Die Performance von Value-Investments wird oft überschätzt

Die Performance von Value-Investments wird oft überschätzt


2022 bescherte den Aktienbörsen den schlechtesten Jahresstart seit fast 100 Jahren: Der Tech-Index Nasdaq 100 gab im Januar bis zu 17 Prozent nach, auch der Weltaktienmarkt verlor zweistellig. Als Gründe werden die Inflation sowie die Zinserhöhungen der Notenbanken genannt. Stehen wir nun vor dem Ende des Tech-Booms? Eine aktuelle Analyse des Heidelberger Vermögensverwalters Daniel Kolb.

Herr Kolb, die Inflationsraten in den USA und Europa halten sich auf hohen Niveaus. Die Notenbanken wollen mit Zinserhöhungen gegensteuern. Beides wird als Grund genannt, warum vor allem Technologie-Aktien ordentlich Federn lassen mussten. Zu Recht?

Daniel Kolb: Das mag zu Teilen so sein. Wichtiger erscheint mir aber die sehr hohe Bewertung der zweiten und dritten Aktienreihe. Dort entweicht schon seit Monaten gehörig die Luft, weil sich spekulatives Kapital zurückzieht. Die Big Player im Tech-Bereich sind erst im Januar unter Druck gekommen, dies aber deutlich sanfter. Nach einem Anstieg des Nasdaq 100-Index um 135 Prozent seit März 2020 verwundert dieser Rückgang aber nicht wirklich.

Wir stehen also nicht vor dem Ende des Tech-Booms?

Kolb: Das halte ich für unwahrscheinlich. Technologie ist in diesen Zeiten für Unternehmen einfach unverzichtbar, um ihre Produktivität zu steigern und so die Margen zu halten oder zu steigern. Das wird weiterhin so bleiben, gerade in Zeiten der Inflation. Denn Technologie wirkt durch die Senkung der Kosten deflationär und fungiert so als Gegengewicht zu diesen Tendenzen. Das sollte die Gewinne von Big Tech und deren Aktienkurse langfristig stützen.

Vielerorts hört und liest man, dass nun die Zeit für Value, sprich für niedrig bewertete Aktien, gekommen sei und dass für Growth-Titel, wozu Technologie-Aktien gehören, eine schwere Zeit anbreche…

Kolb: Wissen Sie, zu solchen Prognosen ist es in den vergangenen Jahren immer wieder gekommen. Sicher ist es sinnvoll, weit zu streuen und sich nicht nur auf bestimmte Aktiensegmente oder Regionen zu beschränken. Das bedeutet natürlich auch, neben Growth-Aktien auf sinnvolle Value-Titel zu setzen. Aber es geht nicht um einen kompletten Wechsel des Investmentstils.

Haben sich die Prognosen für Value in der Vergangenheit nicht erfüllt?

Kolb: Es gab seit der Finanzkrise 2008 bislang zehn Phasen, in denen jeweils Value- und dann wieder Growth-Titel stärker waren. Das Ergebnis: Bei der Value-Outperformance legten diese Titel neun Prozentpunkte mehr zu als die Wachstumsaktien. In der gegenteiligen Phase schnitten die Growth-Aktien um 16 Prozentpunkte stärker ab als niedrig bewertete Aktien. Längerfristig war es folglich besser, den Schwerpunkt eher auf Growth-Titel zu legen.

Entwicklung der Börsenwerte der großen Tech-Player von 2013 bis 2022

Wer auf große Technologie-Unternehmen setzen will, denkt zuerst an den Nasdaq 100-Index. Doch dort bringt es allein die Apple-Aktie auf fast 16 Prozent, Microsoft auf 13 Prozent und Amazon auf neun Prozent. Drei Titel zusammen machen also 35 Prozent der Börsenkapitalisierung aus. Von einer vernünftigen Streuung ist das weit entfernt. Was wären Alternativen?

Kolb: Der Klassiker wäre es, solche Titel über den Kauf der Einzelaktien so zu gewichten, wie es für den Anleger sinnvoll wäre. Dafür braucht es jedoch ein Hintergrundwissen, das die meisten Privatanleger nicht haben. Hier könnte ein Vermögensprofi wertvolle Dienste leisten.

Und wenn das Depot des Anlegers noch zu klein ist, um sich einen solchen Profi leisten zu können?

Kolb: Dann könnte ein ETF auf einen gleichgewichteten Index helfen. Dabei wird das Geld der Anleger gleichmäßig auf die Titel im Index verteilt, sodass die Apple-Aktie nicht 16 Prozent, sondern einen deutlich geringeren Anteil hat. Auf die Nasdaq 100 gibt es meines Wissens keinen solchen gleich gewichteten ETF, aber auf den S&P 500. Auch in diesem Index sind die Tech-Titel stark repräsentiert.

Mit diesen ETF setzen Anleger auf Wachstumswerte und Value-Aktien

Indexfonds*WKNPerformance 3 JahreKosten p.a.
Deka STOXX Euro Strong Growth 20ETFL0368,8 %0,65 %
Invesco Nasdaq 100 Euro hedgedA2DT9V107,8 %0,35 %
iShares Euro Total Market GrowthA0HGV352,8 %0,4 %
iShares Nasdaq 100A0YEDL115,6 %0,33 %
Xtrackers World Momentum FactorA1103G65,4 %0,25 %
Value
Deka STOXX Strong Value 20ETFL0442,5 %0,66 %
iShares Edge MSCI Europe Value FactorA12DPP41,2 %0,25 %
SPDR MSCI USAValue WeightedA12HU453,0 %0,20 %
Xtrackers MSCI World ValueA1103E32,8 %0,25 %
*alphabetisch geordnet
Quelle: Justetf.com / Recherche: Jürgen Lutz / Stand: Mitte Februar 2022

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