
Zins-Anlagen: Anleihen-ETFs sind wieder interessant
Der wichtigste Unterschied: Anleger, die direkt einzelne Anleihen kaufen, können sich feste Zinsen sichern. Zwischenzeitliche Kursverluste müssen sie nicht beunruhigen. Bei ETFs ist das anders. Mit Blick auf die vergangenen drei Jahre zum Beispiel machten Anleger vor allem mit vielen Anleihen-ETFs Verluste. Die Verunsicherung ist daher groß. Doch aufgrund des wieder höheren Zinsniveaus und möglicher Zinssenkungen in der Zukunft, könnten Anleihen-ETFs jetzt wieder interessant sein. Hierzu einige Antworten auf wichtige Fragen:
Was sind Anleihen?
Anleihen sind im Prinzip handelbare Kredite. Staaten und Unternehmen leihen sich bei Investoren über Anleihen Geld, zahlen dafür Zinsen und tilgen ihre Schuld, wenn die Anleihen fällig werden. Dabei stehen bei Staaten und Unternehmen oft viele Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten aus. Der Anleihemarkt ist riesig – laut Informationsdienst Bloomberg beträgt der Gegenwert weltweit ca. 124 Billionen Dollar.
Was bedeutet „Rendite“ bei Anleihen?
Hiermit ist der jährliche Ertrag gemeint, mit dem Anleger rechnen können, wenn sie Anleihen kaufen und bis zur Fälligkeit halten. Voraussetzung dafür ist, dass der Anleiheschuldner solvent bleibt. Die Rendite errechnet sich bei Anleihen vor allem aus dem Zusammenspiel von Kaufkurs, Zins und dem Rückzahlungs- beziehungsweise Nominalwert von 100 Prozent. Ein einfaches Beispiel: Wer eine Anleihe mit einem Zinskupon von fünf zum Kurs von 100 Prozent kauft, sichert sich eine Rendite von fünf Prozent pro Jahr. Der jährliche Zins und die jährliche Rendite sind in diesem Beispiel gleich. Während der Laufzeit werden Anleihen gehandelt, dadurch ändern sich die Kurse. Die Zinsen stehen aber fest und beziehen sich immer auf den Nominalwert. Deshalb steigen die Renditen bei sinkenden Anleihekursen. Umgekehrt sinken die Renditen bei steigenden Anleihekursen.
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Was bedeutet „Rendite“ bei Anleihen-ETFs?
Klassische Anleihen-ETFs haben keine feste Laufzeit, deshalb lässt sich die Rendite im Vorfeld nicht berechnen. Entscheidend ist die Differenz zwischen dem Einstiegskurs und dem Ausstiegkurs, zu dem Anleger einen Anleihen-ETF an der Börse kaufen. Die Börsenkurse der Anleihen-ETFs hängen wiederum von den Zinskupons und den Kursen der jeweiligen Anleihen im ETF ab. Aus der Entwicklung des Börsenkurses und den Zinseinnahmen errechnet sich der Gesamtertrag (Total Return) der Anleihen-ETFs. Um mit Anleihen-ETFs Erträge zu erzielen, müssen also die Kurse der Anleihen in den Fonds steigen oder dürfen zumindest nicht so stark fallen, dass sie die Zinseinnahmen aufzehren. Der Total Return ist bei steigenden Anleihekursen bei thesaurierenden ETFs höher, weil dort die Zinsen automatisch immer wieder angelegt werden. Damit kommt der Zinseszinseffekt zum Tragen. Anleger, die Wert auf regelmäßige Einnahmen legen, wählen bei Anleihen-ETFs die ausschüttende Variante, bei denen die Zinsen regelmäßig gutgeschrieben werden. Die Höhe der Zinsen lässt sich am durchschnittlichen Kupon beziehungsweise der Ausschüttungsrendite ablesen. Angaben dazu gibt es in den Factsheets vieler ETFs.
Wichtig ist zudem, dass Anleihen-ETFs nicht statisch sind. Das bedeutet, dass fällige Anleihen regelmäßig durch neue Anleihen ersetzt werden. Wenn neue Anleihen auf den Markt kommen und in Indizes aufgenommen werden, werden sie auch in die jeweiligen ETFs gekauft. Damit verändern sich je nach Marktlage die durchschnittlichen Zinskupons und damit auch die durchschnittliche Rendite der Anleihen in den ETFs. Auch die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen in den ETFs kann sich durch die Aufnahme neuer Anleihen ändern. Ausnahme sind Anleihen-ETFs, die bestimmte Laufzeitspannen abbilden. Diese verkaufen Anleihen vor der Fälligkeit, wenn sie nicht mehr zum Fondsprofil passen.
Sind Anleihen-ETFs jetzt sinnvoll für Anleger?
Anlagestrategen sind überzeugt, dass sich Anleihen-ETFs aktuell lohnen. Sie gehen davon aus, dass die Anleihekurse steigen werden. Der Ertragsausblick hat sich bei Anleihen in den vergangenen 24 Monaten so radikal verbessert wie bei sonst keiner anderen Anlageklasse. Hauptgrund der Profianleger für den Optimismus mit Blick auf die Anleihekurse ist die Annahme, dass die Notenbanken die Leitzinsen nicht weiter erhöhen werden. Ab Mitte des Jahres werden sogar die ersten Leitzinssenkungen erwartet. Dass Leitzinssenkungen zu Kurssteigerungen bei Anleihen und damit auch bei Anleihen-ETFs führen, liegt an folgendem Mechanismus: Wenn die Leitzinsen sinken, begeben auch Staaten und Unternehmen neue Anleihen mit niedrigeren Zinskupons. Das bedeutet: Schon vor längerer Zeit ausgegebene Anleihen mit höheren Zinskupons werden attraktiver und stärker nachgefragt. Das wiederum lässt deren Kurse steigen. Im Gegenzug sinken die Renditen der älteren Anleihen so lange, bis sie sich auf das neue Zinsniveau eingependelt haben. Der umgekehrte Fall in 2022, als die Notenbanken das Zinsniveau nach oben getrieben haben, hat die Anleihenkurse dagegen stark fallen lassen.
Welche Kennziffern sind für die Auswahl eines Anleihen-ETF wichtig?
Entscheidend sind das Kreditrisiko und das Laufzeiten- bzw. Durationsrisiko: Mit Kreditrisiko ist die Bonität der Anleiheschuldner gemeint. Staaten wie Deutschland, Frankreich oder die USA haben eine ausgezeichnete oder zumindest sehr gute Bonität, das heißt: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sie ihre Anleihen nicht bedienen. Auch bei Unternehmen gibt es viele Schuldner mit sehr guter bis ordentlicher Kreditwürdigkeit. Aufschluss über die Bonität der Anleihen im ETF-Portfolio geben oft die Factsheets: Dort wird die Aufteilung der Anleihen nach Ratings genannt. Ratings von „AAA“ bis „BBB+“ stehen für eine ausgezeichnete bis mittlere Bonität und stehen für das Gütesiegel Investmentgrade. Ratings ab „BB+“ und niedriger deuten auf ein erhöhtes bis sehr hohes Ausfallrisiko hin. Anleihen mit diesen Non-Investmentgrade-Ratings werden auch High-Yield-Anleihen oder Junkbonds genannt. Je schlechter die Bonität der Anleihen im ETF ist, desto größer sind die Risiken und auch die Kursschwankungen. Dafür sind die Zinsen der Anleihen mit schwacher Bonität meist höher als die der Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität.
Im Podcast: Darauf sollten Anleger bei der ETF-Auswahl achten
Börsengehandelte Indexfonds, die ETFs, sind bei Anlegern nach wie vor begehrt. Damit stellt sich die Frage: Wie finde ich eigentlich den richtigen ETF? Auf was Anleger achten sollten, erklärt Nikolas Kreuz, Geschäftsführer der INVIOS GmbH Institut für Vermögenssicherung & Asset Management in Hamburg, im V-CHECK Podcast.
Je länger die Laufzeit der Anleihen im Portfolio ist, desto größer sind die Risiken und damit auch die Kursschwankungen der Anleihen und des ETF-Portfolios. Dafür sind in der Regel auch die Zinsen bei Anleihen mit langer Laufzeit höher als bei kurz laufenden Anleihen. Um das Laufzeitrisiko genauer zu beziffern, schauen Anleiheinvestoren auf die Kennziffer „Duration“. Auch dazu gibt es Angaben in den Factsheets der Anleihen-ETFs. Die Duration bezeichnet die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer der Anleihen im ETF-Portfolio. Neben der Laufzeit spielt für diese Kennziffer auch die Höhe der Zinszahlungen eine Rolle. Zinsen verkürzen die Duration, weil Anleger während der Laufzeit der Anleihen bereits Geld bekommen. Wie entscheidend die Duration ist, zeigt ein einfacher Vergleich: ETFs auf Euro-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mindestens 25 Jahren und einer entsprechend hohen Duration haben in den vergangenen drei Jahren 48 Prozent verloren. ETFs auf Euro-Staatsanleihen mit Laufzeit von einem bis drei Jahren verloren seither nur um vier Prozent.
Was sind die Vorteile von Anleihen-ETFs im Vergleich zu Anleihen?
Mit Anleihen-ETFs streuen Anleger die Risiken breit und investieren oft in Hunderte verschiedene Anleihen und Schuldner. Das ist gerade dann wichtig, wenn die Bonität der Emittenten schwach ist. Über ETFs sind Privatanlegern auch Anleihen mit hohen Mindestanlagesummen zugänglich, wie es oft bei Unternehmensanleihen ab 100.000 Euro der Fall ist. Der ETF-Handel ist einfach, und die Gebühren der ETFs liegen oft bei weniger als 0,20 Prozent pro Jahr.
Fazit
Sich am Anleihenmarkt zu engagieren, ist oftmals nicht so einfach, wie es scheint. Das mussten viele Anleger im Horror-Jahr 2022 feststellen. Wenn jedoch die Aussicht auf stabile oder tendenziell fallende Zinsen besteht, sind Anleihen-ETFs eine interessante Alternative, zumal viele aktiv gemanagten Rentenfonds ihre Index-Pendants oftmals nicht schlagen.
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