
Globale Konflikte treiben Investitionen in die Verteidigungsindustrie
Regierungen rüsten auf, Bündnisse werden gestärkt, und Europa sieht sich in der Pflicht, seine Verteidigungsfähigkeit auszubauen. Diese Entwicklung rückt auch Investitionen in die Verteidigungsindustrie in den Fokus. Doch lohnen sich solche Anlagen? Welche Vehikel bieten sich an, und wie sehen Chancen und Risiken – kurz- und langfristig – aus? Eine Analyse der geopolitischen und finanziellen Lage.
Inhalt:
- Geopolitische Veränderungen und Aufrüstungsschub
- Anlagevehikel: Aktien, ETFs und Anleihen im Verteidigungssektor
- Kurzfristige vs. langfristige Strategien
- Chancen und Risiken für Anleger im Überblick
- Fazit
Geopolitische Veränderungen und Aufrüstungsschub
Russlands Invasion in die Ukraine im Februar 2022 markierte den Beginn einer neuen Rüstungsdynamik. Innerhalb von zwei Jahren haben die NATO-Staaten Europas und Kanada ihre Militärausgaben um beispiellose 18 % erhöht. 23 der 32 NATO-Länder erfüllen mittlerweile das Ziel, mindestens 2 % des BIP in Verteidigung zu investieren – ein dramatischer Anstieg gegenüber nur sechs Ländern im Jahr 2021. In Gesamt-NATO-Betrachtung stiegen die Ausgaben auf rund 2,71 % der Wirtschaftsleistung. Insbesondere Staaten an der Ostflanke wie Polen (über 4 % des BIP) haben ihre Budgets kräftig aufgestockt. Europa befindet sich im Aufrüstungsmodus: Deutschland etwa stellte ein Sondervermögen von 100 Mrd. € bereit, um jahrzehntelange Unterinvestitionen in seine Streitkräfte auszugleichen. Auch EU-weite Regeln werden gelockert – so schlug EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vor, Verteidigungsausgaben von den Defizitregeln auszunehmen. Politisch ist der Konsens klar: „Europa muss mehr für Verteidigung ausgeben“, betonte auch der britische Premierminister jüngst eindringlich.

2023 wurden global rund 2,4 Billionen US-Dollar für Rüstung ausgegeben – der höchste Wert aller Zeiten. Dies entspricht etwa 3 % der Weltwirtschaftsleistung und ist Ergebnis einer neun Jahre andauernden Aufwärtstrend bei den Rüstungsetats.
Doch nicht nur Europa rüstet auf. In den USA stützen beide politische Lager steigende Pentagon-Budget– 2023 gab Washington mit 916 Mrd. $ so viel für Verteidigung aus wie alle anderen NATO-Staaten zusammen China, die zweitgrößte Militärmacht, erhöhte 2023 seine Militärausgaben um weitere 6 % auf geschätzte 296 Mrd. $ – das 29. Jahr in Folge mit Zuwachs. Dieses Wettrüsten in Asien alarmiert die Nachbarn: Japan investierte 2023 rund 50 Mrd. $ in seine Streitkräfte (≈+11 %) verabschiedete den größten Rüstungshaushalt seiner Geschichte. Taiwan erhöhte sein Budget ähnlich stark um 11 % und erwägt, die Verteidigungsausgaben auf über 3 % des BIP anzuheben. Die anhaltenden Spannungen um Taiwan sowie Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer treiben eine regionale Aufrüstungsspirale an.
Im Nahen Osten haben jüngste Konflikte die Rüstungsnachfrage zusätzlich belebt. Der Krieg zwischen Israel und Hamas (ab Oktober 2023) sorgte weltweit für einen sprunghaften Mehrbedarf an Munition und Waffen.
So stiegen die Aufträge bei westlichen Rüstungskonzernen, um verbrauchtes Material zu ersetzen. An den Börsen führte der Krieg zu kurzfristigen Kursgewinnen: Aktien von US-Rüstungsgiganten wie Lockheed Martin und Northrop Grumman sprangen nach Ausbruch der Kämpfe um ~20 % nach oben . Diese Entwicklungen unterstreichen, wie eng geopolitische Krisen und Börsenperformance im Rüstungssektor verknüpft sind.
Insgesamt verschieben sich die globalen Machtverhältnisse hin zu einer konfrontativeren Ordnung. Militärische Stärke wird wieder als zentrales Machtkriterium gesehen, was Staaten zu Investitionen zwingt. Europa erkennt zugleich, dass es strategische Eigenständigkeit gewinnen muss, da die US-Politik (etwa mögliche Isolationstendenzen in Washington) ungewiss bleib. Für Anleger eröffnet diese neue Rüstungsrealität vielfältige Investitionsmöglichkeiten – von Aktien über ETFs bis zu Anleihen. Im Folgenden betrachten wir diese Vehikel näher, mit Blick auf aktuelle Marktdaten sowie kurz- und langfristige Perspektiven.
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Anlagevehikel: Aktien, ETFs und Anleihen im Verteidigungssektor
Aktien – Rüstungs- und Technologiekonzerne im Aufwind
Rüstungsaktien haben seit Kriegsbeginn in der Ukraine erheblich an Wert gewonnen. Viele westliche Wehrtechnikkonzerne verbuchen Rekordaufträge und steigende Kurse. Ein eindrückliches Beispiel ist Rheinmetall (Panzer- und Munitionshersteller aus Deutschland): Dessen Aktie ist seit der Invasion mehr als achtmal so hoch gestiegen. Zwischen Februar 2022 (≈96 €) und Anfang 2025 kletterte der Kurs zeitweise auf über 760 €. Auch andere europäische Rüstertitel verzeichnen beachtliche Rallys – so legten z.B. Saab (Schweden) und BAE Systems (UK) an einem einzigen Tag um ~10 % zu, als neue Verteidigungsausgaben angekündigt wurden. Insgesamt haben die großen europäischen Rüstungskonzerne ihren Börsenwert seit Kriegsbeginn mehr als. In den USA stiegen die Kurse ebenfalls: Lockheed Martin gewann innerhalb von 12 Monaten rund +20 %, RTX (Raytheon) sogar +47,5 % und General Dynamics +13 %. Kleinere Spezialisten für neue Militärtechnologien schossen teils noch stärker in die Höhe – etwa der Drohnenbauer AeroVironment, der über die letzten drei Jahre durchschnittlich ~33 % pro Jahr Rendite erzielte. Selbst der Angriff Russlands auf die Ukraine war für manche Aktien ein Booster: Am ersten Handelstag nach Kriegsbeginn sprangen Lockheed & Co. um zweistellige Prozentzahlen nach oben.
Hinter diesen Kursgewinnen stehen vollere Auftragsbücher und höhere Gewinnerwartungen. Regierungen vergeben milliardenschwere Rüstungsaufträge (von Panzern über Luftabwehr bis hin zu Munition) oft mit langfristigen Verträgen. Rheinmetall etwa erwartet 2025 einen dreimal so hohen Auftragseingang wie den Jahresumsatz – ein Indikator für anhaltendes Wachstum. Viele Rüstungskonzerne bedienen zudem den Technologiesektor: Sie entwickeln Raketenabwehr, Cybersecurity, Satellitensysteme oder künstliche Intelligenz für militärische Zwecke. Diese Diversifizierung in High-Tech-Bereiche erhöht ihre Wachstumschancen zusätzlich.
Aus Investorensicht attraktiv ist auch die Ertragsstabilität dieser Unternehmen. Rüstungsgeschäfte hängen weniger vom Konjunkturzyklus ab, sondern von Staatshaushalten – die in Krisenzeiten tendenziell eher erhöht werden. Oft zahlen Rüstungsfirmen überdurchschnittliche Dividenden dank berechenbarer Cashflows aus staatlichen Aufträgen. Die größten US-Wehrkonzerne haben Dividendenrenditen um 2–3 %, teils doppelt so hoch wie der Marktdurchschnitt. Zudem gelten sie als wertstabil: Während Tech-Aktien 2022 teils einbrachen, hielten sich Defense-Titel robust. Bewertungstechnisch sind viele Titel trotz Kurshöhenflug nicht extrem teuer – ihre Kurs-Gewinn-Verhältnisse liegen oft im Marktdurchschnitt oder darunter, was auf weiteres Aufwärtspotenzial hindeuten kann, sofern die Gewinne wie erwartet steigen.
Kurzum: Einzelaktien von führenden Rüstungs- und Technologiekonzernen bieten die Chance, an steigenden Rüstungsausgaben direkt zu partizipieren. Anleger können auf Branchenriesen setzen – von Lockheed Martin und Northrop Grumman in den USA bis Thales, Leonardo oder Hensoldt in Europa –, aber auch auf spezialisierte Nischenplayer (Drohnen, Cyberabwehr), die vom neuen Investitionsfokus profitieren. Natürlich besteht bei Einzeltiteln stets das Risiko von Unternehmensfehlentwicklungen (z.B. Projektverzögerungen oder Exportverboten), doch die breite staatliche Nachfrage stützt die Branche insgesamt erheblich.
ETFs – Diversifizierte Investments in Sicherheit und Verteidigung
Für Anleger, die nicht auf einzelne Firmen setzen wollen, bieten sich Exchange Traded Funds (ETFs) mit Schwerpunkt Rüstung/Sicherheit an. Solche Verteidigungs-ETFs bündeln Dutzende Branchenfirmen weltweit und ermöglichen eine breite Diversifikation. Beispiele sind der US-Indexfonds iShares U.S. Aerospace & Defense ETF (ITA) oder sein global ausgerichtetes Pendant iShares Global Aerospace & Defence UCITS ETF. Diese Fonds enthalten große Waffenhersteller, Luft- und Raumfahrtkonzerne, aber oft auch Cybersecurity- und Technologiefirmen aus dem Sicherheitsbereich. Damit spannen sie ein thematisches Portfolio über traditionelle Rüstungsaktien hinaus.
In den vergangenen Monaten verzeichneten Defense-ETFs spürbare Mittelzuflüsse, da Anleger angesichts weltweiter Krisen vermehrt Rüstungstitel als Hedge ins Depot. Geopolitische Risiken wie die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten haben vielen Investoren vor Augen geführt, dass Rüstungsaktien in unsicheren Zeiten stabile Erträge liefern können – ETFs bieten hier einen einfachen Zugangsweg. So ist das verwaltete Vermögen entsprechender Fonds seit 2022 deutlich gestiegen.
Die Performance der Verteidigungs-ETFs spiegelt den Branchenboom wider: Der angesprochene ITA-ETF etwa legte 2022 nach Kriegsbeginn kurzfristig zweistellig zu und erzielte 2023 eine Jahresrendite von rund +15 % (wenn auch etwas hinter dem breiten S&P 500 zurückbleibend). Europäische Verteidigungs-ETFs profitierten noch stärker von der lokalen Aufrüstungswelle – Branchenindizes für europäische Rüstungsaktien stiegen im Jahr 2024 auf neue Höchststände und konnten den Gesamtmarkt klar übertreffen. So haben die sieben größten europäischen Wehrtechnik-Aktien (zusammengefasst im MSCI Europe Aerospace & Defense Index) seit Oktober 2022 einen Gesamtanstieg von ~150 % erzielt, während der breite Markt weniger als die Hälfte davon schaffte. Solche Zahlen unterstreichen die starke Sektorentwicklung, die ETF-Investoren in vollem Umfang mitnehmen konnten.
Vorteil der ETFs: Man streut das Risiko über viele Unternehmen und Regionen. Einzelne Ausreißer (etwa ein geplatzter Großauftrag bei Firma X) fallen kaum ins Gewicht, solange der Sektor insgesamt wächst. Zudem sind ETFs liquide handelbar und verursachen geringe laufende Kosten. Anleger können so gezielt am Trend steigender Rüstungsausgaben partizipieren, ohne sich um die Auswahl einzelner Gewinner sorgen zu müssen. Allerdings sind ETFs naturgemäß marktbreit – extreme Überflieger wie den oben erwähnten Drohnenspezialisten bildet ein Index nur proportional ab. Wer gezielt solche Highflyer will, muss also doch auf Einzeltitel setzen. Für die meisten Investoren bieten ETFs aber einen sinnvollen, bequemen Einstieg in das Thema Sicherheit & Verteidigung.
Anleihen – Staats- und Unternehmensanleihen mit Verteidigungsbezug
Auch im Anleihebereich gibt es Anlagemöglichkeiten im Kontext Verteidigung. Zum einen finanzieren viele Staaten ihre aufgestockten Militärbudgets über die Emission neuer Staatsanleihen. Wer z.B. deutsche Bundesanleihen oder französische OATs kauft, investiert indirekt auch in erhöhte Verteidigungsausgaben dieser Länder – freilich ohne direkte Kopplung der Rendite an die Rüstung. Die Verzinsung orientiert sich hier an allgemeinen Marktbedingungen; aktuell rentieren 10-jährige Anleihen vieler europäischer Staaten zwischen 2–4 %. Staaten mit großer Aufrüstung (etwa osteuropäische Länder) bieten tendenziell etwas höhere Zinsen, allerdings auch leichte Bonitätsrisiken. Polen z.B. (Verteidigungsausgaben ~4 % vom BIP) zahlt für 10-jährige Bonds rund 5–6 %, deutlich mehr als Deutschland. Solche Investments sind vergleichsweise sicher, aber die direkte Gewinnpartizipation am Rüstungsboom ist begrenzt – es handelt sich primär um Zinserträge aus souveränen Emittenten.
Spannender können Unternehmensanleihen von Rüstungskonzernen sein. Große Player wie Lockheed Martin, RTX oder BAE Systems begeben regelmäßig Corporate Bonds, um Projekte vorzufinanzieren. Diese Anleihen sind oft Investment Grade gerated und bieten höhere Kupons als Staatsanleihen. Beispielsweise rentiert eine bis 2027 laufende Lockheed-Martin-Anleihe aktuell um 4,5 % . Anleger erhalten hier regelmäßige Zinszahlungen, während sie auf die finanzielle Solidität des Unternehmens vertrauen. Da die Kassen der Rüstungsfirmen durch staatliche Aufträge gut gefüllt sind, gelten deren Anleihen als relativ ausfallsicher. Für konservative Investoren, die vom Verteidigungstrend profitieren möchten, bieten sie eine Möglichkeit, stabile Erträge zu erzielen, ohne dem Auf und Ab der Aktienmärkte ausgesetzt zu sein. Allerdings bergen Unternehmensanleihen das übliche Bonitätsrisiko: Sollten Friedensentwicklungen die Auftragslage trüben oder das Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, könnten Anleihekurse leiden.
Eine Sonderform sind die in Kriegszeiten ausgegebenen „War Bonds“, die speziell der Militärfinanzierung dienen. Die Ukraine etwa emittiert seit 2022 sogenannte Kriegsanleihen, um ihre Verteidigung zu finanzieren. Diese werden hoch verzinst – in der Landeswährung Hrywnja mit 15–18 % jährlich in US-Dollar immerhin ~4–5 % – und von heimischen wie ausländischen Investoren gezeichnet. Solche Papiere sind allerdings extrem spekulativ: Sie lohnen nur, falls der Emittent den Krieg übersteht und seine Schulden bedienen kann. Im Fall Ukraine ist das eng mit externen Hilfen verknüpft. Für risikobereite Anleger könnten derart hohe Renditen attraktiv sein, doch das Default-Risiko (Staatsbankrott oder Umschuldung) ist real. Generell sollten War Bonds nur einen kleinen Beimischungsanteil ausmachen – als patriotisches Statement oder Wette auf den Wiederaufbau, nicht als Grundpfeiler einer Anlagestrategie.
Zusammenfassend bieten Anleihen im Verteidigungssektor vor allem planbare Zinseinnahmen. Sie sind sinnvoll für die Portfoliodiversifizierung und für Anleger, die auf Sicherheit bedacht sind. In der derzeitigen Lage steigen die Verschuldung und der Finanzierungsbedarf vieler Staaten wegen der Rüstungsprogramme – was Anleiheangebote erhöht. Trotzdem bleiben die Hebel auf Anlagerenditen hier begrenzter als bei Aktien, wo Gewinnsprünge einzelner Unternehmen voll durchschlagen können.
V-CHECK Webinar mit Prof. Dr. Eberhard Sandschneider und Dr. Christian Funke: Weltpolitik im Geldbeutel – Wie wirkt sich Geopolitik auf Ihr Erspartes 2025 aus?
Ob Ukraine-Krieg, Naher Osten oder die Spannungen zwischen China und den USA: Die Veränderungen in der Weltpolitik haben erhebliche Auswirkungen auf die Kapitalmärkte. Anleger und Anlegerinnen müssen daher die Geopolitik bei ihrer Strategie mitberücksichtigen. Daneben werden 2025 die Wende der Zinswende, Inflation und Rezession das Börsengeschehen bestimmen.
Kurzfristige vs. langfristige Strategien
Angesichts der unsicheren Weltlage stellt sich die Frage: Wie sollte man zeitlich in den Verteidigungssektor investieren? Eignen sich kurzfristige Trades rund um Krisen oder eher ein langfristiges Positionieren?
Kurzfristig neigen Rüstungswerte dazu, auf akute geopolitische Nachrichten heftig zu reagieren. Zu Kriegsbeginn oder bei Eskalationen verzeichnen Rüstungsaktien oft rasche Kursgewinne – siehe den Sprung von ~20 % bei US-Rüstungsriesen unmittelbar nach dem Hamas-Angriff auf Israel. Spekulativ orientierte Trader können solche Event-getriebenen Rallys nutzen. Beispielsweise könnte man bei sich abzeichnenden Konflikten vermehrt in Rüstungsaktien oder entsprechende gehebelte ETFs investieren, um kurzfristig überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Allerdings ist das Timing riskant: Friedenshoffnungen oder Waffenruhen können ebenso plötzlich für Kursrücksetzer sorgen. Wer etwa Anfang 2022 unmittelbar nach Invasionsbeginn ukrainische und russische Friedenverhandlungen erwartet hätte und auf fallende Kurse gewettet hätte, wurde eines Besseren belehrt – die Rüstungsaktien stiegen trotz gelegentlicher Diplomatie-Schlagzeilen weiter, da die strukturelle Aufrüstung blieb. Kurzfristig drohen zudem politische Entscheidungen (Exportstopps, Stornierungen von Rüstungsprojekten) oder auch nur Gewinnmitnahmen nach starken Läufen. Eine Volatilitätsstrategie – z.B. mittels Optionsscheinen auf Defense-Indizes – kann in solchen Phasen lohnend, aber hochriskant sein. Insgesamt gilt: Kurzfristig auf Krieg zu wetten ist spekulativ und erfordert eine genaue Beobachtung der Nachrichtenlage. Nur erfahrene Anleger sollten sich an Trading im Rüstungssektor versuchen, zumal ethische Aspekte hier eine Rolle spielen können.
Langfristig präsentiert sich die Verteidigungsindustrie für Anleger deutlich überschaubarer und planbarer. Viele Experten gehen davon aus, dass wir vor einer dauerhaft höheren Sicherheitsausgaben-Ära stehen. Laut einer Citi-Analyse dürften die weltweiten Militäretats auf Jahre hinaus auf hohem Niveau verbleiben– selbst wenn akute Kriege enden, bleibt das Misstrauen zwischen Großmächten bestehen. In Europa spricht man vom „Zeitenwende“-Effekt: Nach Jahrzehnten des Friedensdividenden-Denkens will man nun nachhaltig in Wehrhaftigkeit investieren. Diese strukturelle Neubewertung bedeutet, dass Rüstungsfirmen langfristig volle Auftragsbücher haben könnten – von der Wartung und Modernisierung bestehender Systeme bis zur Entwicklung neuer Technologien (Drohnen, Hyperschallwaffen, KI-gesteuerte Verteidigungssysteme). Langfristige Anleger können also darauf setzen, dass Rüstungskonzerne über Jahre stabile Umsatzzuwächse und Gewinne erzielen. Gerade etablierte Unternehmen mit breitem Produktportfolio könnten kontinuierlich profitieren. Eine Buy-and-Hold-Strategie in diesem Sektor – ob via Einzelaktien oder ETFs – könnte so ein solides Wachstumspaket im Portfolio darstellen, ergänzt um regelmäßige Dividendenzahlungen.
Natürlich existieren auch langfristige Risiken: Sollte es in einigen Jahren zu einer Entspannung der geopolitischen Lage kommen (z.B. durch einen umfassenden Friedensschluss in der Ukraine oder Entspannung zwischen USA und China), könnten Verteidigungsetats wieder gekürzt werden. Nach dem Kalten Krieg in den 1990ern erlebte die Branche so einen Abschwung. Auch heute wäre ein „Friedensszenario“ denkbar, etwa wenn neue Verträge Rüstungsgrenzen setzen. Zudem bleibt der Sektor politisch exponiert – ein Regierungswechsel (etwa ein künftiger US-Präsident mit isolationistischer Agenda) könnte Aufträge streichen oder Exporte untersagen. Technologischer Wandel birgt ebenso Chancen wie Risiken: Wer auf die falsche Technologie setzt (beispielsweise konventionelle Panzer in einer Ära drohnenbasierter Kriegsführung), könnte langfristig Marktanteile verlieren. Dennoch erscheinen viele Rüstungsfirmen flexibel und innovativ genug, um sich anzupassen – zumal sie eng mit staatlicher Forschungsförderung verzahnt sind.
In Summe dürften langfristig orientierte Anleger belohnt werden, die auf den Megatrend Sicherheit setzen, gleichzeitig aber wachsam gegenüber politischen Wendepunkten bleiben. Ein gestaffelter Einstieg (Cost-Average-Effekt) kann sinnvoll sein, um Kursschwankungen zu glätten. Ebenso empfiehlt es sich, die Anlage regelmäßig zu überprüfen: Sollte etwa in einigen Jahren ein Abrüstungsabkommen absehbar sein, kann eine Reduktion der Position ratsam sein. Bis dahin jedoch spricht vieles dafür, dass die Verteidigungsbranche ein Wachstumssektor bleibt, der einen Platz in einer langfristigen Anlagestrategie verdienen kann.
Chancen und Risiken für Anleger im Überblick
Abschließend sollen die wichtigsten Chancen und Risiken einer Investition in die Verteidigungsindustrie zusammengefasst gegenübergestellt werden:
Chancen
- Nachhaltiger Nachfrageschub: Weltweit steigende Verteidigungsbudgets sichern den Rüstungsfirmen auf Jahre hinaus volle Auftragsbücher und Umsatzwachstum
- Staatliche Abnahmegarantien: Als Kunden stehen solvente Staaten hinter den Verträgen – Zahlungsausfälle sind unwahrscheinlich, Aufträge oft langfristig geplant.
- Unabhängig von Konjunktur: Die Branche ist relativ konjunkturresistent und weniger von Privatkonsum abhängig. Sicherheitsbedürfnis besteht auch in Rezessionen.
- Attraktive Renditen: Aktien in diesem Sektor haben zuletzt den breiten Markt outperformt (europäische Rüstungswerte +150 % seit 2022). Viele zahlen überdurchschnittliche Dividenden (z.B. Lockheed ~2,3 % p.a.).
- Diversifikation und Hedge: Rüstungsinvestments können das Portfolio gegen geopolitische Schocks absichern – oft steigen sie, wenn andere Sektoren wegen Krisen fallen.
- Technologie-Impuls: Investitionen in Verteidigung fließen verstärkt in Zukunftstechnologien (Raumfahrt, KI, Cyberabwehr). Davon profitieren Tech-Firmen im Rüstungssektor, was zusätzliches Wachstumspotenzial bietet.
- Bewertung noch moderat: Trotz Kursanstiegen sind viele Unternehmen nicht überteuert bewertet (KGVs nahe Marktschnitt) d.h. es besteht Luft nach oben, wenn Gewinnprognosen wahr werden.
Risiken
- Politische Entspannung: Unerwartete Friedensabkommen oder Deeskalation größerer Konflikte könnten Rüstungsprojekte obsolet machen und die Etatdynamik bremsen – Kursrückschläge wären die Folge.
- Regulatorische Eingriffe: Regierungen könnten Exportrestriktionen verschärfen (z.B. Verbot des Waffenexports in bestimmte Regionen), was Geschäftschancen schmälert. Auch Gewinnbeschränkungen bei Rüstungsverkäufen sind denkbar, falls die öffentliche Meinung kippt.
- ESG und Ethik: Investitionen in Rüstung gelten manchen Anlegern als moralisch fragwürdig. Zunehmende ESG-Kriterien können dazu führen, dass große Fonds diese Branche meiden, was auf die Bewertung drücken könnte.
- Abhängigkeit von Staatshaushalten: Extreme Verschuldung oder Prioritätenwechsel (z.B. wieder mehr Sozialausgaben statt Rüstung) könnten in Zukunft selbst bei Bedrohungslage die Ausgaben begrenzen. Etwaige Wechsel in der US-Politik (Isolationismus) wären besonders spürbar für westliche Firmen.
- Technologische Disruption: Setzt ein Unternehmen auf die falschen militärischen Technologien, kann es an Relevanz verlieren. Der Wettlauf um Rüstungsinnovationen ist intensiv – Firmen müssen ständig investieren, was Kapital bindet und Fehlschläge riskant macht.
- Makroökonomische Faktoren: Steigende Zinsen verteuern Rüstungsvorhaben (Kreditkosten für Staaten und Unternehmen steigen). Hohe Inflation frisst reale Budgetzuwächse auf. Dies könnte mittelbar die Profitabilität begrenzen, wenn auch meist mit Verzögerung.
- Extremszenarien: In einem sehr großen Konflikt (etwa NATO-Russland) könnten zwar Rüstungsgewinne explodieren, doch zugleich ganze Lieferketten gestört werden oder im schlimmsten Fall die Gesamtmärkte einbrechen. Solche Tail Risks betreffen zwar alle Assets, aber sie zu bedenken ist wichtig – Rüstungsaktien sind keine risikofreie Einbahnstraße.
Fazit
Die aktuellen geopolitischen Veränderungen haben der Verteidigungsindustrie eine neue Bedeutung beschert – sicherheitspolitisch wie finanziell. Für Anleger eröffnet sich ein Sektor, der jahrzehntelang eher ein Nischendasein fristete, nun aber durch hohe staatliche Ausgaben und globalen Spannungen strukturellen Rückenwind erhält. Investitionen in Rüstungsaktien, spezialisierte ETFs oder Anleihen können attraktive Renditechancen bieten, doch sie erfordern auch ein wachsames Auge auf die politische Großwetterlage. Europas Aufrüstung, der strategische Wettbewerb zwischen den USA und China und anhaltende Konflikte wie in der Ukraine schaffen ein Umfeld, in dem die Nachfrage nach Sicherheit weiter wächst. Gleichzeitig bleibt die Hoffnung, dass Diplomatie und Entspannung eines Tages wieder Oberhand gewinnen – was für die Welt wünschenswert, für Rüstungsinvestoren aber ein Dämpfer wäre. Letztlich gilt es, Chancen und Risiken abzuwägen. Ein Engagement in die Verteidigungsindustrie kann als Beimischung sinnvoll sein, um vom Megatrend Sicherheit zu profitieren. Kurzfristig bieten sich spekulative Möglichkeiten rund um Krisenevents, langfristig lockt ein relativ stabiler Wachstumssektor mit soliden Dividenden. Entscheidend ist, dass Investoren ihre Strategie klar definieren und ethische Implikationen bedenken. So vorbereitet, lässt sich dieser ehemals „unscheinbare“ Sektor erfolgreich ins Portfolio einbauen – in einer Welt, in der Sicherheit leider wieder zu einem der dominierenden Investitionstreiber geworden ist.
Name | Produktart | ISIN | WKN | Performance 1 Jahr | Performance 3 Jahre | Performance 10 Jahre |
---|---|---|---|---|---|---|
Lockheed Martin Corp. | Aktie | US5398301094 | 894648 | +5,00 % | +45,23 % | +210,15 % |
Northrop Grumman Corp. | Aktie | US6668071029 | 851915 | +4,00 % | +50,47 % | +198,67 % |
BAE Systems plc | Aktie | GB0002634946 | 866131 | +12,03 % | +30,12 % | +150,89 % |
Leonardo S.p.A. | Aktie | IT0003856405 | 897226 | +10,95 % | +25,78 % | +95,34 % |
Rheinmetall AG | Aktie | DE0007030009 | 703000 | +12,56 % | +210 % | +2.123,5 % |
Hensoldt AG | Aktie | DE000HAG0005 | HAG000 | +15,00 % | +65,00 % | — |
Kongsberg Gruppen ASA | Aktie | NO0003043309 | 861826 | +10,00 % | +55,23 % | +180,47 % |
VanEck Defense UCITS ETF | ETF | IE000YYE6WK5 | A3D9M1 | +15,00 % | +55,01 % | — |
HANetf Future of Defence UCITS ETF | ETF | IE000J5TQP4 | A3EB9T | +12,00 % | +42,71 % | — |
iShares Global Aerospace & Defense UCITS ETF USD (Acc) | ETF | IE000U9ODG19 | A3E1JS | +10,00 % | — | — |
Global X Defence Tech UCITS ETF USD Accumulating | ETF | IE000JCW3DZ3 | A40E7A | +8,00 % | — | — |
Invesco Defence Innovation UCITS ETF Acc | ETF | IE000BRM9046 | A40J95 | +9,00 % | — | — |
First Trust Indxx Aerospace & Defense ETF | ETF | US33738R5063 | A40EUC | +7,00 % | — | — |
WM AKTIEN GLOBAL UI-FONDS Anteilklasse B | Fonds | DE0009790758 | 979075 | +5,00 % | +35,00 % | 120 |
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