
Hohe Zinsen bei Immobilien: "Bloß keine Panikkäufe"

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Zinsen für Immobilienfinanzierungen ein?
Samir Zakaria: Neben den Leitzinsen sind die Renditen für Staatsanleihen ein wichtiger Indikator für die Bauzinsen. Ein steigender Leitzins sowie höhere Renditen bei Staatsanleihen werden mittelfristig steigende Zinsen in der Baufinanzierung zur Folge haben. Die Zinserhöhungen der Fed in diesem Jahr haben bereits durch Wechselwirkungen einen großen Einfluss auf die Baufinanzierungskonditionen bei uns in Deutschland. 10-jährige Zinsbindungen nähern sich bereits der 3 %-Marke, die wir zuletzt vor über zehn Jahren gesehen haben.
Wenn sich die Inflationsseite entspannt und sogar Rezessionsängste realer werden, könnte dies zu einem Umdenken der Notenbanken führen und der Zinserhöhungszyklus abgeschwächt werden. Das ist allerdings schwer vorherzusehen. Hinzu kommt, dass die EZB in der Erhöhung Leitzinsen der Fed bisher noch nicht gefolgt. Zinserhöhungen auch in Europa gelten allerdings als ausgemachte Sache. Von daher gehen wir davon aus, dass die Bauzinsen weiter steigen, wenn auch nicht in dem gleichen Tempo wie bisher in diesem Jahr.

Ist die Zinsentwicklung ein guter Grund, jetzt schnell etwas zu kaufen?
Zakaria: Wer den Bau oder Kauf einer Immobilie plant, sollte bald handeln, um sich die im historischen Kontext immer noch niedrigen Zinsen zu sichern. Schon ein Anstieg um einen Prozentpunkt wirkt sich nachhaltig auf die Gesamtkosten einer Immobilienfinanzierung aus.
Steigende Zinsen und gleichbleibende oder weiter steigende Immobilienpreise werden dann bei vielen Menschen den Traum vom Eigenheim nicht in Erfüllung gehen lassen. Man sollte allerdings aufgrund des steigenden Zinsniveaus nicht panisch nach Investitionsmöglichkeiten im Immobilienbereich suchen. Hier gilt immer noch die Devise, sich genau die Rahmendaten und auch die Kennzahlen wie Eigenkapital- und Objektrendite der Immobilien genau anzuschauen. Das heißt, niemand sollte sich angesichts der aktuell niedrigen, aber steigenden Bauzinsen unter Druck setzen lassen und überstürzt ein Immobiliendarlehen aufnehmen. Dem Bau oder Kauf einer Immobilie sollten immer eine ausführliche Beratung zur Immobilie und ein gründlicher Vergleich verschiedener Finanzierungsangebote, Konditionen und Zinsen vorausgehen.
Verbraucher, die eine Immobilienfinanzierung abgeschlossen haben, bei der die Zinsfestschreibung in zwei oder drei Jahren abläuft, sollten allerdings aktiv werden. Sie können sich schon heute die Zinsen für die Anschlussfinanzierung sichern. Die Absicherung erfolgt über ein sogenanntes „Forward-Darlehen“.
Was spricht jetzt gegen einen Immobilienkauf?
Zakaria: Gegen den Grund Zinsentwicklung für die Kaufentscheidung spricht, dass dies gegebenenfalls von anderen wichtigen Faktoren ablenkt. Eine Immobilie sollte immer von verschiedenen Seiten aus beleuchtet werden. Im Einkauf liegt oft der Gewinn, sofern die Lage passt. Noch sehen wir aufgrund von Angebotsknappheit weiter steigende Immobilienpreise in guten Lagen. Allerdings kann dem in den nächsten Jahren entgegenwirken, dass die gestiegenen Zinsen einen Verkaufsdruck auslösen. In diesem Fall wäre es je nach Höhe des Kaufpreisrückganges sinnvoller, erst dann zu kaufen unter der Inkaufnahme von höheren Bauzinsen.
Glauben Sie, dass die Immobilienpreise dauerhaft hoch bleiben beziehungsweise weiter steigen?
Zakaria: Ein dauerhaftes Ende des Immobilienbooms ist noch nicht in Sicht. Zwar werden immer mal wieder Einbrüche vorhergesagt, diese fanden in den letzten Jahren allerdings nicht statt. Fast überall sind die Preise am Immobilienmarkt gestiegen. Insbesondere in deutschen Großstädten hat sich der Trend zu höheren Immobilienpreisen noch verschärft.
Ein überschaubares Angebot und eine hohe Nachfrage treiben weiterhin die Preise am Immobilienmarkt. Das steigende Zinsniveau kann allerdings in den nächsten Jahren Druck auf die Immobilienpreise auslösen, dies allerdings sehr heterogen. Das Motto „Lage, Lage, Lage“ wird noch wichtiger, so dass Investoren aufpassen müssen, hier keine Fehler zu machen.
Wenn ich jetzt eine Immobilie kaufen will, wie sollte ich am besten vorgehen?
Zakaria: Der Kauf einer Immobilie ist nicht nur eine Frage der einfachen Ökonomie, sondern auch der Gesamtumstände. Wie risikofreudig sind die potenziellen Eigentümer? Wie lange soll die Immobilie gehalten werden? Welche Nutzungsoptimierungen sind möglich? Welche Anlagealternativen gibt es für den immobilienaffinen Investor? Da dürften persönliche Einstellungen, Ängste und familiäre Planungen entscheidender sein als die reine Ökonomie. Eine gute Beratung durch einen ganzheitlichen Vermögensverwalter ist in dieser Phase sehr wichtig. Wenn dann eine Entscheidung für eine Immobilie getroffen wurde, sollte das aktuelle Zinsniveau schnellstmöglich durch einen Finanzierungsexperten gesichert werden.