
Bitcoin und Co. - ein "Must-have" im Depot?
Manchmal treiben die Märkte seltsame Blüten und das sogar quasi im wörtlichen Sinne. Dann als eines der berühmtesten Beispiele gilt dafür die sogenannte „Tulpenmanie“ in Amsterdam und anderen holländischen Orten in den Jahren bis 1637. Seltene Blumenzwiebeln wurden da laut einigen Quellen plötzlich zu horrenden Preisen gehandelt. Für einzelne Tulpensorten wurden angeblich Angebote abgegeben, für die sich die Käufer alternativ gleich mehrere Wohnhäuser in den berühmten Amsterdamer Grachten hätten leisten können. Erinnert Sie das an etwas? Bitcoins waren im Jahr 2010 noch ein Produkt für computerverrückte Nerds, das für wenige Cent gehandelt wurde. Heute liegt der Wechselkurs bei über 110.000 Dollar und so manche Spezialisten überbieten sich mit weiteren Preisfantasien: 200.000 Dollar bis zum Jahresende, 1,5 Millionen Dollar in den nächsten Jahren und langfristig sei das Wachstumspotenzial quasi unbegrenzt und Kurse von bis zu 28 Million Dollar möglich. Aber welcher tatsächlicher Wert steht dahinter? Wahrscheinlich weniger als bei einer Blumenzwiebel, denn genau genommen werden hier nur Blockchaindatenpakete gehandelt, die eine Kauf- und Verkaufshistorie enthalten. Bei den Tulpen blieb am Ende wenigstens noch die Chance auf eine hübsche Pflanze. Also alles eindeutig Schrott und Anleger sollten von Kryptowährungen einfach die Finger lassen?
Interessant und riskant
Bei einem genauen Blick ist das nicht so einfach zu beantworten. Denn der Preis von Kryptowährungen definiert sich über Angebot und Nachfrage. Momentan trifft ein technologisch begrenztes Angebot auf eine steigende Nachfrage, insbesondere auch von immer mehr institutionellen Anlegern – das reicht von ETF-Anbietern bis sogar zu Zentralbanken. Auch ein amtierender US-Präsident, dessen Familie selbst mit einer eigenen Trump-Coin am Markt ist und der Kryptowährungen als Goldalternative für Zentralbankreserven ins Gespräch gebracht hat, könnte ein Preistreiber sein. Besteht also die Möglichkeit, dass die Preise für Bitcoin und Co. weiter steigen? Ja, dafür lassen sich einige Argumente finden. Trotzdem nutzen wir als Vermögensverwalter, der die Verantwortung für das Kapital unserer Kunden trägt, diese Option nicht. Warum eigentlich?
Alle Interessierten sollten sich darüber im Klaren sein: Der Wert eines Bitcoins oder einer seiner Klone hat keine wirklich dahinterstehende Substanz, die sich seriös, wie etwa die Maschinen oder Gebäude eines Unternehmens bei Aktien, bewerten lassen würde. Der Markt ist zudem weitestgehend unreguliert und es ist kein Naturgesetz, dass sich nicht irgendwann Staaten dazu genötigt fühlen, hier Spielregeln aufzustellen oder Zentralbanken mit einem eigenen Angebot für Konkurrenz sorgen. Auch der Gedanke, die Anonymität von Kryptowährungen könnte ein Vorteil sein, hat bereits einige Risse bekommen. Geschäfte mit virtuellen Coins müssen zum Beispiel den deutschen Finanzämtern lückenlos nachgewiesen werden, das stellte ein Schreiben aus dem Finanzministerium Anfang 2025 klar. Anleger sind hier noch nach Jahren in der Beweispflicht und können sie die Nachweise nicht liefern, kann die Behörde großzügig schätzen, was selten zum Vorteil der Steuerpflichtigen ausfallen dürfte. Nicht nur deswegen sollten sich alle, die auf weitere Gewinne bei Kryptowährungen spekulieren, darüber im Klaren sein: Bitcoin und Co. sind kein Freifahrtschein und ein Totalverlust ist jederzeit möglich.
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Steuerfallen bei Krypto-Investitionen? Das Interesse an Krypto-Assets steigt rasant – ebenso wie die aktuellen Kurse. Angesichts der Rally und der neuen Investment-Möglichkeiten wie die Blackrock ETFs ergeben sich neue Perspektiven für Anleger.Was hier aus dem steuerlichen Blickwinkel zu beachten ist, erklärt Rechtsanwalt Dr. Christopher Arendt, Geschäftsführer von Acconsis, im Interview mit Börsenmoderator Andreas Franik – aufgezeichnet auf dem Vermögenstag der V-Bank AG in München.
Wertbewahrende Alternativen
Wird es morgen, in der nächsten Woche oder im nächsten Jahr den großen Kryptocrash geben? Wahrscheinlich eher nicht und eine Beimischung kann sich unter einem reinen Gewinnmaximierungsaspekt durchaus lohnen. Wir als Vermögensverwalter setzen trotzdem lieber auf eine Mischung aus Aktien wachstums- und substanzstarker Unternehmen, auf Anleihen von soliden Schuldnern und auf klassische Edelmetalle wie Gold, das seit Jahrtausenden seine Werthaltigkeit bewiesen hat. Denn hier sehen wir ein gutes und ausgewogenes Verhältnis von Chancen und Risiken. Natürlich kann es auch hier zu Wertschwankungen kommen und wahrscheinlich werden diejenigen, die auf Kryptogewinne spekulieren noch öfter auf der nächsten Party von ihren enormen Zuwächsen berichten. Aber der Aufbau von Vermögen und das Bewahren von Werten über Jahrzehnte und Generationen ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf. Uns ist es wichtig, dass unsere Kunden auch in schwierigen Phasen an den Märkten – die es übrigens auch bereits mehrfach am Kryptomarkt gab – gelassen bleiben können. Es ist sehr selten, dass alle unsere unterschiedlichen Anlageklassen gleichzeitig leiden und ein Totalverlust ist denkbar unwahrscheinlich. Die Erfahrung lehrt uns, dass sich mit so einer ausgewogenen Mischung Vermögen langfristig bewahren und für die Zukunft positionieren lässt. Heißt das, dass wir das Thema Blockchaintechnologie und digitale Währungen als Investmentwerkzeug grundsätzlich ausschließen? Nein, wir haben das auf dem Schirm, beobachten die Entwicklung ganz genau und das kann sich in der Zukunft durchaus zu einem Thema für uns entwickeln. Aber wir würden auch nicht einfach anfangen, Blumenzwiebeln zu jedem Preis zu kaufen, nur weil das plötzlich „in“ ist. Das ist zumindest unsere Lehre aus der Geschichte und diese Erkenntnis ist auch nach über 400 Jahren sicher nicht veraltet.