Anleihen: Ist mit weiteren Verlusten zu rechnen?

Anleihen: Ist mit weiteren Verlusten zu rechnen?


Der Anleihemarkt ist derzeit stark in Bewegung und die Volatilität hoch. Nachdem bereits im letzten Jahr in vielen Emerging Markets die Zinsen durch die Notenbanken angehoben wurden, beginnt nun auch die amerikanische FED, die Leitzinsen anzuheben. Die Märkte haben bereits reagiert und die Zinsen für langlaufende deutsche Staatsanleihen steigen schon an. Die wichtigsten Fragen klärt Vermögensverwalter Samir Zakaria im Interview.
Samir Zakaria
Samir Zakaria ist Vermögensverwalter bei der Hansen & Heinrich AG in Frankfurt

Wie schätzen Sie die Lage am Anleihemarkt ein, ist mit weiteren Verlusten zu rechnen?

Samir Zakaria: Der Anleihemarkt ist derzeit stark in Bewegung und die Volatilität hoch. Nachdem bereits im letzten Jahr in vielen Emerging Markets die Zinsen durch die Notenbanken angehoben wurden, beginnt nun auch die amerikanische FED, die Leitzinsen anzuheben. Ein erster Schritt erfolgte bereits im März, weitere Zinserhöhungen werden erwartet. Die gute wirtschaftliche Lage erlaubt diese Schritte, die derzeit sehr hohe Inflation macht sie notwendig. In Europa wird die EZB zunächst das Anleihekaufprogramm beenden. Die Märkte haben bereits reagiert, die Zinsen für langlaufende deutsche Staatsanleihen stiegen auf ca. 0,6% p.a., die Zinsen für amerikanische Treasuries auf ca. 2,5% p.a.. Entsprechend abwärts ging es mit den Kursen. Da weitere Zinserhöhungen zu erwarten sind, wird es auch weitere Kursrückgänge geben. Allerdings sollte sich das Tempo verringern. Zudem können Anleger nun auch wieder Zinserträge erwirtschaften, die einen Teil der Kursrückgänge kompensieren sollten.

Lohnt sich eine Asset Allocation in Anleihen derzeit über noch?

Zakaria: Hier ist zunächst die Frage nach der Anlagestrategie der Anleger zu klären. In vielen Anlagerichtlinien ist eine Allokation von Anleihen festgeschrieben. Der Anleihebereich bietet vielfältige Investitionsmöglichkeiten. Neben Staatsanleihen kann auch in Pfandbriefe, Unternehmensanleihen und Spezialitäten wie Wandelanleihen und Nachranganleihen investiert werden. Diese Anleihearten bieten zum Teil lukrative Chancen, insbesondere aufgrund der gestiegenen Zinsen. Wie in der Gesamtallokation gilt auch hier, die Investitionen möglichst breit und diversifiziert aufzustellen. Dann bieten Anleihen nicht nur Risiken, sondern auf dem derzeitigen Niveau auch eine Reihe von Chancen.

Funktioniert das gute alte 60:40 (Aktien zu Anleihen) noch?

Zakaria: Es kommt auf die Ziele des Anlegers an. Wenn realer Kapitalerhalt erzielt werden soll, dann macht ein hoher Anleiheanteil aufgrund des nach wie vor niedrigen Zinsniveaus (und gleichzeitig hoher Inflation) kaum Sinn. Die Realzinsen sind tief im negativen Bereich. Je nach Ziel und Risikoneigung der Anleger sollte der Anteil realer Assets wie Gold und Aktien höher als 60% liegen.

Mit welcher Alternative/Strategie versuchen Sie, die Verluste bei Bonds zu begrenzen?

Zakaria: In erster Linie sollte das Depot gut diversifiziert aufgestellt sein. So können Risiken/Verluste begrenzt werden. Dazu begrenzen laufende Zinseinnahmen die Kursrückgänge. Die Laufzeiten der Anleihen sollten variabel gestaltet werden, durch alle Laufzeitbereiche hinweg. So haben Anleger regelmäßig Fälligkeiten, die dann zu den aktuellen Zinsen reinvestiert werden können.

Auch die Auswahl der Bonds ist entscheidend. Gute Bonitäten haben sehr geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten. Entsprechend können zwischenzeitliche Kursrückgänge ausgehalten werden, da zum Laufzeitende der Nominalbetrag zurückgezahlt wird.

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