Immobilie verschenken oder vererben? Das müssen Sie wissen.

Immobilie verschenken oder vererben? Das müssen Sie wissen.


Was gibt es für Immobilienbesitzer zu beachten, die ihre Immobilie an Lebenspartner, Bekannte oder die nächste Generation weitergeben möchten? Wann ist es sinnvoll die Immobilie zu schenken, statt zu vererben? Und was kommt dabei auf die Beschenkten/Erben zu? Antworten geben Rechtsanwalt René Udwari und Vermögensverwalter Samir Zakaria.
René Udwari ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Mazars und berät vermögende Privatkunden sowie Familienunternehmen und deren Gesellschafter. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die Unternehmens- und Vermögensnachfolge.

Was müssen Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung beachten, wenn sie ihre Immobilie verschenken und/oder vererben wollen?

René Udwari: Wird die Immobilie zur Altersvorsorge benötigt, sollte sie vererbt werden. Auch bei noch nicht abgezahlten Immobilien ist eine genaue Abwägung geboten, da bei einer Schenkung in der Regel auch die Schulden übernommen werden. Hier ist eine Vererbung sinnvoller, weil der Erbe die Erbschaft immer noch ausschlagen kann.

Spielen Altersvorsorge und Finanzierung keine Rolle, gilt es zunächst zu überlegen, welche Steuerfreibeträge zur Verfügung stehen und wie hoch die Immobilie für Steuerzwecke bewertet wird. 

Die Steuerfreibeträge für Erbschaft und Schenkung stehen alle zehn Jahre zur Verfügung. Für den Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner steht ein Freibetrag von 500.000€ und für Kindern ein Freibetrag von 400.000€ zur Verfügung. Bei einer Immobilie mit einem hohen Wert kann deshalb die lebzeitige Schenkung gegenüber dem Vererben steuerlich vorteilhaft sein. Denn der Eigentümer kann zu Lebzeiten eine Immobilie „scheibchenweise“ steuerfrei übertragen, indem er alle zehn Jahre einen  Anteil innerhalb der Steuerfreibeträge schenkt. 

Um das Potenzial für steuerfreie Übertragungen in der Familie zu erweitern, kommt auch die sogenannte Kettenschenkung in Betracht, bei der die Immobilie oder ein Anteil hieran zunächst auf ein Familienmitglied übertragen wird, das das Vermögen dann auf ein anderes Familienmitglied überträgt. So kann der Vater zum Beispiel eine Immobilie zu 50% an das Kind verschenken und zu 50% an die Mutter, um die Freibeträge gegenüber beiden ausnutzen. Die Mutter kann dann ihrerseits ihren Anteil an das Kind weiterschenken und nochmals den Freibetrag von 400.000 Euro ausnutzen. Die Zulässigkeit dieser Gestaltung hat der Bundesfinanzhof innerhalb enger Grenzen anerkannt. Die Kettenschenkung sollte daher ein Berater begleiten.

Eine Schenkung in Verbindung mit einem Wohnrecht oder Nießbrauchrecht ist auch denkbar. Der Schenker kann  je nach Ausgestaltung für eine bestimmte Zeit oder lebenslang in der Immobilie wohnen und erhält noch die Mieteinnahmen. Der Nießbrauch mindert die steuerliche Bewertung der Immobilie.

Was ist insbesondere bei einer Aufteilung von Mehrfamilienhäusern im Schenkungsfall zu beachten?

Udwari: Mehrfamilienhäuser können in einzelne Eigentumswohnungen aufgeteilt werden. Dadurch lässt sich eine Schenkung von Miteigentumsanteilen verhindern und die Beschenkten haben alleinige Verfügungsbefugnis über ihre Eigentumswohnung. Ansonsten entsteht eine Situation gemeinschaftlicher Verwaltung ähnlich der Erbengemeinschaft, die zu Konflikten führen kann. 

Was müssen die Beschenkten/Erben bedenken?

Udwari: Die Schenkung von Immobilieneigentum erfordert die Beurkundung durch einen Notar. Üblicherweise trägt der Beschenkte die Notargebühren. Eine Gebühr für die Änderung im Grundbuch fällt zusätzlich an. 

Ist im Fall der Schenkung Schenkungsteuer zu zahlen, wendet sich das Finanzamt zuerst an den Beschenkten. 

Der Erbe bzw. der Beschenkte sollte sich im Klaren sein, ob die Übertragung an ihn Pflichtteilsansprüche auslösen kann. Pflichtteilsansprüche der gesetzlichen Erben (Kinder, Ehegatten etc.) entstehen auch bei lebzeitigen Schenkungen als sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche. Sie schmelzen innerhalb von zehn Jahren ab der Schenkung ab. 

Geschenkt ist zwar grundsätzlich geschenkt, dennoch gilt es für den Beschenkten den Schenkungsvertrag genau zu prüfen. Es könnte z.B. eine Schenkung unter Vorbehalt, also einem vereinbarten Rückforderungsrecht vorliegen. Ein Rückforderungsrecht besteht sogar ohne ausdrückliche vertragliche Regelung bei Verarmung des Schenkers. Wichtig ist, dass dieses Rückforderungsrecht auch im Fall der Pflegebedürftigkeit durch den Träger der Sozialleistungen geltend gemacht werden kann. 

Auch bei der Übertragung der Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt und der Übernahme einer Verbindlichkeit sollte darauf geachtet werden, dass der Nießbrauchsberechtigte die Zinsen und Tilgungen bis zu seinem Tod übernimmt. Hinzu kommt, dass die Mieteinnahmen durch den Vorbehaltsnießbraucher auch versteuert werden müssen.

Samir Zakaria groß
Samir Zakaria ist Vermögensverwalter bei der Hansen & Heinrich AG in Frankfurt.

Wie kann Streit beim Verschenken/Vererben vermieden werden?

Samir Zakaria: Setzt man mehrere Erben ein, bilden diese eine Erbengemeinschaft, die wegen der gemeinschaftlichen Verwaltung und des Einstimmigkeitsprinzips Konfliktpotenzial birgt. 

Um diese zu verhindern, kommt eine Testamentsvollstreckung in Betracht oder ein Vermächtnis für einzelne Personen. Für große Immobilienvermögen bietet sich die Gründung einer Gesellschaft an, in der der Schenker bzw. der spätere Erblasser die Regeln zur Verwaltung und Mitsprache selbst aufstellen kann. 

Bei einer Schenkung gilt weiterhin eine genaue Ausarbeitung der Auflagen (lebenslanges Wohnrecht, Nießbrauch) und ggf. die Vereinbarung eines Rückforderungsvorbehalts im Notarvertrag.

Welche Möglichkeiten habe ich, zu Lebzeiten meine Immobilie „flüssig“ zu machen, ohne den Zugriff darauf bzw. das Wohnrecht zu verlieren?

Zakaria: Die Möglichkeiten die eigene Immobilie  weiter zu bewohnen, aber ihren Wert flüssig zu machen, sind vielfältiger als man zunächst meinen möchte. Spezielle

Anbieter ermöglichen einen Teilverkauf eines Anteils an der Immobilie, so dass man als Miteigentümer weiter die Immobilie bewohnen kann. 

Auch eine Übertragung in einem Leibrentenmodell ermöglicht es, den Immobilienwert zu verflüssigen und weiter in der Immobilie wohnen zu bleiben.  Hinzu kommt noch die Möglichkeit, eine Immobilie bei einer Bank zu beleihen, wie z.B. bei dem KFW Immobilienkredit im Alter oder durch eine Umkehrhypothek.

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