Steigende Inflation: "So schützen sich Privatanleger"

Steigende Inflation: "So schützen sich Privatanleger"


Die Inflation kletterte im Dezember voraussichtlich auf 5,3 %. Im Jahresdurchschnitt 2021 würde sie damit 3,1 % betragen. Tages- und Festgeldsparer verlieren mit ihren Geldanlagen immer mehr an Kaufkraft. War das nur ein kurzes Aufflackern oder wird das ein anhaltender Trend? Was bedeutet das für Sparer und Anleger? Wie kann ich mein Vermögen schützen? Dazu Vermögensverwalter Harry Rosenbaum im Interview.
Harry Rosenbaum ist Vorstand der Nordlux Vermögensmanagement S.A. in Luxemburg

Welche Einschätzung haben Sie zur aktuell hohen Inflationsrate? Was sind die Gründe? Ist es ein vorübergehendes Phänomen oder müssen wir uns längerfristig auf hohe Preise einstellen?

Harry Rosenbaum: Die aktuell hohe Inflationsrate hat kurzfristige Ursachen, die sich innerhalb eines Jahres zurückbilden dürften. Dennoch ist Inflation kein vorübergehendes Phänomen. Die Zentralbanken können die Inflation nicht nach Belieben steuern, weil sie zwei Treiber hat. Einerseits die Höhe der Geldmenge, welche dem Einfluss der Zentralbanken unterliegt Andererseits aber auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, das dem Einfluss der Zentralbanken entzogen ist. Letztere nimmt mit zunehmender Nachfrage nach Gütern zu und schlägt auf Preise und Löhne durch.

Die Entwicklung der Inflationsrate in Deutschland bis Dezember 2021
Quelle: Statistisches Bundesamt

Müssen sich Privatanleger derzeit Gedanken machen, wie sie sich vor hoher Inflation schützen können? Unter welchen Voraussetzungen sollten sie handeln, unter welchen eher abwarten?

Rosenbaum: Inflation war lange kein Thema für Privatanleger, aber das ändert sich. Wir befinden uns in einer Übergangszeit von negativen Zinsen zu tiefen positiven Zinsen und im weiteren Verlauf, der in Quartalen messbar sein wird, erwarten wir dauerhaft höhere Zinsen. Noch ist es Zeit, die Portfolios auf dieses neue Szenario auszurichten.

Wenn ein Anleger zu der Überzeugung gekommen ist, dass er sich vor hoher Inflation schützen will: Was kann er tun? Welche Anlageklassen schützen eher vor Inflation, welche weniger?

Rosenbaum: Um sich als Anleger vor Inflation zu schützen, muss man sich eine zentrale Regel bewusst machen. Steigende Zinsen sind Gift für langfristige, festverzinsliche Anlagen. Das heißt, gerade die als besonders sicher geltenden Staatsanleihen mit langen Laufzeiten sind in Zeiten steigender Zinsen eine denkbar ungünstige Anlageform.

Dagegen zeigt die Erfahrung, dass die Aktienmärkte zumindest zu Beginn einer neuen Inflationsphase einen gewissen Schutz vor Geldentwertung bieten. Aber Anleger haben nicht nur Vermögenswerte, sie haben auch Schulden. Für diese ist der Grundsatz gerade umgekehrt: Langfristige feste Zinsbindungen, die noch immer auf sehr attraktiven Niveaus möglich sind, schützen vor möglicherweise teuren Anschlussfinanzierungen. Privatvermögen, die mit diesen zwei Grundsätzen konstruiert sind, werden sich gut halten.

Mit alternativen Anlagen, das sind solche, die sich unabhängig vom Auf und Ab der Börsen und Zinsen entwickeln, kann der Anleger sein Depot gegen unvorhersehbare Schwankungen und eine überraschende Inflation absichern. Dazu eignen sich z.B. versicherungsgebundene Anleihen (Katastrophen-Bonds), deren Rentabilität von Naturereignissen abhängt, die völlig unabhängig von der Wirtschaft sind. Auch langfristige Investitionen in Infrastrukturen wie Spitäler oder Stromleitungen können als Depotbausteine einen Beitrag zur Minderung von Wertschwankungen leisten.

Muss man sich als Anleger überhaupt speziell vor Inflation schützen oder kann man sein Depot von vorneherein so aufbauen, dass es mögliche längere Inflationsphasen aushält?

Rosenbaum: Anlageentscheidungen können nicht ein für alle Mal gefällt werden, sondern müssen an die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst werden. Es macht einen großen Unterschied, ob man dauerhaft höhere Zinsen erwartet oder nicht, denn davon hängt die Höhe der festverzinslichen Anlagen im Depot ab. Jedoch ist Inflation nicht das einzige Kriterium. Sicherheit, Liquidität und Wachstum der Anlagen dürfen nicht vergessen werden. Zusätzlich wird man um die Frage nicht herumkommen, welche Nachhaltigkeitsanforderungen, also Anforderungen an ökologische, soziale Kriterien und Grundsätze der Unternehmensführung die einzelnen Komponenten des Depots aufweisen sollen.

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