Börse aktuell: Der Corona-Cut

Börse aktuell: Der Corona-Cut


Kurz vor den tollen Faschingstagen erreichten die Börsenmärkte Allzeit-Hochs. Da hatten die Börsianer noch gut lachen. Nur drei Wochen später hat der deutsche DAX sage und schreibe fast 40 Prozent abgegeben. Die Anleger hatten sich offensichtlich zu sehr in Sicherheit gewogen.

Die markante Korrektur hat viele auf dem falschen Fuß erwischt. In der schwärzesten Woche seit der Finanzkrise 2008 wurden an den internationalen Aktienmärkten Firmenwerte von mehr als sechs Billionen Dollar vernichtet. Die Kursgewinne, die der Markt über mehr als ein Jahr aufgebaut hat, sind nun innerhalb weniger Tage weg. Die Kursrally endete mit einem abrupten Absturz – als hätte jemand den Stecker gezogen.

Auch an den Rohstoffmärkten zeigt sich die Panik der Anleger: Der Preis für Brent-Öl verzeichnete vergangene Woche den stärksten Einbruch innerhalb einer Handelswoche seit 2011 und ist sogar unter die Marke von 35 US-Dollar pro 159-Liter-Fass gefallen. Die Preise für andere konjunkturabhängige Rohstoffe wie Kupfer, Aluminium oder Zink sackten ebenfalls ab. Dass die Krisenwährung Gold zeitweise verlor, wird darauf zurückgeführt, dass große Investoren Gewinne im Gold realisierten, um Löcher in Portfolios zu schließen, die der Einbruch am Aktienmarkt gerissen hat.

Geschafft hat dies eine Epidemie, die die Börse zunächst ziemlich ignorierte – wohl weil man den Schaden auf China begrenzt sah. Nun hat das Corona-Virus aber auch die Börse mit Angst verseucht. Die Kurse sind so schnell und so heftig verfallen, dass sich sogar schon die US-Notenbank FED zu einem Feuerwehreinsatz genötigt sah.

In einem unerwarteten Schritt hat die FED die Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt gesenkt, um die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus-Ausbruchs abzumildern. Die Währungshüter hatten bereits signalisiert, die Lage im Auge zu behalten und wenn nötig, zu reagieren. Dennoch hat die US-Notenbank die Märkte mit dem Schritt etwas überrumpelt, denn so stark hat die Notenbank die Leitzinsen seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr auf einem Schlag gesenkt. Die Epidemie berge “Risiken für die wirtschaftliche Aktivität” und so werden am US-Anleihemarkt bereits weitere Zinsschritte nach unten eingepreist. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen bewegt sich nun Richtung 1 Prozent.

Doch nicht jeder Marktteilnehmer ist überzeugt, dass Zinssenkungen die richtige Antwort auf die Corona-Krise sind. Die Zinssenkung hilft der Finanzierung von Verbrauchern und Unternehmen, kann aber keine löchrigen Lieferketten reparieren. Der Effekt der Zinssenkung ist deshalb geradezu verpufft. Die Aktienkurse sind weiter gefallen. Stattdessen setzt die FED den Glauben an ihre Unabhängigkeit aufs Spiel, nachdem US-Präsident Trump schon seit Monaten auf eine Zinssenkung gedrängt hatte.
Die Europäische Zentralbank hat vergangene Woche nachgezogen, allerdings ohne Zinssenkung, dafür mit einem Kreditprogramm für Banken zur Weiterreichung an Unternehmen. Auch diese Maßnahme ist am Markt zunächst verpufft.

Den Einbruch an den Aktienmärkten muss man sehr ernst nehmen, zumal er in einer schockierenden Geschwindigkeit passiert ist. Dennoch halten sich Kapitalmarktstrategen daran fest, dass die Ausbreitung des Virus wenigstens mittelfristig eingedämmt werden kann, dass die Börsen sich dann beruhigen und die Anleger wieder einsteigen können. Viele frühere Krisen haben gezeigt, dass sich gerade Qualitätsaktien auch sehr schnell wieder erholen. Für die Zwischenzeit heißt die Devise: Bleiben Sie gesund!