
Neue Grundsteuerberechnung: Sollte ich meine Immobilie jetzt verkaufen?

Worauf sollten insbesondere Kapitalanleger bei der Abgabe der Informationen achten?
Jürgen Lindauer: Kapitalanleger müssen grundsätzlich nur eine Grundsteuererklärung abgeben, wenn sie die Immobilie unmittelbar halten. das heißt, wer in einen offenen oder geschlossenen Immobilienfonds investiert hat oder seine Immobilien über eine Personen- oder Kapitalgesellschaft hält, muss für diese nicht selbst eine Grundsteuererklärung abgeben. Diese Pflicht obliegt demjenigen, der am 1.1.2022 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist oder der bereits zum Bewertungsstichtag der wirtschaftliche Eigentümer ist, da Nutzen und Lasten bereits auf ihn übergegangen sind.

Die Erklärungen machen je nach Bundesland unterschiedliche Angaben erforderlich. Für alle Modelle gilt, dass bei Wohnnutzung auch die Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung anzugeben ist.
Kapitalanleger sollten darauf achten, dass die Erklärungen bis spätestens 31.10.22 elektronisch eingereicht sind und sämtliche erklärten Daten richtig sind bzw. es sich insbesondere bei den Grundstücks- und Gebäudeflächen um die exakten den Normen entsprechenden Flächenangaben handelt. Hierbei ist zu differenzieren, ob es sich um eine Immobilie mit wohn- oder gewerblicher Nutzung handelt bzw. in welchem Bundesland diese liegt. Für Wohnimmobilien sind bundesweit, mit Ausnahme von Baden-Württemberg, die Flächen nach der Wohnflächenverordnung maßgeblich. In Baden-Württemberg ist die Fläche des Grund und Bodens alleinige Bemessungsgrundlage. Bei den gewerblich genutzten Immobilien gibt es eine Zweiteilung: In den Ländern Hessen, Bayern, Hamburg und Niedersachsen ist die Nutzfläche, in den anderen Bundesländern die Bruttogrundfläche Bemessungsgrundlage. Beide Flächenangaben sind dabei nach der DIN 277 zu ermitteln.

Darüber hinaus sollte von den Eigentümern auch abgeglichen werden, dass die erklärten Werte zu den Daten des Mietvertrags passen bzw. plausibel daraus abgeleitet werden können, da die Grundsteuer auch weiterhin auf den Mieter umgelegt werden kann und dieser insbesondere bei höheren Belastungen sich die Berechnung bzw. die Grundsteuererklärung vorlegen lassen könnte.
Verändert sich durch die neue Grundsteuer die Renditebetrachtung?
Lindauer: Da die Grundsteuer auch weiterhin auf den Mieter umlegbar ist, ergeben sich keine Änderungen an der Renditebetrachtung.

Oder sollten Investoren die Beschäftigung mit der eigenen Immobilie zum Anlass nehmen, die Investition in eine Immobilie grundsätzlich zu hinterfragen.
Samir Zakaria: Es ist immer gut, sich mit den getätigten Investitionen zu beschäftigen oder diese zu hinterfragen. Passt der Mix der Anlageklassen (noch)? Ist mit der jeweiligen Investition ein neues Risiko verbunden (z.B. Mietendeckel in Berlin)? Entwickelt sich der Markt erwartungsgemäß oder ist die Entwicklung überraschend? Entspricht die Investition noch den gewünschten Zielvorgaben oder sollte aus persönlichen/ technischen Gründen eine Veränderung oder gar ein Verkauf bedacht werden? Unerwartet hohe Instandhaltungsaufwendungen, schwache Mietentwicklungen, neue rechtliche Beschränkungen (z.B. Erhaltungssatzungen in Berlin) können den Ausblick fundamental verändern.
Welche Gründe sprechen im Moment für einen Immobilienverkauf?
Zakaria: Ein guter Grund ist immer ein guter Preis oder eine bessere Alternative.
Ein dauerhaftes Ende des Immobilienbooms ist allerdings trotz steigender Zinsen nicht in Sicht. Insbesondere im Einzugsgebiet deutscher Großstädte ist der Trend zu höheren Immobilienpreisen, wenn auch etwas abgeschwächt, noch intakt. Dies liegt vor allem an der Immobilien- und Bauplatzknappheit.
Grundsätzlich hängt der Verkauf auch von den Gesamtumständen des Investors ab. Ein wichtiger Faktor ist die Risikofreudigkeit. Es entstehen zurzeit an den Anleihenmärkten wieder Anlagealternativen. Dies könnte konservative Immobilienanleger umschwenken lassen. Ebenfalls ein wichtiger Punkt für Investoren ist, ob es Möglichkeiten der Nutzungsoptimierung der Immobilie gibt. Sie sehen, ein möglicher Verkauf ist von unterschiedlichen und sehr individuellen Faktoren abhängig.
Wann sollte ich meine Immobilie behalten?
Zakaria: Das Behalten von Immobilien ist oftmals emotional begründet, selten ist der Immobilienbesitz sachlich (z.B. ausgewogener Mix der Anlageklassen) begründet. Jede Investition sollte zu den eigenen Präferenzen passen. Man sollte Planspiele zu möglichen Veränderungen nicht scheuen. Eine regelmäßige Auseinandersetzung mit der gegebenen Vermögenssituation gibt einem vielleicht die richtigen Argumente für das Behalten einer Immobilie.
Aus der Metaebene betrachtet erwarten wir wie gesagt, dass Wohnmärkte in guten Lagen im weiteren Verlauf des Jahres 2022 und darüber hinaus Preissteigerungen erleben werden. Gerade die stark aufkommende Inflation führt dazu, dass der eine oder andere Anleger in den Sachwert Immobilie investiert, um seine liquiden Assets zu reduzieren.