Warum Aktienanleger jetzt besser vorsichtig sind: Drei gute Gründe!

Warum Aktienanleger jetzt besser vorsichtig sind: Drei gute Gründe!


Europäische Aktienindizes wie der DAX notierten im Juli 2023 bereits wieder auf ihrem Allzeithoch. Und in den USA ist der Technologie-Index Nasdaq 100 seit Jahresbeginn um über 40 Prozent gestiegen. Viele, die diesem Anstieg misstraut haben, fragen sich: Kann ich jetzt (noch) Aktien oder ETFs kaufen? Die Antwort: Bis in den Oktober hinein sollten sie besser Vorsicht walten lassen – aus drei guten Gründen!

Inhalt:

Nach dem zermürbenden Jahr 2022, in dem Aktien und Anleihen unter die Räder kamen, war es wie so oft: Viele Experten erkannten kaum Gründe, warum 2023 ein gutes Aktienjahr werden könnte. Und doch kam es so: DAX und EuroStoxx 50 notierten Ende Juli bereits so hoch wie Ende 2021. Und in den USA, die die stärksten Zinserhöhungen seit mehr als 20 Jahren erleben, kam der breite Markt (S&P 500) immerhin knapp an sein bisheriges Allzeithoch bei 4.800 Punkten heran. „Das entspricht einem bekannten psychologischen Muster: Ein neuer Aktienaufschwung klettert an einer Wand der Sorgen empor und stößt daher auf Unglauben bei den meisten Anlegern“, sagt Stephan Albrech von der Vermögensverwaltung Albrech & Cie. in Köln.

Ungeduld an der Seitenlinie

Doch je länger der Anstieg dauert, desto mehr Ungeduld kommt an der Seitenlinie auf: Wer noch nicht investiert hat, möchte den anfahrenden Zug nicht verpassen und springt irgendwann auf. Meist erfolgen diese emotionalen Käufe ziemlich spät, sprich: kurz vor einer Korrektur (nicht Umkehr!) des neuen Aufwärtstrends. Die Folge: „Wer zu spät einsteigt, läuft in den Wochen und Monaten nach einem solchen Einstieg Gefahr, mit 10 oder gar 20 Prozent ins Minus zu geraten, bevor es wieder aufwärts geht“, sagt Daniel Kolb von Heidelberger Vermögen. Sein Rat: Anleger sollten erst einsteigen, wenn die Korrektur definitiv in einen neuen Anstieg mündet.

Drei aktuelle und gute Gründe für Vorsicht

Aktuell sprechen drei gute Gründe dafür, dass der Anstieg, der im Januar begann, nun zu Ende ist und von August bis vermutlich Oktober eine kurze Korrektur ins Haus steht. Dazu gehören:

Viele Aktienindizes sind überkauft:

Ein Anstieg des DAX von 30 Prozent seit Oktober 2022 oder von 40 Prozent im Nasdaq 100 seit Jahresbeginn – „beides sind klare Anzeichen dafür, dass diese und andere Aktienindizes überkauft sind“, sagt Stephan Albrech. Eine Verschnaufpause auf dem Weg nach oben sei sehr wahrscheinlich, glaubt der Vermögensprofi. Der bisherige starke Anstieg, der auf lange Sicht ein gutes Zeichen für die Aktienmärkte ist, dürfte jedoch dafür sorgen, dass die Korrektur moderat ausfällt. Vom letzten Hoch aus könnten die Aktienindizes zwischen 10 und 15 Prozent nachgeben. Für den DAX würde das Korrektur-Tief so bei etwa 14.000 Zählern liegen.

August und September sind schwache Monate:

Die Monate August und September sind in der Börsengeschichte die beiden schwächsten Monate für den Deutschen Aktienindex. Der teils zurückberechnete DAX hat seit 1959 im August durchschnittlich 0,36 Prozent und im September sogar 1,8 Prozent verloren. „Dieses saisonale Muster wird in diesem Jahr umso wahrscheinlicher eintreten, als die Aktienmärkte schon sehr weit gelaufen sind“, sagt Vermögensprofi Daniel Kolb. Einen ersten Vorgeschmack gab es Anfang August, als der DAX drei Tage mit deutlichen Verlusten verbuchte.

Zinsen für Anleihen steigen erneut:

Vor allem die Zinsen für kürzer laufende Anleihen sind in den USA und Deutschland sehr nah an ihre bisherigen Hochs gekommen oder haben diese sogar überwunden. Für die einjährige US-Staatsanleihe gab es Anfang August 5,4 Prozent, für das deutsche Papier 3,6 Prozent. „Im Frühjahr waren diese Zinsen jeweils einen ganzen Prozentpunkt niedriger. Dieser Zinsanstieg in wenigen Monaten lastet auf den Aktien, da er Anleihen attraktiver macht“, erklärt Stephan Albrech. Wenn die Notenbanken ihre Zinserhöhungs-Zyklen beenden, werde diese Last entfallen, so der Kölner Vermögensverwalter. 

Kurzfristig vorsichtig, langfristig optimistisch

Aus den genannten Gründen ergibt sich zweierlei: Aktienanleger, die bereits investiert sind und auf Gewinnen sitzen, müssen in den kommenden Wochen mit leichtem Ungemach rechnen, sollten aber nicht verzagen. Wer noch nicht gekauft hat, sollte dies auch jetzt nicht tun und sich vielmehr im Oktober nach einer guten Gelegenheit umtun. Dies gilt auch für Anleger, die bei Aktien aufstocken wollen. Günstige regionale ETFs finden sich in der Tabelle.

Der wohl kurzen Korrektur zum Trotz sind die beiden Vermögensverwalter für die weltweiten Aktienmärkte auf längere Sicht optimistisch. Vor allem der kräftige Anstieg seit dem Tief im Oktober 2022 ist das beste Argument. Denn wer die Charts der Aktienindizes der vergangenen 100 Jahre studiert, erkennt: „Starke Anstiege nach einem Bärenmarkt wie 2022 setzen sich nach kurzen Pausen mit großer Stärke fort. Das dürfte auch diesmal so sein“, so Vermögensverwalter Kolb.

Mit diesen supergünstigen ETFs investieren Anleger gezielt in Regionen

ETFISINKostenAktienGröße
Xtrackers DAXLU02742114800,09 %404,1 Mrd. €
Lyxor Stoxx Europe 600LU09085007530,07 %6036 Mrd. €
iShares Core S&P 500IE00B5BMR0870,07 %50456,6 Mrd. €
SPDR S&P 500 € Hedge*IE00BYYW2V440,12 %504518 Mill. €
Xtrackers Nasdaq 100IE00BMFKG4440,20 %101344 Mio. €
Invesvo Nasdaq 100 € Hed.*IE00BYVTMS52 0,35 %101261 Mill. €
Xtrackers MSCI JapanLU02742097400,20 %2371,9 Mrd. €
Auswahl: ETFs mit der geringsten Total Expense Ratio (TER) für die aufgeführten Indizes / alle ETFs physisch replizierend, thesaurierend und mit mindestens 250 Millionen Euro Volumen /
* Diese ETFs neutralisieren die Wechselkursschwankungen zwischen Euro und Dollar
Stand: 03.08.2023 / Quelle: justetf.com / Recherche: Jürgen Lutz

Im Spätsommer gerät der DAX oft ins Schleudern

Die Statistik zeigt es klar und deutlich: Der Deutsche Aktienindex kommt im Spätsommer des Öfteren kräftig ins Schleudern. Nach Angaben des Portals statista.de verbuchte der teils zurückberechnete DAX seit 1959 im August einen durchschnittlichen Verlust von knapp 0,4 Prozent. Im September waren es im Mittel sogar minus 1,8 Prozent. Ein Kursrückgang im Spätsommer ist demzufolge deutlich wahrscheinlicher als ein Anstieg. In den tonangebenden USA zeigen sich wichtige Indizes wie S&P 500 und Nasdaq in dieser Zeit ebenfalls von ihrer schwachen Seite. Ein Grund dürfte die Ferienzeit sein. Zum einen geht das Handelsvolumen merklich zurück, weshalb bereits geringere Verkaufsaufträge die Kurse drücken können. Zum anderen reduzieren Fondsmanager ihr Risiko durch Verkäufe.

Interview mit Daniel Kolb: Es kommt nicht darauf an, günstig zu kaufen – sondern zur rechten Zeit!

Daniel Kolb ist Vermögensverwalter bei Heidelberger Vermögen
Daniel Kolb ist Vermögensverwalter bei Heidelberger Vermögen

Herr Kolb, die Aktienmärkte sind in diesem Jahr fantastisch gelaufen. Dürfte da nicht bald eine gesunde Korrektur anstehen? Und wäre das nicht eine gute Kaufgelegenheit?

Daniel Kolb: In der Tat könnten DAX & Co. in den traditionell schwachen Monaten August und September um einiges nachgeben, vielleicht auch noch im Oktober. Allerdings würden wir nicht blind in fallende Kurse hinein kaufen.

Was ist schlecht daran, billig zu kaufen? Viele Anleger meinen, das sei der „Heilige Gral“ zum Erfolg.

Kolb: Es kommt nicht darauf an, möglichst günstig zu kaufen, sondern zur rechten Zeit. Damit meine ich den Zeitpunkt, an dem die Wahrscheinlichkeit auf zügig steigende Kurse am höchsten ist. Dieser Moment kommt meist einige Wochen nach dem eigentlichen Kurstief.  

Sprechen noch andere Gründe gegen den Versuch, das Tief zu erwischen?

Kolb: In der Tat. Niemand weiß, ob es tatsächlich das Tief ist – das lässt sich per definitionem erst feststellen, wenn ein neuer Aufwärtstrend begonnen hat. Wer vorher kaufen will, riskiert in ein fallendes Messer zu greifen, sprich Kursverluste zu erleiden.

Das könnte man doch hinnehmen, wenn es nachher deutlich aufwärts geht …

Kolb: Da haben Sie Recht. Doch an der Börse ist nur eins sicher: dass nichts sicher ist. Daher kann niemand wissen, ob aus der Korrektur nicht doch eine große Baisse wird. Und dann werden aus 10 oder 15 Prozent an zeitweiligem Verlust vielleicht zwei Jahre mit bis zu 50 Prozent Minus.

Das halten Sie jetzt aber nicht für wahrscheinlich, oder?

Kolb: Nein, das nicht, aber wie gesagt: Nichts ist unmöglich. Daher kaufen wir nicht die Korrektur (Schwäche), sondern lieber den neuen Aufwärtstrend, also die Stärke nach der Korrektur.

Wie kann man diese Stärke erkennen?

Kolb: Spätestens dann, wenn das frühere Allzeithoch überwunden ist, ist klar, dass sich ein neuer Aufwärtstrend etabliert hat.

Gibt es keine frühere Anzeichen?

Kolb: Ja, aber solche Signale können oft nur Fachleute erkennen. Dazu gehört etwa, dass das Muster des Abwärtstrends – tiefere Hochpunkte, tiefere Tiefpunkte – abgelöst wird von einem höheren Tief, dem dann ein höheres Hoch folgt. Liegt beides vor, hat ein neuer Aufwärtstrend begonnen.

Wann war dies 2023 der Fall?

Kolb: Beim DAX passierte das Anfang Januar, bei der Nasdaq 100 Ende März und im S&P 500 im Mai.

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