
Zankapfel Erbengemeinschaft: Familienstreit und Vermögensvernichtung vermeiden
Inhalt:
- Familienstreit und Vermögensvernichtung vermeiden
- Grafik: Ewige Erbengemeinschaft?
- Grafik: Immobilien – das problematische Erbe
- Servicekasten: So vermeiden Sie Erbenprobleme!
- Interview mit Vermögensverwalter Jürgen Prestel: „Wer klug verschenkt, vermeidet Streit und spart Erbschaftsteuer“
Beim Geld hört nicht nur oft die Freundschaft auf, sondern auch Familien können sich bei dem Thema im Erbfall schnell zerstreiten. Gerade wenn der aufzuteilende Vermögenskuchen eher üppig ist und zu Lebzeiten keine Vorkehrung wie Testament oder Schenkungen getroffen wurden, gibt es Konfliktpotenzial. Denn was vielen Erblassern nicht bewusst ist: Wer sich vor der Regelung der Vermögensnachfolge drückt, entscheidet sich meist automatisch für das Modell Erbengemeinschaften.
Denn nur einer von fünf hinterlässt seinen Besitz nur einem Begünstigten, in der großen Mehrheit der Fälle sind es zwei oder mehr. Also gehört dann zum Beispiel ein Haus dem hinterbliebenen Ehepartner und den Kindern gemeinsam. Wenn sich alle über die zukünftige Nutzung oder einen Verkauf einig sind, muss das auch nichts Schlimmes sein. Anders sieht das schon aus, wenn es sich zum Beispiel um die zweite Ehefrau und die Kinder aus erster Ehe handelt, die sich untereinander nicht so gut verstehen. Aber Streit gibt es nicht nur in Patchwork-Konstellationen.
Unterschiedliche Interessen
Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zetteln sogar in fast zwei Drittel der untersuchten Fälle die eigenen Geschwister Streit in einer Erbengemeinschaft an. Bis dann eine Einigung gefunden wird, kann es dauern. Etwa ein Viertel der analysierten Erbengemeinschaften bestehen länger als 5 Jahre, der Extremfall im Datensatz waren 104 Jahre. Hauptzankapfel sind Immobilien. Hier wird gerne über Bewertung und weitere Nutzung gestritten. In über 80 Prozent der Erbengemeinschaften, die nicht problemlos abgewickelt und schnell wieder aufgelöst werden, war das Betongold Vermögensbestandteil. „Typisches Beispiel ist die geerbte Immobilie, die der eine Erbe erhalten möchte und der andere schnell sein Geld sehen will“, bestätigt Andreas Glogger, Geschäftsführer und Inhaber bei der GLOGGER & PARTNER Vermögensverwaltung GmbH mit Standorten in Krumbach und Stuttgart. Kann keine Konsenslösung gefunden werden und wird von einem die Auflösung der Erbengemeinschaft erzwungen, muss veräußert werden. Auch wenn es im Sinne des Familienvermögens sinnvoller sein könnte, das Objekt zu erhalten oder auf eine Phase mit besseren Preisen zu warten. „Erblasser können so etwas verhindern, indem sie frühzeitige Regelungen für ihren Willen treffen und dabei am besten das offene Gespräch mit allen Beteiligten suchen“, weiß Finanzfachmann Andreas Glogger. Gerade bei großen Vermögen gibt es vielfältige Möglichkeiten, Vorkehrungen zu treffen, um das Familienvermögen zu schützen. Etwa um den Hinterbliebenen Spielraum für absehbare Erbschaftssteuerzahlungen zu geben oder diese durch frühzeitiges Handeln weitestgehend sogar zu vermeiden. So können etwa durch Schenkungen alle 10 Jahre bis zu 500.000 Euro an den Ehepartner, 400.000 Euro je Kind und 200.000 Euro an die Enkel steuerfrei übertragen werden.
Ewige Erbengemeinschaft?

Erbengemeinschaft vermeiden
Ein weiterer großer Vorteil: Das verschenkte Vermögen ist bereits aufgeteilt und fließt damit in der Regel nicht mehr in eine spätere Erbengemeinschaft ein. Sind hier schonmal die größten Brocken des Vermögens vergeben, fallen damit viele Streitpunkte weg. Das ist aber noch keine Garantie für Harmonie unter den Erben: „Sobald ideelle Werte, emotionale Themen oder schlicht Neid ins Spiel kommen, können auch über Kleinigkeiten ausgiebige Auseinandersetzungen geführt werden“, weiß Jürgen Prestel, Seniorberater beim Vermögensverwalter Hansen & Heinrich AG am Standort Kempten. Um Streit um den Vermögensnachlass zu verhindern, empfiehlt er, sich möglichst frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich auch von externen Fachleuten Rat einzuholen. „Die meisten Erbgemeinschaften entstehen in der Regel aus Versehen, weil nichts oder etwas fehlerhaft geregelt wurde“, erklärt Finanzplaner Jürgen Prestel. Wer dagegen seinen letzten Willen etwa per Testament oder schon vorher mit gut durchdachten und steuerlich vorteilhaften Schenkungen klar festlegt, kann über den Tod hinaus Wertvolles zum Familienfrieden beitragen.
Immobilien – das problematische Erbe

Servicekasten: So vermeiden Sie Erbenprobleme!
6 Maßnahmen, die Erbengemeinschaften und Wertvernichtung beim Vermögensübergang verhindern:
- Als Erblasser sollten Sie sich zu Lebzeiten frühzeitig um Ihre Vermögensnachfolge und Vollmachten zur Regelung finanzieller Dinge auch über den Tod hinaus kümmern.
- Sprechen Sie mit den Beteiligten zu Lebzeiten über Ihre Wünsche, Vorstellungen und Pläne.
- Legen Sie schriftlich fest, wie Sie es haben wollen. Sie können grundsätzlich ein Testament eigenhändig verfassen, aber eine fachkundige Rechtsberatung für eindeutige Formulierungen und die sichere Verwahrung etwa über einen Notar sind sehr empfehlenswert.
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Vermögensstruktur, um zu klären, welche Vermögensbestandteile Sie eventuell schon zu Lebzeiten übertragen können. Das sorgt für Klarheit und guter Rat von Fachleuten kann den Erben erheblich helfen, Steuern zu sparen und damit Familienvermögen zu erhalten.
- Lassen sich Erbschaftssteuerzahlungen nicht vermeiden, ist es hilfreich, für entsprechende liquide Reserven durch eine vorausschauende Anlagestrategie zu sorgen. Sonst könnten Ihre Vermögensnachfolger gezwungen sein, unter Druck und zu schlechten Preisen Dinge zu verkaufen.
- Bei großen Vermögen ist es nicht unüblich, dass sich Familien regelmäßig treffen, um den Status quo und die Planungen für den Vermögensübergang zu besprechen. Am Schluss unterschreiben alle Beteiligten eine Zustimmung zu den Plänen der Familie, das erhöht die Hemmschwelle gegen die getroffenen Vereinbarungen vorzugehen enorm. Eine Idee, die aber natürlich nicht nur Superreiche nutzen können.
Richtig erben & vererben: Mit kluger Finanzplanung den Nachlass sichern und Streit vermeiden
Oft geht das Vermögen nicht wie viele denken an der Börse verloren, sondern leider durch Krankheit, Scheidung oder Tod. Gut, wer dann entsprechend vorgesorgt und sein Erbe frühzeitig geregelt hat. Was bei einem Todesfall zu beachten ist, erklärt Erbrechts-Experte und Rechtsanwalt Alexander Bars von der Kanzlei Legaris Rechtsanwälte im Interview.
Interview mit Jürgen Prestel: „Wer klug verschenkt, vermeidet Streit und spart Erbschaftsteuer“

Wie kann am besten Streit in Erbengemeinschaft verhindert werden?
Jürgen Prestel: Ganz klar, indem das Gespräch zu Lebzeiten mit den potenziellen Erben gesucht wird. Das ist für viele ein eher unangenehmes Thema, das oft zu lange vermieden wird. Ein guter Anlass kann eine externe Analyse der eigenen Vermögensstruktur sein, die auch das Thema Vermögensnachfolgeplanung aufgreift. Anhand der Ergebnisse kann dann das Gespräch in der Familie angegangen werden, um möglichst frühzeitig Regelungen zu treffen, die zum Beispiel auch helfen können, Erbschaftssteuern zu vermeiden.
Wie kann so etwas aussehen?
Prestel: Zum Beispiel indem ganz bewusst schon zu Lebzeiten bestimmte Vermögenswerte an die nächste oder übernächste Generation übertragen werden. Das kann bei größeren Vermögen, die über den Freibetragsgrenzen der Erbschaftssteuer liegen, zudem die steuerliche Belastung erheblich reduzieren. Denn nach dem heute geltenden Recht können zum Beispiel an jedes eigene Kind alle 10 Jahre bis zu 400.000 Euro und an Enkel je 200.000 Euro übertragen werden, ohne dass der Fiskus zugreift.
Wie lässt sich das gestalten, ohne sich arm zu schenken oder jungen Leuten zu viel Geld in die Hand zu geben?
Prestel: Grundsätzlich gilt zwar das Prinzip, geschenkt ist geschenkt. Aber es ist etwa über einen Schenkungsvertrag durchaus möglich, Auflagen oder Rückfallklauseln einzubauen. Eine interessante Option kann hier eine Nießbrauchkonstruktion sein, die viele aus dem Immobilienbereich kennen. Etwa wenn das Haus an die Kinder überschrieben wird, aber die Eltern sich ein lebenslanges Wohnrecht oder Mieteinnahmen vorbehalten. Die Idee dahinter, das Vermögen wird zwar komplett übertragen, aber die Nutzung der Erträge verbleibt beim Schenkenden. Was weniger Leute wissen, das funktioniert zum Beispiel auch bei einem Wertpapierdepot. Das gehört dann zwar bereits den Vermögensnachfolgern, aber Dividenden oder Zinserträge gehen weiter an den ursprünglichen Inhaber. Gut zu wissen: Der Beschenkte kann so ein Nießbrauchdepot auch nicht einfach auflösen und das Geld verprassen.
Welcher Expertenrat ist empfehlenswert, um solche Lösungen zu installieren?
Prestel: Je sauberer und klarer so etwas geregelt ist, desto besser. Ein guter Ansatzpunkt ist dabei eine Bestandsaufnahme der eigenen Gesamtvermögenssituation, um den Spielraum für Schenkungen zu ermitteln, dabei kann ein unabhängiger Vermögensverwalter helfen. Daneben ist die Unterstützung durch einen mit dem Thema vertrauten Steuerberater und die Formulierung eines rechtssicheren Schenkungsvertrags, der essenzielle Rückfallklauseln enthält, durch einen spezialisierten Rechtsanwalt unbedingt empfehlenswert.
Hat so ein Nießbrauch auch Steuervorteile?
Prestel: Das rentiert sich sogar gleich mehrfach, denn einerseits können damit die alle 10 Jahre auflebenden Freibeträge frühzeitig genutzt werden. Außerdem werden wichtige Anlageentscheidungen in der Regel gemeinsam getroffen.So kann die nächste Generation langsam an das Thema herangeführt werden. Zudem wirkt sich der Nießbrauchvorbehalt je nach statistischer Restlebenserwartung des Schenkenden wertmindernd auf das übertragene Vermögen aus. Kurz gesagt, können damit zum Teil deutlich über den Freibetragsgrenzen liegende Vermögen ohne anfallende Erbschaftssteuer übertragen werden.
Wann sollten Erblasser mit dem Verschenken beginnen?
Prestel: Ist die eigene finanzielle Sicherheit gewährleistet, gilt gerade bei größeren Vermögen: Je früher, desto besser. Wer schon in relativ jungen Jahren beginnt, die Freibetragsgrenzen optimal zu nutzen und Nießbrauchkonstruktionen einzusetzen, kann selbst große Beträge ohne Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer übertragen. Ein Beispiel: Ein 50-jähriger Mann kann fast eine Million Euro an jedes seiner Kinder übertragen, wenn er dafür ein Nießbrauchdepot nutzt, das einen angenommenen Ertrag von vier Prozent im Jahr einbringt. Würde er die knappe Million einfach ohne dieses Konstrukt verschenken, würden rund 90.000 Euro Steuern fällig.
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