Behavioral Finance: Die Psycho-Tricks der Anleger-Gurus

Behavioral Finance: Die Psycho-Tricks der Anleger-Gurus


Guter Rat ist teuer. Kommt er von windigen Finanzprofis, kann er das komplette Ersparte kosten. Immer wieder gehen Anleger Scharlatanen auf den Leim – obwohl deren Methoden leicht zu durchschauen sind.

Sie prophezeien den Euro-Zerfall, den nächsten Mega-Crash oder locken Anleger mit der Aussicht auf exorbitante Gewinne ins Verderben. Dubiose “Experten”, die mit Gratis-Börsenbriefen und “1.000-Prozent-Tipps” Gutgläubige fangen wollen, gibt es massenhaft.

Dabei könnte schon der gesunde Menschverstand weiterhelfen: Was sollte Hellseher dazu veranlassen, todsichere Renditeraketen preiszugeben, statt zu schweigen und lieber selbst auf diese zu wetten? Doch bei der Aussicht auf Millionengewinne schaltet das Hirn bei vielen auf Durchzug.

Trick 1: Der “mexikanische Scharfschütze”

Eigenwillige Prognosemethoden zeichnen den wahren “Guru” aus. Zunächst gibt er viele Schüsse auf eine Wand ab – erst danach malt er eine Zielscheibe drumherum. Auf die Börse übertragen bedeutet das, dass man möglichst viele und möglichst widersprüchliche Prognosen abgibt und dann nach einiger Wartezeit diejenigen, die sich erfüllt haben, lautstark ins Schaufenster stellt. Die fehlgeschlagenen Prognosen kehrt man unter den Teppich. Wichtig: Bloß nicht zu bescheiden sein! Am besten ist es, seine vermeintlich hohe Treffergenauigkeit lautstark in die Welt hinauszuposaunen. Denn ohne eine gewisse mediale Präsenz funktioniert der nächste Trick nicht.

Trick 2: Der “Halo-Effekt”

Eine Erklärung für die Aufmerksamkeit der Massen, die den Gurus entgegenschlägt, entstammt der Psychologie. Die menschliche Neigung, von wenigen bekannten Eigenschaften und Talenten eines Individuums auf dessen kompletten Charakter zu schließen, nennt man wissenschaftlich “Halo-Effekt”. Übertragen auf die Investmentwelt: Hat ein Kommentator einmal ein wichtiges Ereignis korrekt vorhergesagt, mutmaßt das Publikum, er könne diesen Erfolg jederzeit wiederholen. Auf einem solchen “One Trick Pony”-Effekt beruhte beispielsweise die enorme Reputation der Goldman-Sachs-Marktstrategin Abby Cohen. Dass ein großartiger Prognoseerfolg eventuell zufällig zustande gekommen ist? Egal! Wer einmal Erfolg hatte, wird – erst recht unter kräftigem Zutun der Medien – zum Genie verklärt. Für achtsame Anleger bedeutet das: Die “Empfehlungshistorie” respektive die Treffergenauigkeit eines vermeintlichen “Experten” kritisch hinterfragen.

Trick 3: Die “kaputte Uhr”

Man muss die eigene Prognose nur lange genug wiederholen – beispielsweise, dass der amerikanische Leitindex Dow Jones auf 50.000 Punkte steigt oder auf 5.000 Punkte abstürzt, irgendwann wird man schon recht behalten – und kann sich dann feiern lassen – ganz nach dem Motto: “Auch eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig.”

Trick 4: Die “Nebelkerze”

Statt Punktvorhersagen für Indizes oder Aktienpreise abzugeben, üben sich zahlreiche Gurus auch in der hohen Kunst, die Nostradamus einst zur Perfektion entwickelte: Möglichst allgemein gehaltene Vorhersagen zu machen, im Stil von: “Die Schuldenkrise naht”, “Eine fatale Geldentwertung droht” oder “Der Crash kommt”. Irgendwo auf dem globalen Kapitalmarkt kracht irgendwas bestimmt irgendwann. Je ungefährer die Prognose, desto besser. So entsteht ein breiter Interpretationsspielraum für später, um aus einer vagen Vorhersage einen veritablen Prognoseerfolg zu zimmern.

Trick 5: Die “Selektion”

Eine besonders perfide Methode selbsternannter Anlageprofis geht so: Man verschickt 10.000 Exemplare des eigenen “Tipp-Dienstes”, aber in zwei grundverschiedenen Varianten. 5.000 Exemplare prophezeien im kommenden Jahr steigende Kurse, 5.000 fallende. Nach einem Jahr liegt man damit naturgemäß zu 50% richtig, und die 5.000 Adressaten, die in den Genuss der korrekten Prognose gekommen sind, erhalten nun einen weiteren Börsenbrief. Die eine Hälfte von ihnen wird darüber informiert, dass im kommenden Jahr die Kurse steigen werden, die anderen 2.500 schwört man auf fallende Kurse ein. Wieder ein Jahr später hat man zumindest 1.250 Anleger, denen man zwei Jahre hintereinander die korrekte Prognose gegeben hat – das sollte für den Kultstatus ausreichen.

Trick 6: Die “Rationalisierung”

Wenn gar nichts mehr geht: Wahren “Gurus” fällt immer noch was ein. Sie können sogar Niederlagen in Siege verwandeln. Die beste Ausrede: Man habe sich in der Zeit vertan. “Der große Crash kommt, aber eben erst nächstes Jahr.“

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Nur wenige Deutsche trauen sich, ihr Geld in Aktien anzulegen. Viele Anleger fragen sich, wie sie die “richtigen” Aktientitel und Fonds finden. Unterstützung bei der Erarbeitung und Umsetzung der passenden Anlagestrategie bieten unabhängige Vermögensverwalter. Doch wie findet man einen solchen Profi? Die Autoren des Buches “Einfach mehr Geld: Die geheimen Strategien der besten Vermögensverwalter Deutschlands” liefern Antworten auf diese Frage. Frank Donner und Hagen Lehmann sind quer durch den deutschsprachigen Raum gereist, haben unabhängige Vermögensverwalter besucht und nach ihren Anlagestrategien befragt. Heraus kam eine hochinteressante Sammlung von Interviews, aus denen vor allem deutlich wird, dass es oft weniger auf die Strategie ankommt als vor allem auf den Menschen dahinter. Auf die man sich auch dann verlassen kann, wenn an der Börse gerade nicht die Sonne scheint.

Trick 7: Der “Weltenretter”

Eine beliebte Spielart von Trick Nummer 6: Erst die Crash-Prognose des Gurus, so seine Verteidigung, habe dazu geführt, dass sich die Notenbanken, Regierungen und Anleger der Gefahr bewusst geworden seien und deswegen ihr Verhalten verändert haben – das habe den Crash dann verhindert.

Trick 8: Die “finsteren Mächte”

Oft bemühen Gurus diffuse Verschwörungstheorien – düster, aber hinreichend geheimnisvoll formuliert – als Grund dafür, dass die eigenen Anlageideen nicht aufgegangen sind. Soll heißen: “Meteoriten und Sonnenflecken können die beste Prognose zerstören.” Gerade diese Masche zeigt die Nähe der Börsengurus zu spirituellen Kollegen: Ob in Religion, Job, beim Sport oder beim Investieren – Menschen neigen dazu, einer charismatischen Stimme zu folgen. Bisweilen leider zum eigenen Schaden.

Unser Rat: Sie können getrost davon ausgehen, dass die sogenannten „Gurus“ auch nicht schlauer sind, als Ihr gesunder Menschenverstand, sondern einfach nur mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Statt blind irgendwelchen Börsentipps zu folgen, machte es mehr Sinn, einer festen Systematik zu folgen, statt immer wieder auf äußere Einflüsse und Einflüsterer zu reagieren. Nachrichten sind das kurzfristige Rauschen an der Börse, dass man besser ignoriert, um langfristig erfolgreich zu sein.

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