Anlagestrategie und Steuern: Ein gut ausbalanciertes Portfolio ist wichtiger als die Steuerersparnis

Anlagestrategie und Steuern: Ein gut ausbalanciertes Portfolio ist wichtiger als die Steuerersparnis


2022 hat für Anleger anspruchsvoll begonnen: Nach einem wackligen Start Jahresanfang lastet jetzt der Krieg Russlands mit der Ukraine auf den Finanzmärkten. Bei vielen Anlegern in diesen Tagen flattern die Jahressteuerbescheinigungen 2021 der Banken ins Haus. Manche Anleger fragen sich: Ist es sinnvoll, Verlustpositionen zu veräußern – und welche Konsequenzen hätte das steuerlich? Diese und weitere Fragen beantwortet die Stuttgarter Vermögensverwalterin Carmen Bandt im Interview.
Carmen Bandt Kidron
Carmen Bandt ist Vermögensverwalterin bei der Kidron Vermögensverwaltung GmbH in Stuttgart

Frau Bandt, die Deutschen gelten als Anleger, die fast reflexartig auf das Thema „Steuern sparen“ anspringen. Können Sie das aus Ihrer Praxis als Vermögensverwalterin bestätigen?

Carmen Bandt: Nun ja, im Vergleich zu früher hat das schon etwas nachgelassen. Das hat damit zu tun, dass durch die Abgeltungssteuer vieles vereinheitlicht wurde. Gleichwohl gibt es für Gold, Immobilien und anderes weiterhin Spekulationsfristen – und damit die Möglichkeit, solche Gewinne irgendwann steuerfrei zu vereinnahmen.

Erkennen Sie Muster, wenn Sie in die bestehenden Depots von Neukunden blicken?

Bandt: In etlichen Depots finden sich Positionen, die vor Längerem gekauft wurden und in den roten Zahlen stehen. Ich glaube, viele Anleger scheuen sich, solche Bestände zu verkaufen, weil sie sich dann ihren Irrtum eingestehen müssten. Es gibt aber auch Investoren, die glauben, dass sich Verluste steuerlich zu ihren Gunsten auswirken.

Das stimmt nicht?

Bandt: Korrekt ist, dass Verluste aus Geschäften mit Aktien, Anleihen sowie Fonds und ETF die Steuerlast mindern. Dies ist seit der Einführung der Abgeltungssteuer aber nur dann so, wenn es Erträge aus solchen Geschäften gibt, mit denen sich die Verluste verrechnen lassen. Es ist jedoch nicht sinnvoll, dauerhaft Vermögen in aussichtslosen Anlagen zu binden, nur um damit die Steuerlast zu senken.

Was lässt sich da besser machen?

Bandt: Wichtiger als das Steuerthema ist ein vernünftig strukturiertes und gut ausbalanciertes Portfolio. Dabei müssen Rendite und Risiko passend zu den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten des Anlegers in ein gutes Verhältnis gebracht werden. Wenn man durch eine kluge Allokation des Vermögens auf Dauer attraktive Renditen bei vertretbarem Risiko erzielt, zahle zumindest ich die Abgeltungssteuer gerne. Mit maximal 28 Prozent fällt sie nicht allzu hoch aus.

Auf was ist bei Rendite und Risiko zu achten?

Bandt: Neben der Höhe der Rendite zählt vor allem, dass sie sich mit einem für den Anleger vertretbaren Risiko erzielen lässt. Wer wegen der Kursschwankungen nachts nicht mehr schlafen kann, hat kaum etwas von hohen Renditen. Das andere Extrem gibt es häufiger: Viele bunkern ihr Geld Großteils auf Sparbüchern oder Tagesgeldkonten, obwohl sie mehr Risiko eingehen könnten. Damit verzichten sie unnötigerweise auf Rendite. Fazit: Sie haben weniger Geld zur Verfügung, als möglich wäre.

Was raten Sie Anlegern?

Bandt: Die Basis für den Aufbau und die Bewahrung von Vermögen ist ein breit diversifiziertes Depot aus mehreren Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffen, Immobilien(fonds) und Cash. Wer sich das nicht allein zutraut, kann dazu einen Fachmann oder eine Fachfrau zu Rate ziehen. Dazu gehören etwa bankenunabhängige Vermögensverwalter, die mit den Kunden nach deren Vorgaben eine Vermögensstruktur entwerfen.

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