
Immobilien lassen sich steuerfrei vererben
Inhalt:
- Immobilien steuerfrei Vererben
- Interview mit Samir Zakaria: Nießbrauch spart nicht nur bei Immobilien Steuern
- Die aktuellen Freibeträge und Steuersätze für Erbschafts- und Schenkungssteuer
Viele Erben freuen sich zunächst über die geerbte Wohnung in einem beliebten Stadtteil in München, Stuttgart oder Berlin. Spätestens, wenn das Finanzamt dann an die Erbschaftsteuer erinnert, kommt der Schreck. Das Haus oder die Wohnung ist zwar viel wert, für die Steuer fehlt aber das Geld. Liegt der Wert der Erbschaft inklusive der Immobilie über den Freibeträgen von 500.000 Euro für Ehegatten und Lebenspartner und 400.000 Euro für Kinder, müssen Erben seit diesem Jahr sogar mit einer deutlich höheren Erbschaftschafsteuer rechnen, weiß Samir Zakaria, Immobilienexperte und Vermögensverwalter bei der Hansen & Heinrich AG. Die Bundesregierung hatte eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, dass 2006 ein neues Berechnungsverfahren forderte. Seitdem muss der tatsächliche Wert einer Immobilie versteuert werden. Zuvor wurde ein deutlich niedrigerer sogenannter Einheitswert angenommen. „Nachdem die Preise in den letzten Jahren so stark gestiegen sind, dürften einige Immobilienwerte über den Freibeträgen liegen, vor allem in den Großstädten“, meint Zakaria.

Um die anfallende Erbschaftsteuer zu bezahlen, haben viele Erben Angst, dass sie ihr Elternhaus oder die geerbte Wohnung verkaufen müssen. Gerade in der jetzigen Zeit mit fast flächendeckend fallenden Immobilienpreisen kein gutes Geschäft.
„Da ist viel Panikmache dabei“, meint Carmen Bandt von der Kidron Vermögensverwaltung in Stuttgart. Ein Zwangsverkauf sei in vielen Fällen überhaupt nicht notwendig.
„Wenn die Wohnung oder das Haus abbezahlt ist, kann man für die Erbschaftssteuer einen Kredit aufnehmen. Als Sicherheit dient die Immobilie“, sagt Bandt. Bei vermieteten Objekten lässt sich der Kredit mit den Mieteinnahmen zurückzahlen. Sind noch Schulden auf dem Haus, müssen diese ohnehin vom Immobilienwert abgezogen werden. Dann rutscht man vielleicht wieder unter den Freibetrag.
Eine zweite Möglichkeit ist das Gespräch mit dem Finanzamt. „Wenn ein vermietetes Haus oder eine Mietwohnung verkauft werden müsste, damit der Erbe die Steuer bezahlen kann, kann das Finanzamt die Zahlung zinslos für bis zu zehn Jahre stunden“, erklärt Bandt. Das gleiche gelte, wenn der Erbe das elterliche Haus oder die Wohnung selbst bewohnt. Bei diesem sogenannten Familienheimprivileg fällt keine Erbschaftssteuer an, wenn nach dem Erbfall der Ehepartner oder eines der Kinder innerhalb von sechs Monaten in die geerbte Immobilie einzieht. Außerdem müssen sie mindestens zehn Jahre darin wohnen bleiben und das Elternhaus darf nicht mehr als 200 Quadratmeter Wohnfläche haben. Doch selbst dann wird es günstiger. Versteuert wird nur, was über diese Fläche hinausgeht. „Das ist vor allem für diejenigen gedacht, die das Elternhaus übernehmen wollen“, begründet Bandt die Ausnahme.
Auch wenn die Erbschaftsteuer die Erben finanziell überfordern würde, kann das Finanzamt die Steuer auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. „Auf jeden Fall sollte man in so einem Fall mit den Behörden und einem Steuerberater oder Anwalt sprechen“, empfiehlt Bandt.
„Eine weitere Möglichkeit ist es, die Immobilie rechtzeitig an die Kinder zu verschenken“, ergänzt Zakaria. Das sollte schrittweise erfolgen, denn „nach zehn Jahren kann der Steuerfreibetrag erneut eingesetzt werden. Daher ist eine frühzeitige Übertragung sinnvoll, wenn deren Wert deutlich über den Schenkungsfreibeträgen liegt“, sagt Zakaria. Wer frühzeitig anfängt, kann so auch teure Immobilien steuerfrei übertragen. Dabei lassen sich die Eigentümer, meist die Eltern, ein Nießbrauchrecht einräumen. Sie können dann lebenslang in der Immobilie wohnen bleiben.
„Die Schenkung sollte immer ein Anwalt ausarbeiten“, rät Zakaria. Dann ließen sich auch Einzelheiten wie ein Rückfallrecht, ein Verkaufsverbot oder die Vermietung der Immobilie, etwa dass bei einem Umzug in ein Seniorenheim der Schenker weiter die Mieteinnahmen bekommt, regeln. Zudem mindert der Nießbrauch den Wert der Immobilie und damit die Schenkungsteuer.
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Interview mit Samir Zakaria: Nießbrauch spart nicht nur bei Immobilien Steuern

Nießbrauch ist ein bekanntes Modell, um Erbschaftssteuer bei Immobilien zu sparen. Dass sich dieses Prinzip auf andere Vermögensarten wie Aktien anwenden lässt, ist weniger bekannt.
Herr Zakaria: Nießbrauch bei Immobilien ist ein beliebtes Modell, um Steuern zu sparen. Was ist das genau?
Samir Zakaria: Die Grundidee beim Nießbrauch ist, dass die Substanz des Eigentums nach und nach an die nächste Generation weitergegeben wird. Dabei können die Steuerfreibeträge alle zehn Jahre komplett ausgenutzt werden. Der Schenkende bekommt aber in der Regel ein lebenslanges Wohnrecht oder die Erträge, etwa die Mieteinnahmen.
Geht das nur bei Immobilien?
Zakaria: Da ist es besonders beliebt. Es funktioniert aber nicht nur bei Immobilien. Tatsächlich kann der Nießbrauch auch für Wertpapierdepots genutzt werden. Das heißt Aktien, Fonds und Anleihen werden verschenkt, aber die Erträge wie Dividenden, Ausschüttungen und Zinsen stehen weiter dem Schenkenden zu. Allerdings ist das Nießbrauchdepot im Gegensatz zum Immobiliennießbrauch noch nicht weit verbreitet.
Welche Vorteile hat so ein Wertpapiernießbrauch?
Zakaria: Da ist zunächst die Senkung oder der komplette Entfall der Erbschaftsteuer, wenn der Wert des Depots über dem jeweiligen Freibetrag des Beschenkten liegt. Denn der sogenannte Nießbrauchvorbehalts verringert den Wert des Depots, weil der Beschenkte nicht einfach darüber verfügen kann. Das führt letztlich dazu, dass größere Vermögenswerte ohne Steuerabzug übertragen werden können. Die Ersparnis ist umso größer, wenn der Schenkende noch eine hohe Lebenserwartung hat.
Wie viel kann denn übertragen werden, damit keine Steuern anfallen?
Zakaria: Bei Nichten und Neffen beträgt der Schenkungsfreibetrag zum Beispiel nur 20.000 Euro. Ein Ehepaar kann daher an diese nur 40.000 Euro steuerfrei übertragen. Bei einem Nießbrauchdepot kann je nach Alter der Nießbraucher und der Depotrendite das schenkungssteuerfrei übertragbare Depot durchaus die doppelte nominale Höhe haben. Daher sind Nießbrauchdepots schon so ab 60.000 Euro Vermögen empfehlenswert.
Wie sicher ist das? Kann der Beschenkte mit dem Depot machen, was er will – also alle Aktien verkaufen?
Zakaria. Nein, das geht nicht. Der Beschenkte kann nicht einfach alles verkaufen oder das Depot in hochriskante Investments umschichten. Der Schenkende behält in der Regel zu Lebzeiten die Kontrolle. Entnahmen sind nur mit seiner Zustimmung möglich. Außerdem hat er ein Mitspracherecht bei der Umschichtung und bei Anlageentscheidungen.
Wie sollte so ein Depot aussehen, damit beide etwas davon haben?
Zakaria: Der Beschenkte profitiert von den zukünftigen Wertsteigerungen. Daher sollte ein solches Depot breit gestreut sein. Der Schenkende bekommt ein Leben lang die Erträge aus dem Wertpapierdepot. Darum empfehlen wir, möglichst ausschüttende Wertpapiere in das Depot zu nehmen.
Lohnt sich das für den Schenkenden?
Zakaria: Der Nießbrauch am Depot umfasst sämtliche Dividenden, Zinsen und Veräußerungsgewinne, die im Nießbrauchdepot erzielt werden. Daher ist die Höhe der Erträge abhängig von der Zusammensetzung. Eine Rendite von vier Prozent erscheint aber nicht unwahrscheinlich.
Lässt sich so eine Schenkung auch wieder rückgängig machen?
Zakaria: Das geht, wenn etwa der Schenker in finanzielle Not gerät. Dafür ist eine vertragliche Regelung von Rückfallklauseln in einem Schenkungsvertrag empfehlenswert. Zur genauen Ausgestaltung sollten ein Fachanwalt und ein Steuerberater hinzugezogen werden.
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Die aktuellen Freibeträge und Steuersätze für Erbschafts- und Schenkungssteuer
Steuerklasse | Freibeträge | |
Ehegatten/Lebenspartner | I | 500.000 € |
Kinder | I | 400.000 € |
Enkel | I | 200.000 € |
Eltern, Großeltern, Urenkel | I | 100.000 € |
Nichten/Neffen, Geschwister, geschiedene Eheleute | II | 20.000 € |
Andere Personen | III | 20.000 € |
Steuersätze:
Erbschaft bis | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
75.000 Euro | 7 % | 15 % | 30 % |
300.000 Euro | 11 % | 20 % | 30 % |
600.000 Euro | 15 % | 25 % | 30 % |
6.000.000 Euro | 19 % | 30 % | 30 % |
13.000.000 Euro | 23 % | 35 % | 50 % |
26.000.000 Euro | 27 % | 40 % | 50 % |
mehr als 26.000.000 Euro | 30 % | 43 % | 50 % |
Steuerklasse II: Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, geschiedene Ehegatten
Steuerklasse III: alle anderen Angehörigen
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