
Corona-Krise zum Trotz: Immobilienpreise werden weiter steigen
Herr Görler, werden die Immobilienpreise durch die Corona-Krise fallen? Oder geht die Entwicklung nach der Krise einfach weiter nach oben?
Andreas Görler: Grundsätzlich sind die Preise bei Wohnimmobilien auch in diesem Jahr gestiegen. Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage stabil bleibt und die Preise daher weiter steigen. Allerdings nicht auf dem hohen Niveau der letzten fünf Jahre. Eine echte Immobilienblase in Deutschland kann ich deswegen nicht ausmachen, weil sich das Zinsniveau nicht erhöht. Das zeichnet sich bei der aktuellen, extrem gestiegenen Verschuldung der Industriestaaten nicht ab.
Was treibt den Immobilienmarkt an, was bremst ihn?
Görler: Die geringe Bautätigkeit in Ballungsräumen, die teilweise langsamen Genehmigungsverfahren der zuständigen Ämter sowie die niedrigen Zinsen für Immobiliendarlehen bei gleichbleibend hoher Nachfrage sollten die Immobilienpreise weiterhin ansteigen lassen. Derzeit ist der Markt eingefroren, weil Besichtigungen nicht oder nur erschwert möglich waren und ausländische Käufer ausgebremst wurden. Insbesondere bei selbst genutzten Wohnungen ist eine Besichtigung stets zwingend zu empfehlen und ist nicht durch „virtuelle Wohnungsbesichtigungen“ zu ersetzen. Bei reinen Wohninvestments verzichten Käufer schon mal auf eine persönliche Begutachtung und vertrauen beauftragten Beratern oder Maklern, weil es nur um die Rendite geht. Und die ist häufig bei schlechteren Wohnlagen extrem hoch. Insgesamt wurde der Umsatz auf dem Immobilienmarkt durch die Pandemie allerdings reduziert.
Wo lohnt sich der Kauf von Wohnimmobilien noch?
Görler: Die selbst genutzte Immobilie ist häufig auch eine emotionale Entscheidung, die mit einem Sicherheitsempfinden gekoppelt ist. Außerdem kaufen die meisten Menschen dort, wo sie sich auskennen oder die Freunde leben. Meist werden maximal die Nachbarbezirke in Erwägung gezogen.
Ob es sich „lohnt“ ist für viele Käufer daher oft keine sachliche Entscheidung. Die echte Rendite eines Immobilienkaufs, wobei alle Kosten für Finanzierungen, Renovierungen, Modernisierungen etc. zu berücksichtigen sind, wird eigentlich nie ermittelt.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass eine Immobilienfinanzierung in der Gesamtheit ca. 25 Jahre in Anspruch nimmt und die Kosten für Handwerker und Baumaterialien ebenfalls stark gestiegen sind. Gerade die aktuelle Phase mit möglichem Risiko von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit zeigt, dass in solchen Zeiträumen erhebliche Risiken stecken können. Trifft man eine rein sachliche Entscheidung, müsste man Randbezirke wählen, die vielleicht erst in einigen Jahren erschlossen werden. Oder in Regionen umziehen, die nicht besonders gefragt sind. Hier kauft man dann oft sehr günstig. Das machen private Käufer allerdings tendenziell nicht.
Wo sollte man Wohnimmobilien besser verkaufen, bevor die Preise fallen?
Görler: Wenn man eine abbezahlte Immobilie in einem Ballungsraum wie Berlin, Hamburg, Frankfurt, München, Düsseldorf, Stuttgart oder Köln länger als zehn Jahre besitzt, kann man die Vernunftentscheidung treffen, die Wohnung mit einem vermutlich hohen steuerfreien Gewinn zu verkaufen und sich eine Mietwohnung suchen.
Natürlich sind die Mieten dort auch hoch, aber wenn man auf der anderen Seite ein vernünftig strukturiertes Portfolio mit mehreren hunderttausend Euro aufbaut, kann einem das egal sein. Man ist dann wesentlich flexibler, kann sich mehr leisten und vielleicht früher in Rente gehen, oder zumindest die Arbeitszeit verkürzen.
Die meisten Menschen können sich aber zu so einer Entscheidung nicht überwinden und bewohnen ihr Wohnungseigentum so lange, bis es nicht mehr geht. Dann ist man häufig in einem Alter, in dem man mit dem Erlös nicht mehr so viel anfangen kann. Insbesondere Alleinstehende ohne Erben sollten daher rechtzeitig einen Verkauf anstreben, um mit dem Gegenwert die persönliche Flexibilität und Unabhängigkeit zu verbessern.
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