
Neue Grundsteuerberechnung: Lohnen sich Investments in Immobilien noch?

Was müssen Haus- und Eigentumswohnungsbesitzer jetzt konkret tun – insbesondere, wenn sie Kapitalanleger sind?
Jürgen Lindauer: Jeder Besitzer einer in Deutschland gelegenen Immobilie muss im Zeitraum 01.07. – 31.10.2022 eine Grundsteuererklärung einreichen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Immobilie selbst bewohnt oder als Kapitalanlage vermietet wird. Zusätzlich muss jeder Immobilienbesitzer auch jede Änderung an der Immobilie, die nach dem 01.01.2022 erfolgt, dem Finanzamt am Anfang des kommenden Jahres bis zum 31.01. anzeigen.

Die Erklärungen machen je nach Bundesland unterschiedliche Angaben erforderlich. Für alle Modelle gilt, dass bei Wohnnutzung auch die Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung anzugeben ist.
Wie kann ich eine Immobilie richtig bewerten? Auf was ist zu achten bzw. wo erhalte ich die konkreten Informationen?
Lindauer: Die Bewertung ergibt sich nach dem Modell der Bundesländer. Fünf Bundesländer haben eine eigene Lösung geschaffen und die anderen folgen dem Bundesmodell. Die Informationen hat der Immobilieneigentümer selbst zusammen zu tragen. Hierzu zählen neben den Flächenangaben für das Grundstück und das Gebäude auch bestimmte Grundbuchangaben, die es erforderlich machen, dass man eine aktuellen Grundbuchauszug anfordern muss.
Sofern ein Kaufvertrag oder auch Architektenunterlagen vorliegen, können Daten teilweise diesen Unterlagen entnommen werden. Aber auch das Baujahr ist anzugeben und ob gegebenenfalls im Zeitablauf eine Kernsanierung vorgenommen wurde. So zumindest im Bundesmodell. In den Ländermodellen spielt das Baujahr und eine Kernsanierung keine Rolle. Am einfachsten ist das Modell in Baden-Württemberg, bei dem nur die Grundstücksfläche anzugeben ist. Daten zu den Flächen des Gebäudes sind nur in Ausnahmefällen notwendig.

Welche Auswirkungen hat die Änderung der Grundsteuer auf die Mietrendite bzw. die Attraktivität von Immobilien als Kapitalanlage?
Lindauer: Die Grundsteuerreform soll nach dem Willen des Gesetzgebers aufkommensneutral erfolgen, sodass zumindest in der Summe das Gemeindeaufkommen nicht viel höher sein soll. Allerdings hat man keinen Rechtsanspruch hierauf. Nach ersten Berechnungen wird es in allen Verfahren Gewinner und Verlierer gegenüber der bisherigen Grundsteuerbelastung geben. Da regelmäßig die Grundsteuer auf den Mieter umgelegt wird, hat die neue Grundsteuer keine Auswirkungen auf die Mietrendite bzw. Attraktivität von Immobilien als Kapitalanlagen.
Die Änderung der Grundsteuer ist nur eine Herausforderung, die wachsenden Anforderungen an Klimaschutz oder Mietpreisbremse weitere, die in den nächsten Monaten auf Immobilienbesitzer zukommen.

Kann man angesichts dessen überhaupt noch Immobilien kaufen – und wenn ja, wo? Oder sollte man besser gerade jetzt verkaufen?
Samir Zakaria: Aus unserer Sicht werden Wohnmärkte in guten Lagen im Jahr 2022 und darüber hinaus weiterhin Preissteigerungen erleben. Gerade die stark aufkommende Inflation führt dazu, dass der eine oder andere Anleger in den Sachwert Immobilie investiert, um seine liquiden Assets zu reduzieren. Gleichermaßen besteht weiterhin eine Immobilien- und Bauplatzknappheit, welche die Preise für eigengenutzte Immobilien, vor allem in Einzugsgebieten von größeren Städten, nach oben treibt.
Als gegenlaufender Faktor sind die sprunghaft gestiegenen Darlehenszinsen zu nennen. Seit Ende 2018 war man Zinsen mit einer Null vor dem Komma gewohnt, jetzt ist man bei über 2 Prozent für ein zehnjährige Zinsbindung. Aus unserer Sicht dürfte aber der erstgenannte Faktor überwiegen und die Nachfrage das Angebot übertreffen. Investoren im In- und Ausland haben immer noch sehr viel Liquidität auf den Konten, sodass die Bereitschaft steigt, in Sachwerte wie Immobilien oder Aktien zu investieren.
Einige bislang nicht besonders beachtete Städte werden weiterhin Wachstum im Neubaubereich und in den Mietentwicklungen verzeichnen. Aber auch Städte wie Berlin, die eine Mietpreisbremse haben, werden weiter steigende Immobilienpreise verzeichnen. Im Vergleich zu internationalen Metropolen haben die Immobilienpreise in Deutschland noch Luft nach oben.