Interview mit Julie Bossdorf: "Unternehmensanleihen am einfachsten in Form von Fonds oder ETFs kaufen"

Interview mit Julie Bossdorf: "Unternehmensanleihen am einfachsten in Form von Fonds oder ETFs kaufen"


In einem breit über verschiedene Anlageklassen diversifizierten Depot kommt man um Unternehmensanleihen trotz niedriger Renditen kaum herum, sagt Vermögensverwalterin Julie Bossdorf im Interview.

Frau Bossdorf, wie sinnvoll sind Unternehmens-Anleihen im Depot?

Julie Bossdorf: In einem Umfeld, in dem ein großer Teil des Staatsanleiheuniversums in den Industrieländern selbst bei sehr hoch verschuldeten Emittenten negative Renditen ausweisen, bieten Unternehmensanleihen eine Anlagealternative mit Renditeaufschlägen. Jedoch sind auch hier die absoluten Renditeniveaus historisch gesehen niedrig.

Sind Unternehmensanleihen Ihrer Erfahrung nach eine beliebte Anlageform unter Privatanlegern? 

Bossdorf: Wir registrieren ein steigendes Interesse. Jedoch sind bei der Auswahl passender Anleihen einige „technische“ Entscheidungen zu treffen. Beispielhaft zu nennen sind hier die Unterscheidung zwischen Investment Grade (gute Bonität“) und High Yield (schwächere Bonität), vorzeitige Kündigungsrechte oder die Rückzahlung der Anleihe im Insolvenzfall (Seniorität). Dies macht den Entscheidungsprozess insbesondere für Privatanleger komplexer. Hinzu kommt – wie bei allen Anleihen – die Entscheidung über die gewünschte Restlaufzeit oder feste bzw. variable Verzinsung.

Die Börse Stuttgart sagt, dass seit der verschärften Schutzbestimmungen für Privatanleger immer weniger Anleihen für Privatanleger zur Verfügung stehen. Privatanleger werden also systematisch vom Handel mit einfach verständlichen Unternehmensanleihen ausgeschlossen. Ist das zutreffend?

Bossdorf: Diese Aussage können wir unterstützen. Privatanleger sollten auch und gerade bei Unternehmensanleihen auf breite Streuung achten, insbesondere dann, wenn Anleihen von Emittenten mit niedrigerer Kreditwürdigkeit und höherer Gefahr des Zahlungsausfalls gekauft werden sollen. Bei einer Mindeststückelung von beispielsweise 100.000 Euro kann das aber nur bei sehr großen Depots umgesetzt werden.

Sollte man als Privatanleger überhaupt in einzelne Unternehmensanleihen investieren oder nicht besser gleich einen Fonds wählen (Stichwort: Risikostreuung)?

Bossdorf: Wer sich nicht laufend über Bonitätsveränderungen der Emittenten informieren möchte und keine breite Streuung abbilden kann, für den sind Fonds eine gute Alternative. Dies können sowohl ETFs, also passive Fonds, aber auch aktiv verwaltete Fonds sein. Hier sorgt eine große Anzahl an Emittenten und – je nach Ausrichtung und Größe des Fonds – Streuung über verschiedene Länder und Währungen für eine breite Diversifikation.