
Schutz vor Altersarmut: 100.000 Euro geerbt – reicht das für die Rente?
„Lieber erben statt sparen“, diese Luxussituation ist hierzulande gar nicht so selten. Rund jeder zehnte Erwachsene in Deutschland gibt laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) an, in den letzten 15 Jahren eine größere Erbschaft oder Schenkung erhalten zu haben. Aber ist es wirklich so einfach? Auch wenn es sich oft um sechsstellige Summen handelt: Reicht das heute wirklich, um sich keine Sorgen mehr um Geld zu machen? Im Mai kletterte die Inflationsrate auf 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat – ein zehn Jahres-Hoch in der Messung der Preisentwicklung für Waren und Dienstleistungen. Und die gefühlte Geldentwertung, die besonders auf häufig gekaufte Produkte abzielt, lag mit 4,1 Prozent noch erheblich höher. „Viele Bundesbürger unterschätzen, was es für Vermögen bedeutet, wenn es nicht rentabel investiert wird und die Inflation die Kaufkraft über die Jahre massiv reduziert“, erklärt Carmen Bandt, zertifizierte Finanzplanerin und Geschäftsführende Gesellschafterin bei der Kidron Vermögensverwaltung aus Stuttgart.
Geld nur zu haben, reicht nicht
Für 100.000 Euro wird es in 20 Jahren deutlich weniger im Einkaufskorb geben, das ist eigentlich kein Geheimnis. Wer einfach die offizielle Verbraucherpreissteigerung weiterrechnet sieht schnell, dass er in zwei Jahrzehnten für diesen Betrag nur noch Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 61.000 heutigen Euro bekommt. Anders ausgedrückt, die Kaufkraft sinkt um fast 40 Prozent. Und gerade beim Thema Altersvorsorge geht es oft um mehrerer Jahrzehnte Sparphase, um anschließend eventuell 30 oder mehr Jahre sorgenfrei zu leben. Hier ist Inflation ein ganz entscheidender Faktor. Wer den Kopf in den Sand steckt und sein Geld nicht frühzeitig rentabel anlegt, wird auch mit einer sechsstelligen Summe nicht weit kommen. Als Faustregel braucht es sogar über 300.000 Euro zum Ruhestandsbeginn, um lebenslang eine monatliche Zusatzrente von 1.000 Euro zu bestreiten – und auch hier sollte die Inflation miteinkalkuliert werden. Was auf den ersten Blick desillusionierend aussieht, ist hauptsächlich eine Frage rechtzeitiger Planung: „Wer in jungen Jahren die richtigen Weichen stellt, dem können Zinseszinseffekte enorm helfen einen ausreichenden Kapitalstock aufzubauen“, sagt Kidron-Expertin Bandt.
Ausreichender Ertrag
Allerdings leiden viele Altersvorsorge-Klassiker unter dem niedrigen Zinsniveau. „Inflation lässt die Kaufkraft geldwerter Anlageformen wie Lebensversicherungen, Spareinlagen oder festverzinslicher Wertpapiere wie Eis in der Sonne dahinschmelzen“, sagt Markus Merkel von der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung GmbH aus München. Ohne Frage macht es Sinn, nicht alles Geld nur auf eine Karte zu setzen. Eine solide Altersvorsorge sollte sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzen, etwa Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung, Immobilienbesitz oder private Versicherungen. Aber der größte Helfer beim langfristigen Vermögensaufbau sind Zinseszinseffekte, die entstehen, wenn erzielte Rendite wieder reinvestiert wird und selbst anfängt, Rendite abzuwerfen. Das Kapital sollte zudem inflationssicher positioniert werden. „Der Anleger muss sich vom Gläubiger zum Eigentümer entwickeln und in nicht beliebig vermehrbare Anlageformen investieren, so genannte Substanzwerte wie Qualitätsaktien, Edelmetalle, Rohstoffe und liquide Immobilien“, rät Anlagefachmann Merkel. Vermögen real rentabel anzulegen ist heute wahrscheinlich eine der wichtigsten Maßnahmen, um einen finanziell angenehmen Ruhestand abzusichern. Einfach nur 100.000 Euro auf der hohen Kante zu haben ohne zu handeln, reicht dagegen bei weitem nicht für eine ausreichende Altersvorsorge.
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