Deutschland in der Abwärtsspirale: Wie hohe Kosten, Fachkräftemangel und der Kampf um Wettbewerbsfähigkeit die Wirtschaft bedrohen

Deutschland in der Abwärtsspirale: Wie hohe Kosten, Fachkräftemangel und der Kampf um Wettbewerbsfähigkeit die Wirtschaft bedrohen


Deutschlands Industriestandort steht unter Druck: Hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und steigende Bürokratie belasten Unternehmen. Wie wirken sich politische Entscheidungen und globale Entwicklungen auf die Zukunft der deutschen Wirtschaft aus – und welche Lösungen bieten sich an?
Lena Lochner

Kaum ein Thema dominierte die Wirtschaftsteile großer Zeitungen im vergangenen Monat so sehr, wie der Niedergang Deutschlands als Industriestandort.

Unternehmen jeder Größe klagen über personelle Engpässe, zu hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie, eine zu hohe Abgabenbelastung durch Steuern und Sozialversicherungen sowie fehlende Planungssicherheit im eigenen Land. Unisono wird die in weiten Teilen missglückte Ampel-Politik der vergangenen drei Jahre als Ursache ausgemacht. Das trifft in vielen Punkten zu, beispielsweise bei den Fehlanreizen, die durch das Bürgergeld entstehen. Auch die hohe Abgabenbelastung von Unternehmen und Arbeitnehmern ließe sich durch nationales Recht besser und effizienter regeln. In vielen Fällen unterliegt die Arbeit der Ampel jedoch auch den Vorgaben durch EU-Recht, wie beispielsweise beim Lieferkettengesetz.

Unternehmen unter Druck: Fachkräftemangel und hohe Abgaben

Den Weg des Atomausstiegs wählte man jedoch bereits unter der CDU-geführten Merkel-Regierung 2011. Machte man bei der vergangenen Bundestagswahl sein Kreuz bei den Grünen, durfte man trotz der massiven Preissteigerungen für Öl und Gas, die durch den Überfallskrieg Russlands gegen die Ukraine begründet waren, nicht erwarten, dass gerade ein grüner Wirtschaftsminister diese Entscheidung umkehrt. Bei der Schuldfrage in der Energiepolitik zeigt man parteiübergreifend daher gerne auf sein Gegenüber. Gelöst wird das Problem der hohen Energiepreise auf diese Weise nicht. Auch der Umbau hin zu einer CO2-neutralen Energieversorgung, der neben den klimapolitischen Überlegungen auch notwendig ist, um die Abhängigkeiten von autoritär geführten Öl- und Gasexporteuren zu reduzieren, wird mittelfristig für hohe Energiepreise sorgen. Insbesondere Industrieunternehmen, aber auch die Branchen Chemie und Technologie sind davon massiv betroffen.

V-CHECK Podcast mit Philipp Vorndran: „Reale Vermögensvermehrung gerät unter die Räder“

Nominale Renditen von sieben Prozent schrumpfen nach Steuern und Inflation auf drei bis 3,5 Prozent. Strukturelle Inflationsfaktoren wie Demografie, Dekarbonisierung und Deglobalisierung machen reale Vermögenssicherung und -vermehrung schwierig. Da haben auch Notenbanken mit Zinssenkungen kaum Einfluss darauf. Im Interview mit dem Börsenradio erklärt Kapitalmarktstratege Philipp Vorndran von Flossbach von Storch, was es braucht, damit realer Vermögensaufbau und -erhalt gerade für die junge Generation möglich ist.

Energiekrise: Hohe Kosten durch verfehlte Politik?

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Personalnot. Im Zuge des demografischen Wandels schrumpft in der Bevölkerung der Anteil der erwerbstätigen Personen von Jahr zu Jahr. In allen Branchen klagen Unternehmen über personelle Engpässe, die ein immer größer werdendes Wachstumshemmnis darstellen. Hinzu kommt, dass die Produktivität je Arbeitnehmer, gemessen am BIP pro erwerbstätige Person, in Deutschland, aber auch in der EU sinkt (vgl. Abbildung). Mahner der überbordenden Bürokratie und Regulierung sollten sich daher bestätigt fühlen. In den USA hingegen, dem derzeit größten Wettbewerber um Investitionskapital, steigt die Produktivität je Arbeitnehmer.

Abbildung: BIP je erwerbstätiger Person nach Kaufkraftparität, indexiert 2013 = 100
Datenquelle: www.databank.worldbank.org / Eigene Darstellung

Produktivitätskrise: Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist weder ein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung noch stellt sie eine Garantie für die Zukunft dar. Des weiteren gelten das Lohnniveau und die Abgabenlast im internationalen Vergleich als hoch. Unternehmen ist es aufgrund des engen arbeitsrechtlichen Korsetts nur unter Überwindung erheblicher Widerstände möglich, ihre Personalkosten in größerem Umfang an ihre Absatzsituation anzupassen. Wer nach Fallbeispielen sucht wird aktuell bei Volkswagen fündig. Branchen mit stark ausgeprägter Arbeitnehmervertretung sind in diesem Punkt nicht nur eingeschränkt, sondern durch regelmäßige, flächendeckende Steigerungen des Tariflohns darüber hinaus besonders belastet.

In Summe leidet darunter die Standortattraktivität des Landes. Arbeitskraft wird in Deutschland, aber auch in der EU teurer, aber nicht produktiver. Der Einsatz von Technologie und Künstlicher Intelligenz in den bestehenden Arbeitsprozessen, aber auch die Konzentration auf Geschäftsfelder, die einem geringeren Wettbewerbsdruck unterliegen und aufgrund von Technologieführerschaft, Innovationsgeist oder Marketinggeschick eine Differenzierungsstrategie mit höheren Margen ermöglichen, können einen Ausweg darstellen. Um das Ruder herumzureißen ist daher auf allen Ebenen Köpfchen gefragt.

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Wie sich Deutschland neu erfinden kann: Lösungen für die Zukunft

Wie kann man diesen Prozess der wirtschaftlichen Erneuerung politisch begleiten? Die alten Denkschulen der Ökonomie liefern hierauf die unterschiedlichsten Antworten. Wir glauben: weniger ist mehr. Weniger Regulierung, Bürokratie, staatliche Subventionen und Fürsorge, aber dafür mehr Marktwirtschaft und Eigenverantwortung wagen.

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