Heimatliebe? Ja, aber nicht beim Investieren!

Heimatliebe? Ja, aber nicht beim Investieren!


Regional einzukaufen kann bei der Geldanlage Risiken verstärken und langfristig Nachteile bringen.

Staatliche Corona-Hilfen sind momentan in vielen Bereichen wichtig und richtig. Nur so kann trotz Lockdown-Maßnahmen der Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft begrenzt werden. Ohne Zuschüsse würden zum Beispiel in der Gastronomie oder Veranstaltungs- und Kunstbetrieben viele Angebote verschwinden, die Teil der kulturellen Vielfalt unserer Region sind. Das kann niemand wollen.

Schuldenkrise vorprogrammiert

Aber eines ist auch klar, solche Rettungsmaßnahmen sind nicht umsonst. Finanziert wird das weitgehend über neue Schulden, gerade in Zeiten sinkender Steuereinnahmen. Schätzungen gehen von einem Rückgang im Coronajahr 2020 um rund neun Prozent aus. Gleichzeitig wird ordentlich Geld in die Hand genommen und von schwarzer Null ist keine Rede mehr: Der deutsche Schuldenberg wird von 2,1 Billiarden Euro (Stand 1. Halbjahr 2020) bis Ende 2021 um geschätzte 300 Milliarden wachsen. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung stehen wir damit bis jetzt noch vergleichsweise gut da. Ende 2020 soll die deutsche Schuldenquote bei rund 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen und damit deutlich unter dem EU-Schnitt von 95 Prozent und weit weg von Sorgenkindern wie Italien mit 160 Prozent. Außerdem deutet sich ein eleganter Ausweg an.

Entschuldung ohne Tilgung

Denn Staaten haben ganz andere Möglichkeiten zum Schuldenabbau als das im Privaten übliche Gürtel enger schnallen und abstottern. Einerseits können Steuererhöhungen die Einnahmen verbessern, andererseits dürften im deutschen Wahlkampfjahr 2021 Forderungen nach einer Vermögensabgabe nicht allzu lang auf sich warten lassen. Aber es geht andererseits noch viel einfacher: Beibehalten der negativen Realverzinsung. Denn sind die Zinsen geringer als die Inflation, sinkt der tatsächliche Wert von Schulden, ohne auch nur einen Cent zu tilgen. Gelingt es gleichzeitig noch die Wirtschaftsleistung zu steigern, lässt sich die Staatsschuldenquote sehr effektiv drücken. Das gelang hierzulande nach der Finanzkrise im letzten Jahrzehnt beispielhaft: Die Verschuldung im Verhältnis zum BIP sank von 80 auf 60 Prozent ohne unter dem Strich wirklich Geld zurückzubezahlen. Und das hat einen entscheidenden politischen Vorteil: Gegen die schleichende Enteignung von Gläubigern und Sparern gab es keine Proteste. Einschnitte durch Sparmaßnahmen, Steuererhöhungen und Vermögensabgaben sind da viel schwerer zu vermitteln.

Sparer sollten handeln

Insbesondere die hoch verschuldeten Staaten aus dem Süden Europas haben ein sehr großes Interesse an dieser stillen Lösung, die Spielraum für weitere Schulden schaffen könnte. Die deutschen Bürger als typische Sparbuchanleger und Mieter könnten am Ende die Rechnung bezahlen. Während die Kaufkraft von negativ verzinsten Spareinlagen schleichend sinkt, stützen günstige Kredite im Immobilienbereich die hohe Nachfrage und verstärken die Kapazitätsauslastung der Baubranche. Folge: Das Eigenheim wird immer teurer, während Mieten trotz staatlicher Bremsen in der Tendenz steigen. Durch den weltweiten Konkurrenzdruck und die höhere Digitalisierungseffizienz dürfte der inflationstypische Anstieg der Verbraucherpreise oder eine Lohnexplosion eher moderat bleiben. Trotzdem gefährden niedrige Zinsen und der in einigen Bereich anziehende Kaufkraftverlust Vermögenswerte langfristig. Die gute Nachricht: Eine stille Entschuldung auf Kosten der Sparer kann durch eine kluge Anlagestrategie verhindert werden – nichts zu tun kann dagegen teuer werden. Es gilt deswegen heute nicht nur Gesundheit, Wirtschaft und Kultur zu schützen, sondern auch das eigene Vermögen.

Regionalität macht aus vielen Gründen Sinn, zum Beispiel Lebensmittel ohne lange Transportwege möglichst direkt beim Erzeuger zu kaufen. Frische Produkte aus der Region, das ist in aller Regel umweltfreundlicher und nicht umsonst das kulinarische Credo vieler Spitzenköche. Aber Heimatliebe beim Investieren, das schmeckt am Ende nicht immer. Natürlich haben wir in Deutschland und ganz besonders in der Region Südbaden den einen oder anderen Weltmarktführer, von dem es sich langfristig lohnen sollte, Aktien zu besitzen. Wir als Freiburger Unternehmen haben solch lokalen Schmankerl natürlich im Blick. Aber wer langfristig Vermögen aufbauen und erhalten möchte ist gut beraten, über den Tellerrand hinaus zu sehen.

Risiken deutscher Werte kennen

In durchschnittlichen deutschen Portfolios finden sich zu über 50 Prozent heimische Aktien, obwohl sie global betrachtet weniger als fünf Prozent des Börsenwerts repräsentieren. Die Gründe für dieses regionale Übergewicht sind vielfältig: Etwa Vertrautheit, Informationszugänglichkeit oder schlicht Heimatstolz. Wer aber denkt es sei unter dem Strich sicherer, Werte nur aus der eigenen Region zu kaufen, irrt häufig. Denn gerade unsere heimischen Unternehmen sind oft stark abhängig vom Export und erzielen ihre Hauptumsätze etwa in den USA oder China. Trotz Firmensitz in Deutschland und Aktienkursen in Euro, holt man sich deswegen indirekt Risiken durch schwankende Wechselkurse oder internationale Handelskonflikte ins Depot. Wir empfehlen deshalb bei einer strategischen Vermögensaufteilung andere Kriterien als Heimatliebe anzulegen.

Not made in Germany

Statt auf Regionalität sollten Anleger den Fokus auf gut laufende Geschäftsmodelle mit langfristigen Zukunftschancen legen und die finden sich oft im Ausland. Sie brauchen sich doch nur Ihr eigenes Konsumverhalten anzusehen: Bei welchem Anbieter bestellen Sie am meisten im Internet? Welchen Bezahldienst nutzen Sie am häufigsten? Wer streamt Ihre Lieblingsserie? Wer stellt Ihr Handy her? Man mag es bedauern, aber diese Zukunftsmärkte werden nicht von heimischen Unternehmen, sondern von Amazon, PayPal, Netflix, Apple oder Samsung dominiert. Nüchtern betrachtet wird ein großer Teil der digitalen Revolution gerade jenseits der deutschen Grenzen gestaltet. Wer Geld über Jahre und Jahrzehnte investieren will, sollte das im Kopf behalten.

Global Chancen nutzen, Risiken breit streuen

Wir als Freiburger Vermögensmanagement sind stolz auf unsere Heimat. In Bereichen, in denen deutsche Unternehmen zu den Führenden gehören, investieren wir gerne direkt vor der eigenen Haustür. Aber im Interesse unserer Kunden denken wir bei einer Depotzusammenstellung global. Es gilt weltweit die Unternehmen zu finden, die langfristig am besten aufgestellt sind, das „Woher“ ist dabei zweitrangig. Zu unserem Konzept von Risikostreuung gehört es, nicht nur auf den Erfolg eines Wirtschaftsraums zu setzen. Wir mischen Regionen, Währungen, Branchen und achten bei den Zutaten auf nachhaltige Zukunftsqualität. Mit diesem globalen Rezept lässt sich die Stabilität von Vermögen langfristig verbessern, davon sind wir überzeugt.


Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | Twitter | YouTube | Instagram