
Inflation oder Deflation: Wie Anleger ihr Depot für beide Fälle rüsten
Am 04.08.2020 übersprang der Preis für eine Unze Gold die magische Marke von 2.000 US-Dollar und damit sein altes Hoch aus dem Jahr 2011. Am gleichen Tag verzeichnete die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe ihr bisheriges Rekordtief von 0,50 Prozent. Verkehrte Welt: Während Gold bei vielen Anlegern als klassischer Inflationsschutz gilt, suggerieren die rekordtiefen Renditen von Staatsanleihen Deflationssorgen. Der Goldpreis und die Renditen der US-Staatsanleihen entwickeln sich allerdings bereits seit Mitte 2018 gegenläufig. Woher kommt also dieses Phänomen?
Sichere Häfen
Investoren reagierten auf den immer weiter eskalierenden Handelskonflikt zwischen den USA und China und anderen Ländern mit Vorsicht. Die klassischen Safe Haven wie Staatsanleihen und Gold stehen in solchen Phasen besonders hoch im Kurs. Seit der Corona-Krise gilt dies noch viel mehr.
Inflation oder Deflation?
Die Frage, ob es tatsächlich zu einer Inflation oder Deflation kommt, lässt sich aber nicht so einfach beantworten. Dem weltweit sprunghaften Anstieg der Staatsschulden könnte – wie schon häufiger im vergangenen Jahrhundert beobachtet – ein Verfall der Fiat-Währungen folgen. (Anmerkung: Alle unsere von Regierungen unterstützten Währungen werden als Fiatgeld bezeichnet. Dazu zählen beispielsweise der Euro, US-Dollar oder Schweizer Franken.) Das lässt sich allerdings kaum an den Wechselkursen der wichtigsten Handelswährungen untereinander ablesen. Es kämpfen nämlich alle mit dem gleichen Problem. Viel mehr findet die Abwertung gegenüber Sachwerten wie Gold und Immobilien statt.
Wegen der geschwächten Nachfrage dürfte es dagegen auch noch dauern, bis sich dies im Gütermarkt durch höhere Verbraucherpreise widerspiegelt. Sofern es überhaupt dazu kommt. In der großen Depression Ende der 1920er Jahre erlebten die Amerikaner nämlich genau das Gegenteil: Die Preise sanken teils im zweistelligen Prozentbereich.
Auch ein klassischer Staatsbankrott kann für die großen Industrienationen eher ausgeschlossen werden. Notenbanken, die mittlerweile immer mehr eigene Staatsanleihen halten, dürften im Zweifel einen rettenden Schuldenschnitt auf die eigene Kappe nehmen.
Wir leben in Zeiten mit vielen Risiken, wobei jedoch immer noch das wahrscheinlichste Szenario eine Fortsetzung des Durchwurschtelns ist. Die Angelsachsen nennen das “muddling through”. Je nachdem, welche politischen Entscheidungen getroffen werden, sind aber sowohl eine Inflation als auch Deflation denkbar.
Im Falle einer Inflation gilt es dann Sachwerte wie Gold zu halten. Im Falle einer Deflation sind Nominalwerte wie Anleihen sinnvoller. Weil beide Szenarien in etwa die gleichen Eintrittschancen besitzen, sollte in einem Depot beides enthalten sein. Also Anlageklassen, die sich unkorreliert entwickeln. Offensichtlich sieht das der Markt derzeit auch so. Am Anleihenmarkt würde man von einer Barbell- oder Hantel-Strategie sprechen, was eine Mischung von Anleihepapieren mit sehr langer und sehr kurzer Laufzeit bezeichnet.
Innerhalb der Sachwerte nur auf Gold zu setzen, würde ein zu großes Klumpenrisiko bedeuten. Anleger sollten lieber den größten Teil des Vermögens auf verschiedene Aktien aufteilen. Damit beteiligt man sich an Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. Für diese werden Regierungen immer versuchen, ein halbwegs günstiges Investitionsumfeld zu gewährleisten.
Neben dem weiterhin wachstumsstarken Tech-Sektor dürften bald auch wieder attraktive Dividendenwerte ihr Comeback feiern. Denn die Kürzungen der Gewinnausschüttungen aufgrund von Liquiditätszwängen während des Corona-Lockdowns werden nicht auf Dauer sein. Gleichzeitig dürften sich die Zinsen weiter auf niedrigem Niveau bewegen.
Der Dax-Stand um 13.000 Punkte (Stand 26.08.2020) und der S&P 500 gewissermaßen auf einem Allzeithoch signalisieren, dass der Optimismus an die Märkte zurückgekehrt ist. Aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Risiken sollten Anleger ihr Depot breit aufstellen, um auch schwierige Marktsituationen gut überstehen zu können. Dazu zählen auch Investments in Anleihen und Gold.
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