Neuer Bärenmarkt oder Korrektur: Wo stehen wir aktuell im Aktienmarkt?

Neuer Bärenmarkt oder Korrektur: Wo stehen wir aktuell im Aktienmarkt?


Von starker Inflation über steigende Zinsen und Lieferengpässe bis zu Ukraine-Krieg und Rezessionsgefahr: Schlechte Nachrichten prasseln seit Monaten auf Anleger ein. Dabei realisieren nur wenige, dass der Abwärtstrend am Aktienmarkt mit dem Monat Juli zu Ende gegangen sein dürfte. Von diesem Tief aus könnte ein neuer und starker Aufschwung starten.

Herr Kolb, in der Presse konnte man vor einigen Wochen lesen, dass an den Aktienbörsen ein neuer Bärenmarkt begonnen hat. Stimmt das?

Daniel Kolb: Rein technisch ja. Denn es gibt unter Finanzprofis eine weithin akzeptierte Definition, die besagt: Ein Bärenmarkt beginnt, wenn die Kurse von ihrem Hoch 20 Prozent verloren haben.

Ist diese Definition sinnvoll für Anleger?

Kolb: Nicht wirklich. Schließlich greift sie erst nach erheblichen Verlusten und hilft Anlegern somit nicht, ihr Vermögen früher vor dem Abschwung zu bewahren. Außerdem berücksichtigt sie überhaupt nicht das übergeordnete Bild – also die Frage, wo wir uns im Aktienzyklus befinden.

Können Sie das näher erläutern?

Kolb: Sehen Sie, vom Corona-Tief im März 2020 hat etwa der breite US-Markt als Leitindex der globalen Aktienmärkte von 2.200 auf 4.800 Zähler zugelegt. Der jüngste Rückgang seit dem Januar 2022 hat den S&P 500 um bis zu 1.200 Punkte auf etwa 3.600 Zähler gebracht. Trotz dieses happigen Abschwungs befindet sich der Index aber weiterhin klar in einem langfristigen Aufwärtstrend, von dem er nun aus erneut nach oben zieht. Diese Tatsachen werden in der obigen Definition vom Bärenmarkt überhaupt nicht berücksichtigt.

Wie reagieren Privatanleger, die mit der Aussage „20 Prozent Minus = Bärenmarkt“ konfrontiert werden?

Kolb: Nun ja, manch einer kann da leicht panisch werden. Vielleicht werden Aktien zur Unzeit verkauft, kurz bevor der Markt dreht. Das wäre sehr ungünstig. Die wenigsten Anleger haben das Hintergrund-Wissen, um scharfe Abschwünge einzuordnen und reagieren emotional darauf – insbesondere, wenn sie zu sehr auf Nachrichten achten und Informationen falsch bewerten.

Was meinen Sie damit?

Wir werden seit Monaten mit besorgniserregenden Nachrichten und Einschätzungen quasi bombardiert. Viele dieser News beziehen sich aber auf die Vergangenheit: Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, Rezession ja oder nein, Inflationsmeldungen des Vormonats, explodierende Erdgaspreise… Wichtig für die Börse ist aber nicht das Gestern, sondern das Morgen – und die Frage, ob das Morgen anders wird, als es die Anleger derzeit erwarten. Zeichnet sich ab, dass es besser wird, drehen die Kurse nach oben. Dies scheint nun der Fall – zumal wir an einem Punkt sind, wo Großanleger in der Regel gerne zugreifen.

Inflation Panik
Viele Konsumenten und Anleger sind besorgt: Die aktuellen Inflationsraten in den USA und Europa bewegen sich zwischen acht und neun Prozent p.a. Doch bei diesen Steigerungsraten wird es nicht bleiben – zumindest nicht, wenn man den Erwartungen der Marktteilnehmer folgt, wie sie die US-Notenbank ermittelt. Demnach glauben die oft milliardenschweren Anleger an den Anleihemärkten, dass die Inflation über die nächsten zehn Jahre im Durchschnitt bei 2,3 Prozent liegen wird. Dieser Wert ergibt sich aus der Differenz der Renditen der zehnjährigen inflationsgeschützten US-Staatsanleihen zu gewöhnlichen Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit. Damit bewegen sich die Inflationserwartungen am oberen Rand der Spanne der vergangenen 20 Jahre, ähnlich wie 2004 bis 2007. Von einer „Inflations-Panik“ der Großanleger kann somit keine Rede sein. Jürgen Lutz

Was können Sie Privatanlegern raten?

Kolb: Wer noch fünf Jahre oder mehr Zeit hat, bis er das investierte Geld benötigt, muss sich um temporäre Abschwünge im langfristigen Aufwärtstrend nicht sorgen. Dazu ist es hilfreich, wenn man nur noch selektiv allgemeine Nachrichten aufnimmt oder aktuelle Finanznews sogar komplett meidet. Mit dieser „Odysseus-Strategie“ – also sich die Ohren zu verstopfen und zu beschließen, nicht emotional zu handeln – können Anleger ihren Kurs leichter beibehalten, als wenn sie dem Trommelfeuer der „bad news“ ausgesetzt sind. Alternativ können sie unabhängige Vermögensprofis mit der Geldanlage beauftragen.

Breit gestreute und günstige ETFs für den Aktien-Aufschwung

ETFs (Indexfonds)WKNGrößeKosten p.a.Aktien-Thema
Weltweit
iShares MSCI WorldA0RPWH42,8 Mrd. €0,20 %Industrieländer
iShares MSCI World SRIA2DVB94,4 Mrd. €0,20 %Industrieländer, nachhaltig
Vanguard FTSE All WorldA2PKXG5,2 Mrd. €0,22 %Industrie-/Schwellenländer
Regionen
iShares MSCI USA SRIA2AFC08,3 Mrd. €0,20 %USA, nachhaltig
iShares MSCI Europe SRIA1H7ZS3,5 Mrd. €0,20 %Europa, nachhaltig
Amundi Emerging Markets A2ATYY2,6 Mrd. €0,20 %Schwellenländer
UBS MSCI Pacific SRI A1JA1U930 Mill. €0,40 %Asien-Pazifik inkl. Japan, Nachhaltig
Branchen/Industrieländer
Xtrackers MSCI World Cons. StaplesA113FG680 Mill. €0,25 %Basis-Konsumgüter, global
Xtrackers MSCI World Health CareA113FD1,9 Mrd. €0,25 %Gesundheitssektor, global
Xtrackers MSCI World Information TechnologyA113FM1,9 Mrd. €0,25 %Informationstechnologie, global
Xtrackers MSCI World Consumer DiscretionaryA113FH210 Mill. €0,25 %Nicht-Basiskonsumgüter, global
Quelle: justetf.com / Recherche: Jürgen Lutz / Stand: 6. August 2022

Sie sind auf der Suche nach hilfreichem Expertenwissen rund um die erfolgreiche Geldanlage?

V-CHECK bietet Ihnen regelmäßig unabhängige Tipps direkt in Ihr Postfach.

Jetzt anmelden

Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | YouTube | Instagram | Pinterest