
Darauf müssen sich Anleger einstellen: "Die Inflation wird 2022 Thema bleiben"

Wie wird sich die Inflation im Jahre 2022 entwickeln? Wie darüber hinaus?
Jürgen Drescher: „Inflation“ kommt vom lateinischen „inflare“ was so viel wie „aufblähen“ bzw.“ anschwellen lassen“ bedeutet. In der Volkswirtschaft beschreiben wir mit „Inflation“ eine Ausdehnung der Geldmenge durch die Notenbanken, die zu einer Entwertung von Währungen gegenüber allen anderen Gütern führt. Die Einschätzung der künftigen Preisentwicklung beeinflusst uns daher bei allen Entscheidungen, wie wir unser Geld ausgeben, investieren oder Kredite aufnehmen. Die Inflationserwartung ist somit von elementarer Bedeutung für die Wirtschaft.
Die US-Inflationsrate schnellte im Dezember 2021 erstmals seit 40 Jahren auf über 7 %. In Deutschland stiegen die Verbrauchspreise im Dezember um 5,3 % und damit so stark wie seit 1992 nicht mehr. Im Jahresdurchschnitt 2021 betrug die Teuerungsrate 3,1 %. Das ist der höchste Anstieg seit über 28 Jahren.

Die Inflation wird unserer Meinung nach das beherrschende Thema des Jahres 2022 bleiben. Die führenden Notenbanken gehen überwiegend noch von temporären Impulsschüben aus, die nach und nach schwächer werden. Es ist zu erwarten, dass sich der Preisdruck im Frühjahr abschwächen wird. Grund für die hohen Zuwächse sind der Vergleich der Energiepreise mit den durch die Nachfrage stark gefallenen Energiepreise im Frühjahr 2020 und die pandemiebedingten Lieferkettenprobleme, die Vorprodukte massiv verteuerten. Ohne Energiekosten lag die Preissteigerung in Deutschland im November 2021 bei „nur“ 3,4 %.
Diese Effekte werden kein Dauerzustand bleiben und sollten sich im Frühjahr diesen Jahres sukzessive bereinigen. Dauerhaft wird die Inflation sicherlich auch durch die Lohn-Preis-Spirale und die Preise für Wohnen beeinflusst werden.
Die aktuelle Prognose der Bundesbank liegt bei eine Inflationsrate für 2022 von rund 3,6 %. Dies ist unseres Erachtens ein realistischer Wert bei Berücksichtigung aller Faktoren.
Welche Anlageklasse kann als Inflationsschutz dienen?
Drescher: Anlagen in Geldwerten sind der Inflation schutzlos ausgeliefert. Aktien hingegen können grundsätzlich einen Inflationsschutz darstellen. Allerdings kommt nicht jede Aktien hierfür in Frage.
Durch die Beteiligung an Unternehmen durch die Aktie können Anleger von steigenden Preisen über die Kursentwicklung und die Dividenden profitieren.
Bei extremen Teuerungsphasen können nicht alle Unternehmen ihre steigenden Einkaufspreise voll umfänglich weitergeben. Daher ist eine richtige Selektion in Unternehmen wichtig, die aufgrund ihrer Globalisierung, Kundenbasis, Bilanz- und Marktstärke hierzu in der Lage sind.
Warum sind Aktien teilweise eine Inflationsschutz?
Drescher: Bei hohen Inflationen oder gar Hyperinflationen sind dem Inflationsschutz bei Aktien Grenzen gesetzt.
Ein Schutz vor Inflation ist nur dann gegeben, wenn der Wert der Aktien im Gleichschritt mit der Teuerung ansteigt. Diese Beziehung zwischen dem Vermögenswert der Aktien und der Inflation ist aber über die Zeit nicht stabil, da auch die Ursachen der Inflation unterschiedlichster Art sein können.
Hinzu kommt der Faktor, dass Aktien auch ein Totalverlustrisiko aufweisen. Somit können Teile eines Depots in besonderen Situation auch komplett ausfallen.
Sollten Anleger auch einen Teil ihres Vermögens in Gold anlegen?
Drescher: Auch wenn der Goldpreis 2021 hinter den Erwartungen vieler Anleger zurückblieb, gilt der dennoch als klassischer Inflationsschutz. Wir werden daher einen geringen Goldanteile, der situativ auch durch Goldminenaktien ergänzt werden kann, empfehlen.
Und welche Alternativen gibt es neben Aktien und Gold noch?
Drescher: Hier lässt sich eine Reihe von Investitionsmöglichkeiten aufzählen. In Inflationszeiten steigen meist auch die Immobilienpreise. Auch Rohstoffinvestments können eine Wertsteigerung erfahren. Investitionen in Private Equity und Venture Capital sind eine Art Unternehmensbeteiligungen und somit bieten diese auch bei entsprechender Auswahl Inflationsschutz.
In wie weit Kryptowährungen eine Alternative sind, lässt sich derzeit noch recht schwer erkennen, auch wenn diese teilweise als Äquivalent zu Gold angesehen werden. Dennoch haben Kryptowährungen keinen intrinsischen Wert, da sie Währungen als Bezahlfunktion ersetzen sollen.
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