
Nachhaltigkeit ist bei der Geldanlage auch in Krisenzeiten ein Gebot der Vernunft

Ist ein grün ausgerichtetes Portfolio nur fürs gute Gewissen oder hat es auch finanzielle Vorteile?
Andreas Enke: Es gibt Studien, aus denen ersichtlich sein soll, dass die Kurse nachhaltig orientierter Unternehmen in Krisensituationen stabiler sind als eine durchschnittliche Zusammenstellung. Allerdings deckt sich das nicht ganz mit meinen Erfahrungswerten aus dem Pandemieschock an der Börse. Mein Eindruck war eher, es gab hier keinen signifikanten Unterschied. Für langfristige Investoren ist es jedoch viele entscheidender, ob sie in einer sich wandelnden Wirtschaft in Zukunftstechnologien positioniert sind. Genau hier macht eine nachhaltige Orientierung eines Portfolios Sinn und erhöht so auch in gewisser Weise die Krisenstabilität. Kurz gesagt, das Risiko eines Dips, also schnellen Kursverlusten, ist mehr oder weniger das gleiche, aber die Wahrscheinlichkeit einer Erholung ist dank der besseren Zukunftsperspektiven bei nachhaltig orientierten Unternehmen höher.
Um eine mögliche Energieknappheit durch die Folgen des Krieges in der Ukraine zu managen, sind plötzlich fossile Energieträger und Kernenergie wieder gefragt. Gefährdet das den grünen Trend?
Enke: Es mag sein, dass wir in dieser Situation manche Brückentechnologie länger brauchen werden, aber letztlich ändert das ja nichts an der Zielrichtung, den CO2-Austoß zu senken. Die Aktien von Unternehmen rund um die Erneuerbaren Energie sind nach dem ersten Schock zuletzt nach oben geschossen. Unter dem Strich wird es eher sogar noch mehr Druck geben, alternative Energieformen auszubauen, da sie ja nicht nur das Klima schützen, sondern langfristig auch unabhängiger von Öl-, Gas-, Kohle- und Uran-Importen machen.
Kann man es sich heute noch leisten, Nachhaltigkeitsthemen bewusst zu meiden?
Enke: Da es sich in aller Regel um Zukunftstechnologien handelt, sollten Anleger nicht bewusst auf so etwas im Depot verzichten. Wenn wir die Leute fragen, ob sie ihre Gelströme nachhaltig lenken wollen, sind die meisten eher offen. Viele fragen dann aber natürlich, wie teuer das ist und ob es mit einem höheren Risiko verbunden ist. Da es nach allem, was wir bisher sehen können, keine größeren Extrakosten verursacht, nachhaltig positioniert zu sein, und eine ähnliche, wenn nicht sogar höhere Stabilität bietet, habe ich es in unseren Gesprächen noch nicht erlebt, dass sich hier jemand aktiv dagegen entscheidet.
Das heißt, Nachhaltigkeit ist für langfristig denkende Investoren automatisch gesetzt und bedarf keiner „grünen“ Grundmotivation?
Enke: Ein verantwortungsvoller Assetmanager denkt ja nicht nur in der Kategorie maximale Wertentwicklung, sondern auch ganz maßgeblich an Risiken. Warum sollte jemand unter diesem Aspekt heute noch ein Portfolio hauptsächlich auf Unternehmen aus der alten Welt aufbauen, die keine tragfähige Nachhaltigkeitsstrategie für die Zukunft bieten? Auch das Risiko, ins mediale Abseits zu geraten und massive Kursverluste zu erleiden, ist zum Beispiel höher, wenn soziale Themen ignoriert werden oder eine Kultur der intransparenten Geschäftsführung besteht. Ein Nachhaltigkeitsfilter reduziert solche Risiken. Das ist letztendlich einfach nur vernünftig und bedarf keiner besonderen Motivation.
Wirkt denn nachhaltiges Investieren überhaupt, wenn es eher schwierig ist, Geld grün anzulegen?
Enke: Tatsächlich kann man diese Frage stellen, insbesondere, nachdem die EU Gas- und Atomenergie als mögliche Bestandteile von Nachhaltigkeitsfonds ins Spiel gebracht hat. Mal völlig unabhängig davon, wie man zur Diskussion steht, ob das notwendige Brückentechnologien sind, war es sicher kein gutes Signal, das in die Taxonomie-Regelungen aufzunehmen. Aber unabhängig davon achten immer mehr Investoren darauf, ob ihr Geld nachhaltig positioniert ist. Schaffen wir es hier, eine Geldstromwelle zu erzeugen, wird letztlich das Grundgesetz der Börse wirken: Wo eine starke Nachfrage herrscht, steigen die Kurse. Nachdem der Erfolg maßgeblich auch am Aktienkurs gemessen wird, lohnt es sich für Manager dann immer mehr, einen grünen Weg einzuschlagen.
Eignen sich auch günstige ETFs, um wirklich nachhaltig anzulegen?
Enke: Ein solcher Indexfonds bildet ja nur passiv ein festgelegtes Börsenbarometer ab und bei vielen der angeblich nachhaltigen Varianten werden dann einfach manche Unternehmen ausgenommen. Wer sich die Mühe macht, die größten Positionen zu vergleichen, wird oft sehr überrascht sein, welche Namen hier ganz oben stehen und wie wenig Unterschiede es gibt. Natürlich gibt es hier Produkte mit einer strengeren Auswahl, aber ich persönlich denke, es reicht nicht, nur ein paar schwarze Schafe auszuschließen, um nachhaltig anzulegen. Wer in besonders klimafreundliche, innovative oder faire Werte investieren will, sollte eher auf ein aktiv gemangtes Portfolio setzen.
Sechs Fonds, die mehr als nur grünes Gefühl bieten
Finanzprodukte zu finde, die nicht nur nachhaltig klingende Begriffe im Namen tragen, sondern wirklich grünen Charm ins Depot bringen, ist gar nicht so einfach. Letzten Endes muss auch jeder Anleger das noch mit dem eigenen Anspruch abgleichen, welche Ziele erreicht werden sollen, aber bei diesen sechs Fonds lohnt sich ein genauerer Blick:
Name | WKN | Beschreibung |
Rize Sustainable Future of Food | A2P876 | Der ETF investiert in weltweite Aktien mit Fokus auf die Ernährung der Zukunft unter Beachtung sozialer und nachhaltiger Kriterien |
BNP Paribas Easy ECPI Circular Economy Leaders | A2PHCA | Per ETF in Unternehmen auf der ganzen Welt investieren, die sich in der Kreislaufwirtschaft engagieren |
GENEON Global Challenge | A0Q8HL | Fonds mit Fokus auf globale Aktien sozial und nachhaltig engagierter Unternehmen |
terrAssis Aktien | 984734 | ESG-konformes Investieren per Fonds nach den Grundsätzen des Franziskanerordens in weltweite Aktienauswahl |
LBBW Global Warming | A0KEYM | Aktienfonds mit Hauptthema Klimaschutz und Erneuerbare Energien |
Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Rent | 622847 | Der Fonds investiert überwiegend in Anleihen, bei deren Auswahl Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden |
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