
Luxusproblem bewältigen: Wertvolle Hilfe bei der Geldanlage für Städte und Kommunen
Ein fettes Plus auf dem Konto, das klingt gut, aber kann ein Problem für Gemeinden sein. So ging es zum Beispiel der Stadt Marburg, der ein Produktionsstandort von Corona-Impfstoffen enorme Gewerbesteuereinnahmen in die Kassen spülte. „Wir sind in einer noch nie dagewesenen Situation und wir stehen vor Entscheidungen, über die vor uns in Marburg noch niemand auch nur nachgedacht hat“, schrieb Oberbürgermeister und Kämmerer Dr. Thomas Spies in einer Presseerklärung. Denn auf den Konten der Stadt lag Ende Mai eine Summe von rund 500 Millionen Euro und es drohten Verwahrentgelte von über zwei Millionen Euro jährlich. Für so einen kommunalen Anlagenotstand gibt es keine Blaupausen, zudem finden sich in Stadtverwaltungen eher selten Profis für professionelle Geldanlage. Um externe Experten für sichere und nachhaltige Anlageformen zu finden, startete Marburg eine Ausschreibung. Aber was für Fragen sind hier richtig und warum ist das überhaupt wichtig?
Was sind echte Experten?
Selbst wenn die Zeiten der Verwahrentgelte erstmal vorbei sind, leiden auch die Guthaben von Städten und Kommunen unter Inflation. Denn durch sichere Zinserträge kann die Geldentwertung noch immer nicht einmal annähernd ausgeglichen werden. Verwaltungen sind quasi gezwungen, sich ein Stück weit vom klassischen Sparer hin zum Kapitalmarktinvestor zu entwickeln. Aber in der Regel sitzt im Fachbereich Finanzen kein Portfoliomanager mit jahrelanger Berufserfahrung. Also gilt es Kontakt zu Banken und Co. zu suchen, aber der Markt ist voll mit vermeintlichen Finanzprofis. Ende 2021 gab es laut Bundesbank allein 1519 Kreditinstitute in Deutschland und ganz sicher nicht jede der über 23.000 lokalen Anlaufstellen verfügt über fundierte Kapitalmarktexpertise. Die Spreu vom Weizen zu trennen, ist entsprechend schwierig.
Warum nicht einfach wie immer?
Die erstbeste Abkürzung zu nehmen und auf bestehenden Geschäftsbeziehungen mit der lokalen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu setzen, ist keine wirkliche Garantie für gute Ergebnisse. Der objektivere Weg, um den passenden Partner für die Vermögensverwaltung zu finden, ist eine weitreichende und präzise Ausschreibung. Aber welche der über 1500 Kreditinstitute oder der etwa 400 unabhängigen Vermögensverwalter sollen angeschrieben werden? Alle in die Auswahl zu nehmen, wäre zu aufwendig. „Deswegen sollte im Vorfeld Recherchearbeit geleistet werden, um den potenziellen Teilnehmerkreis etwas einzugrenzen“, sagt Richard Feininger, Gesellschafter bei der Böhke & Compagnie Consultants KG. Das Beratungsunternehmen aus Braunschweig hat sich unter anderem darauf spezialisiert, bei der Suche von passenden Finanzpartnern für die öffentliche Hand zu helfen, etwa bei der Vorauswahl geeigneter Kandidaten. Kriterien können zum Beispiel das verwaltete Vermögen oder der Geschäftsmodell-Fokus von Banken und Vermögensverwaltern sein. Denn will man sich auf Augenhöhe begegnen, sind selbst mehrstellige Millionenbeträge für so manches Institut nur „Peanuts“.
Vielen Universalanbietern fehlt zudem die Spezialisierung, um auf die individuellen Bedürfnisse von Kommunen wirklich eingehen zu können. Für Marburg ist es zum Beispiel vorrangig, die liquiden Mittel in erster Linie sicher, ertragsbringend und nachhaltig anlegen zu können. Gleichzeitig sollen aber rund 70 Prozent über die nächsten fünf Jahre an verschiedenen Terminen als Umlage an Land und Kreis fließen. Für so etwas gibt es keine standardisierten Anlagekonzepte im normalen Produktsortiment.
Wie wichtig sind Erfahrungswerte?
In öffentlichen Ausschreibungen findet sich des Öfteren die Frage, ob die Bank oder der Vermögensverwalter bereits für eine oder mehrere Städte tätig ist. Aber ist das wirklich aussagekräftig? Denn damit ist ja noch nicht gesagt, ob das auf einer objektiven Ausschreibung beruht oder ob die Geschäftsbeziehung erfolgreich ist. „Zielführender sind Fragen wie die Größe des Portfoliomanagementteams, Details zum Risikomanagementprozess, die historische Anlageleistung hinsichtlich Rendite und Schwankungen“ präzisiert Richard Feininger.
Hilfreich kann auch ein konkreter Anlagevorschlag sein, aber hier gilt es nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen und genaue Vorgaben zu formulieren. Deswegen sollten zunächst die Anlagerichtlinien konkretisiert werden. Das heißt zum Beispiel, welche Investmentformen kommen überhaupt in Frage und welche maximalen Quoten gelten für Assetklassen wie Aktien, die eher zu Schwankungen neigen.
Daneben spielen Länder- und Währungsspezifikationen genauso eine Rolle wie ethische Vorgaben oder Nachhaltigkeitsziele. Der gesamte Prozess von der Vorbereitung bis hin zur Ausschreibung und regelmäßigen Erfolgskontrolle ist alles andere als trivial. Deshalb macht es Sinn von Anfang an professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen und am besten regelmäßig die Zusammenarbeit mit dem neuen Finanzpartner evaluieren zu lassen. „Dieser Weg ist sicher nicht immer der leichteste, aber den Kopf in den Sand zu stecken oder eine vermeintlich einfache Lösung zu bevorzugen, kann auf lange Sicht Schaden anrichten“, warnt Fachmann Feininger. Städte und Kommunen, die sich dagegen die Mühe machen, können auf lange Sicht erheblich mehr mit dem ihnen von den Bürgern anvertrauten Geld erreichen.
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