplan gut geeignet. Wunder können sie aber nicht vollbringen. Denn letztlich bieten sie die Rendite des zugrunde liegenden Index abzüglich der Kosten. Nicht mehr und nicht weniger.
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Interview mit Stephan Witt von der FiNUM.Private Finance AG: „Der ETF-Markt wird weiter wachsen“
Stephan Witt: ETFs bilden einen Index passiv nach. Verliert der Index, verliert auch der ETF entsprechend. Dazu kommt beispielsweise das Währungsrisiko, vor allem wenn man stark im Dollarraum investiert sind. Verliert der US-Dollar an Wert, dann nimmt auch der Wert in Euro gerechnet ab. Das ist besonders für Anleger relevant, die in den MSCI World investieren, weil dieser zu rund 73 Prozent aus US-Titeln besteht. Ebenfalls aufpassen muss man bei synthetischen ETFs, die nicht physisch die Aktien enthalten, sondern die Wertentwicklung des Index über einen Swap abbilden. Hier besteht ein Kontrahentenrisiko. Und schließlich darf man das Klumpenrisiko nicht vergessen.
Witt: Wenn Sie in den vergangenen Jahren im MSCI World, im S&P 500 und im Nasdaq 100 investiert waren, haben Sie zwar eine tolle Wertentwicklung, inzwischen allerdings auch eine starke Übergewichtung bei den großen US-Technologiewerten. Fallen deren Kurse, sowie zuletzt, dann kann es schnell zu starken Verlusten kommen.
Witt: Statt in den MSCI World zu investieren, könnte man sich selbst ein Portfolio aus ETFs auf den US- und den europäischen Markt bauen und dann Europa höher gewichten, um den Anteil der US-Technologiekonzerne zu begrenzen. Auch sollte man nicht auch noch Microsoft oder Google als Einzelaktien halten. Jedoch darf man auch nicht vergessen, dass man mit dem MSCI World oder dem S&P 500 Index immer noch überwiegend breit investiert ist.
Witt: Dahinter steht die Idee, dass man nicht blind dem Index und seinen – möglicherweise vorhandenen – Schwächen folgen möchte, sondern die Indextitel aktiv nach bestimmten Kriterien auswählt. Man bietet also in der Hülle des ETF aktives Management an, um damit besser abzuschneiden als der Index. Damit könnten sich zum Beispiel Klumpenrisiken herausnehmen lassen. Aber es gibt auch eine Vielzahl anderer Kriterien – wie bestimmte Fundamentaldaten – nach denen die Titelauswahl funktionieren kann. Für Anleger kann das interessant sein, weil aktive ETFs in der Regel günstiger sind als aktiv gemanagte Fonds und täglich handelbar sind. Allerdings sollte man auch verstehen, nach welchen Kriterien ein solcher ETF investiert.
Witt: Was wir zunehmend sehen, sind ETFs, die bestimmte Titel oder einzelne Länder oder Branchen ausschließen. Zum Beispiel ein Schwellenländer-ETF ohne China oder ein ETF ohne den Energiebereich. Und wir sehen umgekehrt Produkte, die nur die zehn oder 20 größten Firmen aus einem Index nehmen. Auch das kann für Anleger sinnvoll sein, weil man das nutzen kann, um sein Portfolio granularer aufzubauen. Solche Produkte sind aber eher Satelliten-Investments, die man – wenn es der eigenen Meinung oder dem eigenen Wunsch entspricht – in kleinem Umfang beimischen kann.
Witt: Ich bin mir sehr sicher, dass der Markt weiter wachsen wird. Viele Anleger hierzulande sind noch gar nicht im ETF-Thema drin und außerdem entsteht allein durch die Menge an Sparplänen, die abgeschlossen worden sind und aktuell laufen, eine enorme Marktdynamik.
Servicekasten: Beispielrechnung – Warum die Kosten bei der Geldanlage entscheidend sind
Immer wieder werden die Kosten als Argument angeführt, warum ETFs gegenüber aktiv gemanagten Fonds im Vorteil sind. Doch ist es wirklich entscheidend, ob ein Finanzprodukt zwischen 0,1 und 0,5 Prozent laufende Kosten hat oder 1,2 bis 1,5 Prozent? Experte Stephan Witt von der FiNUM.Private Finance AG hat nachgerechnet. Um die Auswirkungen zu verdeutlichen, hat er als Ausgangslage zwei Anleger verglichen, die 30 Jahre lang jeweils 10.000 Euro investieren, wobei beide im Durchschnitt eine Rendite von sieben Prozent pro Jahr vor Kosten erzielen. Anleger A investiert in einen aktiven Fonds mit 1,5 Prozent jährlichen Kosten, Anleger B wählt einen ETF mit 0,3 Prozent Kosten pro Jahr.
Laufzeit | ETF (0,3 % Kosten) | Aktiver Fonds (1,5 % Kosten) |
---|---|---|
10 | 18.900 € | 17.200 € |
20 | 35.600 € | 30.600 € |
30 | 67.600 € | 52.400 € |
„Aufgrund der niedrigeren Gebühr hat der ETF-Anleger nach 30 Jahren fast 15.000 Euro mehr, obwohl beide die gleiche Bruttorendite über diesen Zeitraum erwirtschaften“, erklärt Witt. „Das Beispiel zeigt, dass die Kosten einer der größten Renditekiller bei der Geldanlage sind.“ Mit anderen Worten: Es lohnt sich, bei der Geldanlage auf die anfallenden Gebühren zu achten.
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