
Das Dilemma des konservativen Anlegers
Bis Ende des Jahres 2021 konnten sich konservative Anleger über steigende Anleihekurse im Portfolio freuen. Dieser fortlaufende Kursanstieg führte zu einem Problem: Die laufende Rendite wurde immer weniger und war zuletzt sogar negativ. Im Juli 2021 rentierten zehnjährige Unternehmensanleihen mit einem BBB-Rating mit gerade noch 0,42 Prozent jährlich. Hier bekam der Anleger viel Risiko für sehr wenig Ertrag. Das Dilemma war allen bewusst, nur gab es leider keine Alternative.
Ganz anders sieht die Welt im Jahr 2023 aus. Zehnjährige Staatsanleihen rentieren bei 2,2 Prozent, BBB-Unternehmensanleihen bei 4 Prozent. Manche etablierte Geschäftsbank bietet für ein einjähriges Festgeld sogar an die drei Prozent Zinsen. Nun gibt es wieder Ertrag und das damit einhergehende Risiko dürfte vertretbar sein. Doch das Dilemma des konservativen Anlegers besteht fort.
Das liegt daran, dass der typische konservative Anleger in der Regel eine niedrige Volatilität, eine hohe Wahrscheinlichkeit der Kapitalrückzahlung und realen Kapitalerhalt sucht. Sprich: Der Ertrag sollte nach Steuern und Kosten die Inflation kompensieren.
Während niedrige Volatilität und Kapitalsicherheit wieder am Markt zu finden sind, bleibt das Problem der fehlende reale Kapitalerhalt. Kaum eine verzinsliche Anlage gleicht derzeit die Inflation von etwa acht Prozent aus. Selbst bei einem sehr hohen Emittentenrisiko müssen die Erträge noch mit Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag versteuert werden und sich damit um 26,4 Prozent mindern. Im Jahr 2023 wird unser konservativer Anleger daher keinen realen Kapitalerhalt erzielen.
Inflation wird sich bei 2 Prozent einpendeln
Dennoch lohnt es sich über das Jahr 2023 hinauszuschauen. Die Inflation wird vermutlich nicht anhalten. Zum einen gibt es den sogenannten statistischen Basiseffekt. Die Preise im Warenkorb müssten jedes Jahr weiter steigen, um die Inflation hochzuhalten.
Davon ist nicht auszugehen. In den letzten zwei Jahren sorgten der Abriss von Lieferketten und/oder Unterbrechung von Transportwegen, Preisexplosion bei Rohstoffen und ein dramatischer Anstieg bei den Energiekosten für den Preisanstieg. Diese Entwicklungen sind nicht linear fortschreibar und können sich wieder preisdämpfend verändern. Zum anderen ändert sich das wirtschaftliche Umfeld. Als Beispiel sei der aktuelle Rückgang in der Bauindustrie genannt, der sich zwangsläufig preis- und wachstumsdämpfend auswirken wird. Die Inflation wird sich Verlauf der nächsten fünf Jahre wieder dem
Wirtschaftswachstum anpassen und sollte sich innerhalb der nächsten zehn Jahre bei zwei Prozent einpendeln.
Mit einer zehnjährigen Bundesanleihe erreichen Privatanleger nach Steuern derzeit um die 1,6 Prozent. Bei einfachen Portfoliozusammenstellungen aus Staatsanleihen und BBB-bewerteten Anleihen im Verhältnis 70/30 sind nach Steuern immerhin schon zwei Prozent jährlich zu erzielen. Werden solche Portfolios noch um Aktien und sogenannte Liquid Alternatives ergänzt, sind vier Prozent jährlich
nach Steuern und Kosten möglich. Damit kann dann langfristig die Inflation geschlagen werden.
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