
Fit für die Börse - Wir erklären die wichtigsten Begriffe: Risiko
Verwandte Begriffe: Rendite, Risikoprofil
Über die Definition des Risikos in der Welt der Finanzmärkte sind sich Praktiker wie auch Akademiker uneins. Dies zeigt bereits die Bandbreite dessen, was Risiken in sich bergen kann: Das reicht von Zins- und Währungsrisiken über Aktien-, Markt- und Liquiditätsrisiken bis hin zu systemischen und nicht-systemischen Risiken, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Die Wissenschaft hat etliche Parameter erfunden, um Risiko messen zu können. Dazu zählen Berechnungsmodelle wie Value at Risk, historische Simulation oder Kovarianz. Leider stellen sich solche Verfahren für den Investment-Alltag oft als zu komplex heraus. Und in vielen Fällen operieren sie auf der Basis nicht hinreichend geprüfter Annahmen.
Eine gute Alternative für die Definition von Risiko kann der zu erwartende maximale Verlust (Maximum Drawdown, MD) für ein Portfolio sein. Dadurch erfährt ein Anleger etwa, dass er für Portfolio A, das langfristig eine annualisierte Rendite von 7 Prozent erzielen dürfte, wohl irgendwann in der Zukunft einen maximalen Verlust von 20 Prozent zu erwarten hat. Wenn die Alternative ein Portfolio B wäre, dass voraussichtlich bei gleich hohem Drawdown nur 5 Prozent bringen wird, ist es klar rational, sich für Portfolio A zu entscheiden. Ob sich der Anleger für Portfolio C entscheidet, das annualisiert 6 Prozent bei einem MD von 15 Prozent erwirtschaften dürfte, hängt von seinen Präferenzen ab: Wer mehr Wert auf die Rendite legt, wählt womöglich den 7-Prozenter. Wem es vorrangig um die Begrenzung des Risikos geht, nimmt wohl das Portfolio mit einem maximalen Verlust von 15 Prozent. Letztlich werden hier zwei Parameter, die die Amerikaner „pain“ (Schmerz) und „gain“ (Gewinn) nennen, in eine einfache Beziehung gesetzt. Diese Definition von Risiko ist vielen Privatanlegern auch intuitiv zugänglich.
Freilich gibt es dabei eine Reihe von Problemen: Realistische Aussagen über die wahrscheinliche Rendite wie auch den zu erwartenden maximalen Verlust lassen sich nur machen, wenn 1) ein Backtest für das entsprechende Portfolio in der Vergangenheit möglich ist („Wie wäre das Depot in der Vergangenheit gelaufen?“) und 2) für die ausgewählten Anlage-Vehikel eine ausreichend lange Zeitspanne für diesen Backtest existiert. Hierbei wird ein Zeitraum von zehn Jahren als absolutes Minimum betrachtet. Zudem hängt die Aussagekraft der Backtests davon ab, dass das Anlagevehikel in seiner Substanz identisch bleibt. Dies ist etwa bei Aktien oder ETF (Indexfonds) der Fall. Bei aktiv verwalteten Fonds können sich etwa die Kriterien für die Aktienauswahl ändern, was Schlussfolgerungen für die Zukunft erschweren kann.
Fazit: Es gibt bislang keine wissenschaftliche über alle Zweifel erhabene Definition von Risiko. Deshalb können sich Anleger mit einem intuitiven Zugang zum Thema behelfen, sofern ein ausreichend valider Backtest vorliegt. Die Frage lautet: Welchen Preis (maximaler Verlust) muss ich vermutlich bezahlen, um langfristig eine annualisierte Rendite von X oder Y Prozent zu erzielen? Wer vorsichtig vorgeht, kann den Maximum Drawdown mit 1,25 multiplizieren und sich fragen, ob er noch bereit wäre, bei der in Aussicht gestellten Rendite auch dieses höhere Risiko zu tragen.
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