
Diversifikation – das Gebot der Stunde
Wer alle Ostereier in einen Korb legt, der könnte am Ende alles verlieren. Ein falscher Ruck, und alle Eier sind kaputt. So ähnlich ist es auch an der Börse. Wer alles auf eine Karte setzt, etwa auf ein Land, eine Branche oder gar nur die Aktien eines Unternehmens, investiert riskant. Diversifikation, also die Streuung des Kapitals über Länder, Regionen und Branchen hinweg, ist für den langfristigen Vermögensaufbau unerlässlich. Wie erfolgreich, das zeigen auch die jüngsten Entwicklungen am Aktienmarkt. Über eine ganze Zeit liefen amerikanische Aktien deutlich besser als europäische. Allein im Zeitraum März 2020, dem Korrekturtief der Corona-geschuldeten Einbruchs am Aktienmarkt, bis heute legte etwa der US-Index S&P 500 um über 80 Prozent zu, während der europäische EuroStoxx 50 nur auf ein Plus von etwa 50 Prozent kommt. Und auch der DAX kann hier nicht punkten. Er schafft es im angegebenen Zeitraum auf einen Zuwachs von 60 Prozent; wobei man hier noch beachten muss, dass es sich bei dem DAX um einen Performanceindex handelt, bei dem etwa Dividenden berücksichtigt werden, was beim S&P 500 nicht der Fall ist. Nimmt man den DAX Kursindex, schneidet dieser mit einem Zuwachs von 40 Prozent sogar noch schlechter als der EuroStoxx 50 ab.
Europas Aktien sind günstig
Doch das Bild ändert sich. Aus Gewinnern werden Verlierer – und andersherum. So laufen seit Jahresbeginn 2024 europäische Aktien auf einmal besser als amerikanische. Der EuroStoxx 50 übertrifft den S&P 500 seit Anfang Januar um rund zwei und den Dow Jones Index um rund acht Prozentpunkte. Die Outperformance ist noch nicht extrem und kann sich wieder ändern, aber die Bewegungen sind dennoch beachtenswert. Was ist passiert? Das Europas Aktien auf einmal auftrumpfen, hat viel mit ihrer vorherigen Underperformance zu tun. Unter dem Strich sind europäische Aktien günstiger bewertet als ihre amerikanische Konkurrenz. Der S&P 500 weist ein aktuelles Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 26 auf, der Euroraum-Index hat nur ein KGV von 15. Das heißt: US-amerikanische Aktien sind im Schnitt mit dem 26-fachen ihres Gewinns bewertet, europäische nur mit dem 15-fachen. Das ist ein eklatanter Unterschied, der auf Dauer nur schwer zu rechtfertigen ist.
Erste Zinssenkung durch die EZB
Zudem: Amerikas Wirtschaft läuft derzeit zwar besser als die europäische, sie könnte aber vor einer langsamen Abkühlung stehen. Das ist sogar von der US-Notenbank Fed so gewollt, denn sie peilt ein „soft landing“ an, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Soft landing heißt, das Wirtschaftswachstum wird langsam heruntergefahren, ohne in eine Rezession zu münden. Diesen Schritt hat Europa quasi schon hinter sich. Hier hat das soft landing nicht funktioniert, Europas Wirtschaft ist deutlich unter Druck gekommen. Dazu haben unter anderem die extremen Sprünge bei der Energieversorgung beigetragen. Die hohen Preise für Strom, Gas und Öl haben vielen Unternehmen arg zugesetzt. Das war in diesen Ausmaßen in den USA nicht der Fall. Und weil das so ist, steht Europas Wirtschaft nun sozusagen auf einem anderen Level als die amerikanische.
Während man in den USA die Wirtschaft herunterkühlt und Zinssenkungen erst ein Thema sein werden, wenn die Wirtschaft stärker schwächelt, könnte die europäische Zentralbank EZB schon bald einen Zinsschritt nach unten durchführen, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Was in den USA überhaupt nicht eilt, wird in Europa sehnsüchtig erwartet. Ob die kommen wird, ist natürlich nicht sicher. In der Regel läuft die EZB im Windschatten der amerikanischen Geldpolitik. Ein Ausscheren erfordert Mut. Ob die EZB den aufbringt?
V-CHECK Video: Diversifikation: Der Schlüssel zu einem krisensicheren Portfolio
Eine erfolgreiche Anlagestrategie basiert auf gezielter Diversifikation. Doch wie findet man die richtige Balance zwischen verschiedenen Anlageklassen, Branchen und Regionen? Dr. Markus C. Zschaber ist Gründer und Geschäftsführer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH. Er erläutert, wie ein gut strukturiertes Portfolio helfen kann, Risiken zu mindern und Chancen zu nutzen.
Diversifikation gegen den Stimmungswechsel
Aber genau das ist derzeit die Fantasie am Markt, die auch den europäischen Aktien seit Jahresanfang geholfen hat. Während in den USA unter den Anlegern eher die Stimmung vorherrscht, dass zwar möglicherweise noch in diesem Jahr die Zinsen fallen werden, es aber noch bis 2025 dauern kann, bis es soweit ist, keimt in Europa die Hoffnung, dass die EZB diesmal schneller handelt als die Fed. Das treibt den Markt an und lässt die Aktienkurse steigen. Im EuroStoxx 50, aber auch im DAX. So ein Stimmungswechsel von amerikanischen hin zu europäischen Aktien – und eines Tages sicherlich auch wieder zurück – lässt sich von einem Anleger nicht vorhersagen.
Im Grunde genommen gibt es für eine Stimmungswechsel nur ein „Allheilmittel“, und das heißt Diversifikation. Wer gleichzeitig im europäischen und im amerikanischen Aktienmarkt investiert ist, läuft eben nicht Gefahr, einen Trendwechsel zu verpassen. Vielleicht vergleichbar mit einem Schirmverkäufer, der nicht nur Regenschirme führt, sondern auch Sonnenschirme. Er kann sich über jedes Wetter freuen.
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