Börsenausblick 2022: "Die Inflation wird sich weiter beschleunigen."

Börsenausblick 2022: "Die Inflation wird sich weiter beschleunigen."


Der Jahreswechsel naht und mit ihm die Frage, wie muss ich 2022 mein Geld investieren? Dazu haben wir eine Reihe von Experten befragt. Uwe Eilers, Geschäftsführer der Frankfurter Vermögen AG, ist sich sicher, dass die Inflation noch weiter zunimmt.
Uwe Eilers ist Geschäftsführer der Frankfurter Vermögen AG

Was werden die beherrschenden Mega-Themen an den Börsen 2022 sein: steigende Inflation, hohe Volatilität, Nachhaltigkeit, Handelskrieg USA-China, Ende der Corona-Pandemie oder…?

Uwe Eilers: Beherrschende Themen für die Kapitalmärkte werden für das Jahr 2022 vielfältig sein. Ein sehr Wichtiges werden die weiterhin hohen Inflationsraten in Europa und den USA sein. Damit verbunden ist eine mögliche Lohn- Preis- Spirale, die sich weiter beschleunigen könnte. In den USA steigen die Löhne bereits jetzt stark. Ähnlich sieht es in Deutschland für Fachkräfte in allen möglichen Branchen aus. Bislang halten sich die Gewerkschaften trotz der hohen Inflationszahlen erstaunlicherweise zwar mit deutlichen Lohnforderungen zurück, aber das kann sich schnell ändern. Dies könnte die Aktienmärkte im kommenden Jahr in dem Fall belasten.

Quelle: Statistisches Bundesamt

In der Kapitalanlage, und da vor allem bei institutionellen Anlegern und im Fondsmanagement, wird das Thema ESG – Nachhaltigkeit immer dominierender. Es kann sich kaum jemand dem Trend entziehen. Dies kann zu deutlich steigenden Kursen bei allen Herstellern von Wind- und Solaranlagenherstellern und bei allen Unternehmen im Bereich Wasserstoff führen.

Das dritte große Feld ist die nötige weitere Digitalisierung weltweit und da allen voran die Bereiche 5G, Chip-Technologie und Cyber Security. Dies sind Wachstumsmärkte, die auch in 2022 profitieren sollten.

Welche Aussichten haben die einzelnen Anlageklassen: Aktien, Renten, Immobilien, Öl, Gold und Rohstoffe? Würden Sie die Quoten der einzelnen Anlageklassen tendenziell eher senken oder anheben?

Eilers: Immobilien könnten die Verlierer in den kommenden Jahren sein. Schließlich sind steigende Zinsen Gift für die Branche. Ob Öl, Gold und andere Rohstoffe als Anlageklassen definierbar sind, sei dahingestellt. Diese werfen allesamt keine Zinsen, Dividenden oder andere Ausschüttungen ab. Der Goldpreis könnte sich eher abschwächen und in Richtung der Produktionskosten tendieren, also in Richtung 1.200 bis 1.300 US-Dollar pro Unze. Der Ölpreis ist unberechenbar, da dieser nach wie vor durch das Kartell OPEC und Russland dominiert wird. Die Verbrauchsrohstoffe hängen von der Entwicklung der Weltwirtschaft ab. Dabei könnte diese weiter auf hohem Niveau bleiben.

Was trauen Sie der deutschen Börse mit dem erweiterten DAX 40 zu?

Eilers: Der DAX könnte sich in einer breiten Seitwärtsbewegung zwischen 13.000 und 17.000 Punkten bewegen. Schließlich gibt es viele Unsicherheiten und Störfaktoren am Kapitalmarkt. Gleichzeitig bieten Sachwerte und damit vor allem Aktien den besten Inflationsschutz, was eher für steigende Kurse sorgen könnte.

Welche Impulse sind von der neuen deutschen Bundesregierung zu erwarten?

Eilers: Von der neuen Bundesregierung sind Impulse in Richtung einer stärkeren Digitalisierung zu erwarten. Technologiewerte sollten insgesamt davon profitieren. Gleichzeitig sollten die regenerativen Energien deutlich aufgewertet werden und in dem Segment die Nachfrage deutlich ansteigen. Daneben sind weitere Fördermaßnahmen für Wasserstoff-Technologien zu erwarten und sollte der Branche neuen Schub verleihen. Umgekehrt könnten Immobilien und damit Immobilienkonzerne leiden. Schließlich sind Bestandsimmobilien der größte CO2-Verursacher in Deutschland. Es ist zu erwarten, dass jetzige Eigentümer und erst recht Immobilienkäufer zu energetischen Sanierungen gezwungen werden.

Auf welche Länder und Regionen sollten Anleger 2022 besonders schauen – welche meiden?

Eilers: Es sind weniger die Regionen, die beim Anleger im Fokus stehen sollten, sondern eher eine gezielte Branchenauswahl und -gewichtung. Dies sind die oben genannten…

Welche Unternehmen und Branchen werden 2022 (wieder) erfolgreich sein – und warum? Welche werden auf der Stelle treten oder an Börsenwert verlieren?

Eilers: Wie oben erwähnt werden Hersteller von Wind- und Solaranlagen sowie Unternehmen im Bereich Wasserstoff profitieren. Neben der Immobilienbranche könnten langfristig die „schmutzigen Energien“, also Unternehmen aus der Öl- und Kohleindustrie weiter rückläufig sein. Schließlich passen diese in die ESG – Anlagen vieler Anleger nicht mehr hinein. Zudem ist zu erwarten, dass die Umsätze und Gewinne aufgrund einer Verlagerung der Fahrzeugantriebe von Benzin und Diesel verstärkt auf Elektro und möglicherweise auf Wasserstoff zurückgehen werden.

Welche Ereignisse (“schwarze Schwäne”) könnten die Aussichten ebenso grundlegend wie überraschend verändern?

Eilers: Schwarze Schwäne sind die Ereignisse, die niemand so richtig auf dem Radar hat. In den kommenden Jahren könnte sich das militärische Säbelrasseln in Asien, vor allem zwischen China und Taiwan und damit verbunden den USA, verstärken. Daneben könnte ein Anstieg der Inflationsraten und damit einhergehend ein Anstieg der Zinsen erneut Ängste vor neuen Staatsschuldenkrisen schüren. Schließlich sind Italien und andere Südländer sehr hoch verschuldet. Diese Länder könnten zu hohe Zinsen möglicherweise dann nicht mehr stemmen.

Welche Absicherungsstrategien gibt es für 2022?

Eilers: Absicherungsstrategien gibt es viele. Die Frage ist immer wogegen man sich absichern möchte. Sofern man alle möglichen Risiken absichern möchte, verliert man jegliche Chance auf auskömmliche Renditen, da die Absicherungskosten alle Vorteile auffressen würden. Die beste Möglichkeit der Absicherung ist eine breite Diversifikation der verschiedenen Anlageformen.

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