
Geschichte der Eurokrise sagt Zukunft nach Corona voraus
Die durchschnittliche Teuerungsrate der letzten Jahre lag deutlich unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von etwa zwei Prozent. Sobald die Liquiditätsausstattung des Bankensystems bzw. die Kreditversorgung wieder funktioniert, werden Basiseffekte für einen Anstieg der Teuerungsraten sorgen. Wie in der Vergangenheit ist jedoch nicht von einer überproportionalen Steigerung des Preisniveaus auszugehen. Vielmehr ist eine erneute Vermögenspreisinflation zu erwarten, welche bereits seit der Eurokrise zu verzeichnen war: Durch die günstige und nahezu unbegrenzte Liquidität stiegen die Preise von Sachwerten. Damit sind insbesondere Unternehmensbeteiligungen und Immobilien gemeint. Deren Preise stiegen vor der COVID-19 Krise auf neue Höchstwerte.
Risikobewertungen werden intensiviert
Die Notenbankzinsen werden auch zukünftig auf dem niedrigen Niveau verharren. Unabhängig davon urteilen Kapitalmarktteilnehmer Investitionsrisiken mittlerweile wieder genauer und verlangen Risikoaufschläge. Diese liegen daher deutlich über den Werten der letzten Jahre. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, sondern wird sich weiter verstetigen. Geld steht zwar nahezu unbegrenzt sowie quasi kostenlos zur Verfügung. Zudem sind die Notenbanken mittlerweile die größten Käufer für diverse Anleihearten. Doch die ansteigenden Verschuldungsraten von öffentlichen und privaten Schuldnern werden zukünftig noch deutlich kritischer zu beurteilen sein.
Free Lunch bei Anleiheemissionen
Das seit 2009 zu beobachtende Underpricing von Anleiheemissionen wird sich zukünftig weiter intensivieren. Ein Underpricing tritt auf, wenn ein neu emittiertes Wertpapier günstiger angeboten wird, als es eigentlich Wert ist. Durch die zusätzliche Nachfrage der Notenbanken wird dieses Phänomen noch stärker ausfallen als in der Vergangenheit. Investoren werden demnach für ihren Zeichnungsmut am Emissionsmarkt belohnt. Die Folge ist ein Free Lunch. Damit ist ein risikoloser (Zusatz-) Ertrag gemeint.
Notenbanken beeinflussen das Preisniveau
Die zusätzliche Nachfrage der Zentralbanken wird jedoch nur einen indirekt und stark begrenzten Einfluss auf das grundsätzliche Preisniveau haben. Es ist davon auszugehen, dass Anleiheemittenten das aufgenommene Fremdkapital in den Wirtschaftskreislauf einbringen. Es könnte u.a. für Investitionen, Gehaltszahlungen und weitere Güternachfrage verwendet werden. Durch diese Entwicklung wird grundsätzlich der Konsum forciert. Jedoch ist von einer gewissen Zurückhaltung der Verbraucher auszugehen. Unsicherheit durch Kurzarbeit und eine steigende Arbeitslosigkeit wird eine erhöhte Sparquote bzw. einen anteiligen Konsumverzicht zur Folge haben. Es wird lange dauern, bis der Konsum das untypisch hohe Vor-Krisenniveau erreicht. Für steigende Inflationsraten ist ein wirtschaftliches Wachstum nötig. Bis die Einschnitte der vorherrschenden Krise aufgeholt sind, ist kein nennenswerter Preisniveauanstieg zu erwarten.
Sachwerte zur Vermögenssicherung und –mehrung
Retrospektiv haben Sachwerte wie Immobilien und Aktien Krisen deutlich wertstabiler überstanden als reine Geldwerte wie beispielsweise Kontoguthaben. Diese Tendenz wird weiterhin durch das dauerhaft vorherrschende Niedrigzinsumfeld unterstützt. Bevor sich die Preise des sinnbildlichen Warenkorbes zur Messung des Preisniveaus maßgeblich erhöhen, ist abermals von einer Vermögenspreisinflation auszugehen. Diese war bereits die Folge der Liquiditätsbereitstellungen der Notenbanken in Folge der Finanzmarkt- und Eurokrise.
Die historischen Erkenntnisse lassen sich demnach auf die zu erwartenden wirtschaftlichen Entwicklungen heute übertragen. Aufgrund der aktuell noch deutlich ausgeprägteren Liquiditätsflüsse ist jedoch von weitaus stärkeren Effekten für die Kapitalmärkte auszugehen. Fraglich bleibt jedoch, wann die Tendenz der nächsten Vermögenspreisinflation einsetzt. Außerdem ist offen, ob sich eine wirtschaftliche Erholung in Form eines lang gezogenen „U“ oder eines „W“ ergibt. Daraus stellt sich die Frage, wann für Anleger der richtige Zeitpunkt in Sachwerteinvestitionen ist.
Grundsätzlich gilt, dass sich Anleger, die ihr Vermögen in Krisen werterhaltend anlegen möchten, langfristig an Sachwerten orientieren sollten. Kurzfristig können sie zudem vereinzelt an Anleihekäufen mit Underpricing verdienen. Diese Rahmenbedingungen lassen die nahe Zukunft als positive Gelegenheit für allmähliche Investitionen erscheinen. Wichtig ist dabei jedoch der zweite Halbsatz, denn es ist deutlich leichter schrittweise zu investieren. Damit können Anleger einen günstigen Durchschnittskaufkurs erzielen, anstelle auf das vermeintliche Tief der Aktienmärkte zu warten.
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