
Das bedeutet die Wechselkursentwicklung von US-Dollar und Euro für Privatanleger

Was genau bedeutet die Wechselkursentwicklung für Investoren (bspw. am Aktienmarkt oder in Gold)?
Christopher Lindken: Die aktuelle Entwicklung des Wechselkurses wirkt sich auf unterschiedliche Art und Weise auf die Euro Investoren aus. Im ersten Moment profitieren Anleger von der Dollar Stärke, wenn sie in US-Dollar investiert sind. Wenn sich beispielsweise der Wert einer US-amerikanischen Aktie nicht verändert, steigt der Wert aufgrund des Wechselkurseffektes in den Euro-Depots. Konkret bedeutet dies für dieses Jahr, dass der S&P 500, in Dollar gerechnet, ca. 13% an Wert verloren hat und auf Euro-Basis weniger als einen Prozent (Stand 24.08.2022). Dieser Effekt kommt selbstverständlich nicht nur Aktien zugute, sondern auch allen anderen Vermögenswerten.
Auf der Ebene der einzelnen Unternehmen sind jedoch weitere unterschiedliche Effekte zu beobachten. US-amerikanische Unternehmen, die einen Großteil ihres Umsatzes im Ausland erzielen, leiden unter dem starken Dollar, weil diese Erträge in heimischer Währung weniger Wert werden. Zu diesen Unternehmen gehören beispielsweise Microsoft und Apple, die in ihren jüngsten Quartalsberichten genau diesen Zusammenhang als Belastungsfaktor herausgestellt haben.
Anders sieht es jedoch bei den großen amerikanischen Energieexporteuren aus. Diese profitieren davon, dass Energierohstoffe, wie Öl und Gas, in Dollar bezahlt werden. Dadurch ergibt sich für diese Unternehmen kein Nachteil, wenn sie ihre Produkte ins Ausland exportieren.

Sollten Anleger darauf reagieren? Wenn ja, wie?
Lindken: Um sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie ein Investor auf die Wechselkursentwicklungen reagieren sollte, muss man sich zunächst über die Ursachen für die aktuelle Dollar Stärke bewusst werden. Wechselkurse sind im Allgemeinen sehr schwer zu prognostizieren, weil sie einer Vielzahl von Faktoren unterliegen. Aktuell wird der Euro durch den Krieg in der Ukraine, der daraus resultierenden Energiekrise, der Geldpolitik der EZB und weiteren politischen Unsicherheiten, wie den anstehenden Parlamentswahlen in Italien, belastet.
Zumindest kurzfristig ist es eher unwahrscheinlich, dass eine Verbesserung einer dieser Belastungsfaktoren zu einer signifikanten Euro-Stärke führen wird. Im Rentenbereich bedeutet das für uns, dass die USA aktuell deutlich attraktiver als das Euro-Währungsgebiet ist. Die starke Unabhängigkeit, der geographische und politische Vorteil sowie das deutlich höhere Zinsniveau sprechen eine deutliche Sprache.
Bei Aktien halten wir allerdings die Währung langfristig für nicht entscheidend. Im Gegensatz zu Anleihen, bei denen wir keine Laufzeitrisiken eingehen möchten, sehen wir die Investition in Aktien als langfristige Beteiligung an den Unternehmen. Die Wechselkurse belasten sicherlich kurzfristig die Exporte und Margen einiger Unternehmen. Langfristig gesehen gleichen sich die positiven und negativen Effekte der Wechselkursveränderungen jedoch aus und eine Anpassung der Anlagestrategie ist nicht ratsam. Auch eine Absicherung gegenüber Wechselkursschwankungen lehnen wir ab, weil dies langfristig gesehen nur die Performance schmälert.
Wenn auch Gold von der aktuellen Euro-Schwäche profitiert, ist dies nicht zwangsläufig ein Grund dafür, diese Position zu Übergewichten. Einer der Hauptgründe für den starken US-Dollar ist das gestiegene Zinsniveau in den USA. Das führt dazu, dass Gold als Investition unattraktiver wird, weil es keine laufenden Erträge erwirtschaftet. Dadurch hat der Goldpreis selbst in Euro gerechnet, seit seinem Hoch im März bis Ende August, fast 7% verloren.
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