Primärmarkt vs. Sekundärmarkt — Wie investiert man in Kunst?

Primärmarkt vs. Sekundärmarkt — Wie investiert man in Kunst?


In Bezug auf Kunstinvestments wird von einigen Experten gern mit plakativen Pauschalurteilen gearbeitet. Diese lauten nicht selten: „Kunst ist ein schlechtes Investment“, „Kunst ist ein riskantes Investment“ oder auch „Kunst ist ein gutes Investment“. In dieser simplen Fassung sind leider alle drei Aussagen falsch, denn: Sie sind allesamt verallgemeinernd und damit viel zu undifferenziert formuliert. Worauf wäre nun zu achten, damit ein Kunstkauf tatsächlich ein gutes Investment mit interessanten Renditen wird? Was gilt es zu wissen? Und wo liegen die Risiken?

Der Kunstmarkt ist komplex

Den Kunstmarkt — als in sich geschlossene, homogene Ökonomie — gibt es tatsächlich nicht. Der Kunstmarkt besteht vielmehr aus sehr unterschiedlichen Sphären, die nebeneinander existieren und nach eigenen Regeln funktionieren. Die grundlegendste Differenzierung ist die Trennung in Primärmarkt und Sekundärmarkt.

Auf dem Primärmarkt erfolgt der Verkauf von Kunstwerken der Gegenwart, die unmittelbar aus den Künstlerateliers stammen und erstmals veräußert werden. In der Regel geschieht dies über Primärmarktgalerien oder die Künstler selbst.

Im Sekundärmarkt ereignet sich der (Wieder)-Verkauf von Kunstwerken. Er beinhaltet die riesige Masse an niedrigpreisigen, als Investitionen ungeeigneten Objekten aber auch die Arbeiten von Künstlern, deren Karriere sich über viele Jahre konstant gut entwickelt hat und die erfolgreich in den kulturellen Ausstellungsbetrieb integriert worden sind. Dieser beständige Karriereerfolg drückt sich stets positiv auf die Preisentwicklung ihrer Arbeiten aus. Den Verkauf ihrer Kunstwerke übernehmen sowohl die Primärmarktgalerien, von denen jene Künstler vertreten werden, als auch etablierte Sekundärmarkthändler, Art Advisor und Auktionshäuser. Zu diesem Marktsegment rechnet man auch die sog. Blue-Chip-Künstler. So bezeichnet man die millionenschwere Top-Liga des Kunstmarktes, also jene Künstler, die nicht selten bereits verstorben sind und deren kunsthistorische Relevanz als unzerstörbar gilt. Monet, Picasso, Andy Warhol oder Modigliani werden zu diesem Feld gezählt.

Wie investiert man auf dem Primärmarkt?

Da sich der Primärmarkt zu einem Großteil aus jungen, unbekannten Gegenwartskünstlern zusammensetzt — rund 50% der jährlichen Kunstverkäufe konzentrieren sich auf dieses Marktsegment — sind Investitionen hier eher risikoreich und mit einer hohen Verlustwahrscheinlichkeit verbunden. Je unbekannter der Künstler — und die Galerie, in der man das Werk erworben hat — umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man für die Arbeit nie wieder den Preis erhalten wird, den man selbst dafür gezahlt hat.

Um sich hier wenigstens etwas abzusichern, sollte man Primärmarktkunst ausschließlich bei gut vernetzten Galerien erwerben, die sich bereits viele Jahre — oder Jahrzehnte —erfolgreich auf dem Markt gehalten haben. Wichtig ist ferner, auf die Messeteilnahmen der Primärmarktgalerie zu achten. Zwingend erforderlich ist hier die regelmäßige Teilnahme an den wichtigsten Kunstmessen von nationalem (z.B. Art Cologne) und internationalem Rang (z.B. Art Basel oder Frieze). Ebenso entscheidend ist die Frage, wie international die Primärmarktgalerie agiert. Existieren z.B. Partnerschaften mit anderen namhaften Galerien, die dem Künstler als sog. Zweitgalerie auch international Zugang zu weiteren einflussreichen Sammlern und Ausstellungsinstitutionen ermöglichen. In diesem Falle besteht eine gute Chance, dass der ausgewählte Primärmarktkünstler zur Kategorie der sog. Emerging Artists zählt. Unter diesem Begriff werden innovative, vielversprechende Positionen von aufstrebenden (Jung)-Künstlern zusammenfasst, denen man zutraut, sich langfristig erfolgreich im Kunst- und Ausstellungsbetrieb zu etablieren oder die dies seit einigen Jahren bereits erfolgreich gezeigt haben.

Doch Vorsicht: Eine konstante Weiterbeobachtung des Karriereverlaufs bleibt unerlässlich, denn viele der hochgespülten Jungtalente entpuppen sich als schnell verglühte Sterne am Kunsthimmel. Ein besonderes Augenmerk ist dabei der Untergruppe der Younger than Jesus Artists zu schenken. Analog zu Jesus, dessen historische Karriere mit seinem Ableben mit 33 Jahren jäh endete, handelt es sich bei dieser Gruppe um sehr junge Vertreter, die schon vor Vollendung ihres 33. Lebensjahres in Windeseile große Erfolge im Kunst- und Ausstellungsbetrieb nachweisen können. Nicht selten entsteht um sie und ihre Arbeiten binnen Kürze ein regelrechter Hype — aber diese rasanten Blitzkarrieren können nicht von allen Talenten konstant fortgesetzt werden, sie nehmen oft ein plötzliches Ende oder stagnieren langfristig.

Deshalb: Wer auf dem Primärmarkt ökonomisch investieren will, muss besonders streng selektieren, gut recherchieren und ein gutes Maß an Risikobereitschaft mitbringen.

Denn Primärmarktkünstler sind meist High-Risk-Investments und deshalb mit Start-Ups vergleichbar. Hier ist in der Frühphase grundsätzlich unklar, ob man in ein Amazon oder in einen schnellen Insolvenzfall investiert hat. Die Fälle, in denen Künstler schnelle und erhebliche Wertsteigerungen erfahren, sind rar. Genau dann locken sie sog. Art-Flipper, also kurzfristig orientierte Investoren mit kurzen Haltedauern an. In den meisten Fällen braucht es aber einen langen Atem, denn die Wertsteigerung auf dem Feld der Gegenwartskunst wird über den gesamten Lebenszyklus eines Künstlers durch seinen sich kontinuierlich aufwärts entwickelnden Karriereweg gebildet. Wir haben hier in Dekaden zu denken, das ist ein extrem langer Investmenthorizont.

Aus diesem Grunde sollte man bei Primärmarktinvestments prinzipiell stärker auf die sog. ästhetische Rendite setzen, also die persönliche Freude an der künstlerischen Arbeit und ihren ästhetischen Eigenwerten. Diese bleibt dem Käufer erhalten, auch wenn das Kunstwerk auf lange Sicht keinen oder nur einen kleinen Return-on-Investment erwirtschaften konnte.

Wie investiert man auf dem Sekundärmarkt?

Während Kunstkäufe auf dem Primärmarkt in der Regel hochrisikoreiche oder rückblickend schlechte Investments sind, sind die Renditeaussichten auf dem Sekundärmarkt solider zu prognostizieren.

Die auf dem Sekundärmarkt offerierten Werke stammen entweder von bereits verstorbenen Namen wie Cézanne, Ernst Ludwig Kirchner oder Jackson Pollock oder von den sehr erfolgreichen, hochpreisigen Künstlern der Gegenwart. Letztere haben in der Regel ihre Karriere über Jahrzehnte erfolgreich vorangetrieben und stehen im fortgeschrittenen Lebensalter auf dem Zenit ihres Erfolges.

Ihre Arbeiten sind idealerweise von bedeutenden öffentlichen Sammlungen gezeigt oder sogar angekauft worden. Ferner wurden ihre Werke von diversen namhaften und einflussreichen Sammlern erworben, die sie gegebenenfalls sogar im eigenen Privatmuseum präsentieren.

Zu beachten ist, dass nicht alle Künstler auf dem Sekundärmarkt ein gleichwertiges Investmentpotenzial bieten. Künstler, die kunstgeschichtlich anerkannt sind, aber längst nicht mehr im Trend liegen und keine Sammlerschaft besitzen, haben oft nur noch wenig Potenzial.

Mit der richtigen Auswahl investiert man auf dem Sekundärmarkt also in sehr wertbeständige, erfolgreich kanonisierte Kunstobjekte mit hoher oder sogar sehr hoher kunsthistorischer Relevanz, die in mittelfristigen Investmentzyklen sichere und hohe Renditen erwirtschaften können. Schließlich werden auf dem Sekundärmarkt genau die Kunstwerke von bekannten Künstlern angeboten, die erfolgreich in den Kunst- und Kulturbetrieb integriert wurden. Aus diesem Grunde geht man auf dem Sekundärmarkt Investments in wertstabile Assets ein.

Jedoch ist das Preisniveau der Sekundärmarktkunst auch wesentlich höher. Kann man auf dem Primärmarkt leicht zu niedrigen drei- und vierstelligen Preisen einsteigen, so muss man auf dem Sekundärmarkt oft fünfstellige, sechsstellige oder gar siebenstellige Summen (teilweise sogar noch mehr) investieren.

Ebenso wie auf dem Primärmarkt ist auch auf dem Sekundärmarkt ein genaues Augenmerk auf die Ankaufsquellen zu richten. Allerdings sind die Hintergründe andere: Während es im Primärmarkt darum geht, dass die Ankaufsquellen die Wahrscheinlichkeit einer positiven Karriereentwicklung eines Künstlers begünstigen, ist auf dem Sekundärmarkt die Echtheitsfrage der Kunstwerke zentral.

Daher sollte man Sekundärmarktkunst ausschließlich über seriöse Quellen beziehen. Die großen nationalen und internationalen Auktionshäuser können allesamt dazu gerechnet werden, aber auch bekannte Sekundärmarkthändler, die regelmäßig an Sekundärmarktmessen (z.b. TEFAF oder FRIEZE Old Masters) teilnehmen, fallen darunter. Auch Privatverkäufe über seriöse Art Advisor können eine sichere Ankaufsmöglichkeit darstellen, weil diese nach den gleichen strengen Prüfstandards arbeiten, wie sie für die gute kunsthändlerische Praxis gelten.

Daneben kommt es auch auf dem Sekundärmarkt immer auf eine kritische Selektion jedes Einzelwerkes an, wenn es darum geht, möglichst hohe Renditen zu erzielen. Die Wertsteigerung steht hier in enger Beziehung zum Erhaltungszustand, der Ausstellungs- und Besitzergeschichte sowie der sich wandelnden Nachfrage für bestimmte Künstler oder Marktsegmente (z.b. Alte Meister, Impressionisten, Expressionisten usw.). Für die Beurteilung des monetären „Track Records“ eines Künstlers stehen zudem seit einigen Jahren umfangreiche Preisdatenbanken für den Kunstmarktinvestor zur Verfügung.

Wichtig ist

Jedem unerfahrenem Kunstmarkt-Einsteiger ist zu raten, sich immer — und zwar unabhängig davon, ob er sich für das Investieren im höchst unsicheren Primärmarkt oder im wertbeständigen Sekundärmarkt entscheidet — von einem qualifizierten Berater begleiten und umfassend in die jeweiligen Marktsegmente einführen zu lassen. Auf diese Weise lässt sich das Zahlen von hohem Lehrgeld vermeiden.

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