
Immobilie geerbt: Das sollten Sie wissen

Frage: Frau Gatzweiler, lohnt es sich, das Erbstück zu sanieren und zu vermieten?
Marianne Gatzweiler: So pauschal kann ich dazu keine Aussage treffen. Wenn das Erbstück der Familiensitz seit Jahrhunderten ist, dann spielt die Wirtschaftlichkeit eine untergeordnete Rolle. Ziel ist es die Immobilie verantwortungsvoll an die nächste Generation weiterzuvererben.
Auch das Thema Erbschaftssteuer kann interessant sein, denn bei weiterer Selbstnutzung durch den Erben kann das Objekt nach 10 Jahren unter bestimmten Bedingungen erbschaftssteuerfrei veräußert werden. Wenn die Selbstnutzung innerhalb der 10-Jahres-Frist aufgegeben wird, kann es unter bestimmten Bedingungen zu einer Nachversteuerung kommen.
Wenn es aber eine Immobilie ohne „emotionale Bindung“ ist und eine Selbstnutzung nicht vorgesehen ist, stellt sich immer die Frage der Wirtschaftlichkeit der Immobilie. Entscheidend kann auch sein, ob die Immobilie weiter weg liegt. Wenn man sich nicht selbst darum kümmern kann, braucht man einen Verwalter.
Wie rentabel ist die Immobilie? Diese Berechnung führen aber die wenigsten Immobilieneigentümer durch. Auch muss man sich die Frage stellen, wie hoch muss die Miete sein, damit sich die Investition – nicht nur für den Mieter- rechnet.

Als Vermieter haben Sie zusätzlich das Mieterrisiko. Kann ich mir die Belastung auf der Immobilie leisten, wenn ich keine Miete oder nur geringe Miete erziele? Wie lange kann ich mir so etwas leisten und wie schließe ich meine daraus resultierende Liquiditätslücke?
Eine Immobilie kostet Geld und ganz viel Zeit. Ganz nach dem Spruch: Bist du reich und dumm, baust du alte Häuser um. Auch stellt sich die Frage, wie bezahle ich die Erbschaftssteuer für die Immobilie, wenn ich diese nicht selber nutzen möchte.
Bei Selbstnutzung des Erbstücks könnte man überlegen, ob man die bisher selbst genutzte Immobilie steuerfrei verkaufen oder an die Kinder verschenken kann.
Frage: Könnte „einfach liegenlassen und auf Wertsteigerung des Sachwerts angesichts von Magerzinsens zu vertrauen die bessere Option sein?
Gatzweiler: Einfach liegenlassen, das heißt nicht vermieten und nichts tun – das geht bei einer Immobilie gar nicht. Egal, ob eigengenutzt oder vermietet, eine Immobilie braucht Zeit, macht Arbeit und verursacht immer fixe Kosten, wie Gebäudeversicherung, Grundbesitzabgabe, Heizung, Wasser und Abwasser sowie Strom. Der Garten muss auch gepflegt werden, genauso wie das Dach. Wartung der Heizung und Schornsteinfeger sind auch sehr wichtig, eine neue Heizung kann teuer werden.
Also, auf eine Wertsteigerung zu vertrauen ohne etwas zu tun, das geht leider nicht. Außerdem ist auch noch die Erbschaftsteuer zu zahlen und das bei nur Kosten und ohne Ertrag.
Frage: Oder doch lieber verkaufen, bevor die Politik sich immer neue Klima-Auflagen für Hausbesitzer ausdenkt?
Gatzweiler: Verkaufen nur unter dem Aspekt der gesetzlichen Klima-Auflagen? Nein! Der Gesetzgeber erlaubt z.B. keine neue Ölheizung zu installieren, das finde ich richtig unter Klimaaspekten. Da dies eine gesetzliche Vorgabe im Bereich der energetischen Sanierung ist, hilft die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit einer günstigen Finanzierung und evtl. gibt es noch eine staatliche Förderung.
Frage: Stehen wir vor dem Platzen einer Preisblase bei Immobilien
Gatzweiler: Preisblase bei Immobilien – das hängt noch immer sehr stark von der Lage und der Nutzung der Immobilie ab. Im Wohnbereich gibt es in den Ballungsräumen seit langem fast kein Immobilienangebot, dies trifft aber auf eine große Nachfrage. Gute Immobilien kommen auch nur selten auf den freien Markt, da diese von Immobilienmaklern direkt an potentielle Kunden weitergegeben werden.
So lange die Zinsen so günstig bleiben, sehe ich noch keine Bereinigung des Wohnimmobilienmarktes, da auch von der Kapitaldienstseite keine Ausweitung des Immobilienangebotes zu erwarten ist. Denn vor 10 Jahren wurde ein Darlehen mit 10 Jahres Zinsbindung mit einen effektivem Jahreszins von 3,8 % p.a. abgeschlossen, aktuell liegt dieser Zins bei ca. 1,0 % p.a. für die Prolongation. Also ist auch von der Kapitaldienstseite kaum mit einer Ausweitung des Angebotes zu rechnen.
Im Bereich des Einzelhandels und der Büronutzung, d.h. der gewerblichen Immobilien, sieht das ganz anders aus. In diesem Segment sind vorwiegend professionelle Investoren unterwegs.
Diese Entwicklung ist aber weniger des niedrigen Zinsumfeldes, sondern der Coronapandemie geschuldet.
Frage: Doch wenn ich verkaufe, wohin mit dem Geld?
Gatzweiler: Die Geldanlage sollte auf keinen Fall ein Sparbuch sein, denn das bedeutet realer Kaufkraftverlust. Auch kann überlegt werden, ob Kinder zu Lebzeiten mit einer Schenkung bedacht werden könnten.
Eine kleine altersgerechte Wohnung könnte auch eine interessante Anlage sein. Ich höre von vielen meiner Kunden, dass sie sich bereits in jungen Jahren in einer Seniorenresidenz „eingekauft“ haben. Wenn man dann einmal aufräumt, sollte direkt auch eine Bereinigung der verschiedenen Banken erfolgen.
Wenn Sie als langfristige Anlage weiterhin Immobilien wünschen, könnten Sie offene Immobilienfonds im Bereich der Wohnimmobilien kaufen. Diese Anlage wird professionell gemanagt, kümmert sich um alles und Sie profitieren vom Ertrag.
Neben Immobilien gibt es noch weitere Sachanlagen wie Gold und Aktien sowie Aktienfonds.
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